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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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Zur Geschichte der Areuzzeitung.

blanker und dergleichen, welche die Glaubwürdigkeit schwächen sollten, und
die schmutzigsten persönlichen Verdächtigungen und Verleumdungen," Mng und
geht andern Leuten, besonders von sezessionistischer und fortschrittlicher Seite,
ebenso,)

Über seine und seiner Partei Stellung zur deutschen Frage berichtet der
Verfasser: "Man hat später der Kreuzzeitung oft den Vorwurf gemacht,
daß sie der deutschen Einheitsbewegung nicht gerecht geworden sei, doch war es
bei der damaligen Konfiguration der Parteien in Preußen und bei dem Ver¬
laufe der parlamentarischen Verhandlungen in Frankfurt für nüchterne, auf dem
Boden der Wirklichkeit stehende Männer in der That unmöglich, eine mit demo¬
kratischen Öle durchtränkte papierne Kaiserkrone ernsthaft zu nehmen und der
Illusion Vorschub zu leisten, als ob man Österreich aus Deutschland hinaus¬
reden und die deutschen Fürsten mit einer Stimme Majorität medicitisiren könne.
Außerdem war die nationale Bewegung und die schwarz-rot-goldne Kokarde
durch die vorangegangnen Exzesse gerade bei denjenigen Elementen des preußischen
Volkes, auf welche wir uns stützen mußten, so mißliebig und verdächtig geworden,
daß das Anlegen jener Kokarde als Parteidemonstrativn galt," Später fügt
der Verfasser dem hinzu: "Die Kreuzzeitung und deren Partei ist niemals ^er
meint, immer) weder österreichisch noch russisch, sondern preußisch und deutsch
gewesen, doch hat selbige sich allerdings von dem damals herrschenden Schwindel
frei erhalten und stets mit benannten Zahlen gerechnet. Wir waren von An¬
beginn überzeugt, daß bei der tiefen Zerrissenheit Deutschlands, wo eines jeden
Hand wider den andern war, Rußland den Ausschlag geben, und daß die
Rückkehr zum alten Bundestage einstweilen das einzig Mögliche sein würde,
falls man nicht verblendet genug war swäre), die Uneinigkeit zu einem Bürger¬
kriege zu steigern und den Einfluß Rußlands in Deutschland ins Ungemessene
zu vermehren. Dieser unsrer demnächst durch die Thatsachen sin Warschau und
Olmütz) bestätigten Auffassung haben wir stets unverhohlen Ausdruck gegeben."

"Sehr intim" war in der ersten Zeit der Verkehr der Kreuzzeitung mit
Manteuffel, von dem Wagener sagt, er sei zwar kein schöpferischer Staatsmann,
doch durchaus der Mann gewesen, dessen es damals bedurft habe, um das etwas
aus deu Fugen gegangne Preußen wieder einzurenken. "Geschäftskundig als
früherer Direktor im Ministerium des Innern, geachtet bei der Büreaukratie,
von zweifelloser Treue, eisernem Fleiße und hervorragender Arbeitskraft, zu jeder
Tageszeit zugänglich, sich über alles, soweit möglich, durch eigne Anschauung in-
formirend, wußte er bald alle Fäden in seiner Hand zu vereinigen und nach allen
Seiten das Gefühl zu verbreiten, daß in Preußen wieder ernsthaft regiert werde."
Weiterhin aber bemerkt unsre Schrift: "Mit der allmählichen Befestigung
der innern Zustände traten leicht begreiflicher Weise und, wie wir hinzufügen,
leider! die früheren preußischen Regierungsmittel, die Büreaukratie und die
Polizei, wieder mehr in den Vordergrund, und glauben wir p. wir glauben) es als


Zur Geschichte der Areuzzeitung.

blanker und dergleichen, welche die Glaubwürdigkeit schwächen sollten, und
die schmutzigsten persönlichen Verdächtigungen und Verleumdungen," Mng und
geht andern Leuten, besonders von sezessionistischer und fortschrittlicher Seite,
ebenso,)

Über seine und seiner Partei Stellung zur deutschen Frage berichtet der
Verfasser: „Man hat später der Kreuzzeitung oft den Vorwurf gemacht,
daß sie der deutschen Einheitsbewegung nicht gerecht geworden sei, doch war es
bei der damaligen Konfiguration der Parteien in Preußen und bei dem Ver¬
laufe der parlamentarischen Verhandlungen in Frankfurt für nüchterne, auf dem
Boden der Wirklichkeit stehende Männer in der That unmöglich, eine mit demo¬
kratischen Öle durchtränkte papierne Kaiserkrone ernsthaft zu nehmen und der
Illusion Vorschub zu leisten, als ob man Österreich aus Deutschland hinaus¬
reden und die deutschen Fürsten mit einer Stimme Majorität medicitisiren könne.
Außerdem war die nationale Bewegung und die schwarz-rot-goldne Kokarde
durch die vorangegangnen Exzesse gerade bei denjenigen Elementen des preußischen
Volkes, auf welche wir uns stützen mußten, so mißliebig und verdächtig geworden,
daß das Anlegen jener Kokarde als Parteidemonstrativn galt," Später fügt
der Verfasser dem hinzu: „Die Kreuzzeitung und deren Partei ist niemals ^er
meint, immer) weder österreichisch noch russisch, sondern preußisch und deutsch
gewesen, doch hat selbige sich allerdings von dem damals herrschenden Schwindel
frei erhalten und stets mit benannten Zahlen gerechnet. Wir waren von An¬
beginn überzeugt, daß bei der tiefen Zerrissenheit Deutschlands, wo eines jeden
Hand wider den andern war, Rußland den Ausschlag geben, und daß die
Rückkehr zum alten Bundestage einstweilen das einzig Mögliche sein würde,
falls man nicht verblendet genug war swäre), die Uneinigkeit zu einem Bürger¬
kriege zu steigern und den Einfluß Rußlands in Deutschland ins Ungemessene
zu vermehren. Dieser unsrer demnächst durch die Thatsachen sin Warschau und
Olmütz) bestätigten Auffassung haben wir stets unverhohlen Ausdruck gegeben."

„Sehr intim" war in der ersten Zeit der Verkehr der Kreuzzeitung mit
Manteuffel, von dem Wagener sagt, er sei zwar kein schöpferischer Staatsmann,
doch durchaus der Mann gewesen, dessen es damals bedurft habe, um das etwas
aus deu Fugen gegangne Preußen wieder einzurenken. „Geschäftskundig als
früherer Direktor im Ministerium des Innern, geachtet bei der Büreaukratie,
von zweifelloser Treue, eisernem Fleiße und hervorragender Arbeitskraft, zu jeder
Tageszeit zugänglich, sich über alles, soweit möglich, durch eigne Anschauung in-
formirend, wußte er bald alle Fäden in seiner Hand zu vereinigen und nach allen
Seiten das Gefühl zu verbreiten, daß in Preußen wieder ernsthaft regiert werde."
Weiterhin aber bemerkt unsre Schrift: „Mit der allmählichen Befestigung
der innern Zustände traten leicht begreiflicher Weise und, wie wir hinzufügen,
leider! die früheren preußischen Regierungsmittel, die Büreaukratie und die
Polizei, wieder mehr in den Vordergrund, und glauben wir p. wir glauben) es als


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/543>, abgerufen am 25.08.2024.