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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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Die elektrische Industrie.

rungen in Bezug auf die gesamten Lebensverhältnisse begleitet sein wird. Der
Durchbruch dieser neuen Verhältnisse ist nnr noch eine Frage der Zeit und
hängt einzig von der Lösung der beiden genannten Probleme ab; diese Lösungen
können wir aber stündlich erwarten, da sie durchaus nicht etwas Fernstehendes
für unsre Wissenschaft bedeuten. Hiermit ist die wirtschaftliche Bedeutung der Elek¬
trizität und die der elektrischen Industrie ausgesprochen, und wir werden uns
dereinst nicht zu wundern brauchen, wenn die letztere sich mit größter Rapidität
entwickeln und hierbei den größten Teil des freien Kapitals an sich ziehen und
absorbiren und auf das gesamte freie oder angelegte Kapital in bestimmender
Weise einwirken wird. Man wird dies zugeben, wenn man sich das unge¬
heure Thätigkeitsgebiet der neuen Industrie etwas näher betrachtet.

Zunächst umfaßt dieses die Einrichtungen für Erzeugung der Elektrizität
und unter diesen die Arbeiten zur Nutzbarmachung der ungeheuern, noch unbe¬
nützten Kraftquellen unsrer Flüsse, sowie des Windes. Verbunden mit diesen
Arbeiten sind die Einrichtungen für die Leitung, die Aufspeicherung und
den Transport der aufgespeicherten Elektrizität. Noch größer und jedenfalls
viel mannichfaltiger aber ist das Gebiet der Anwendungen der Elektrizität.
Wenn wir überlegen, welche enormen Kapitalien und Arbeitsmengen die Umge¬
staltung unsers heutigen Belenchtungswesens und der Bewegungsmnschincn,
die Herstellung der elektrischen Bahnen, der elektrischen Heizung, der Kleinkraft-
motorcn, die elektrischen Einrichtungen für die Landwirtschaft, der Bau der
durch Elektrizität bewegten Wagen, Schiffe und was sonst alles hier noch aufzu¬
führen wäre, erfordern, wenn wir uns dies im Geiste vorführen, so werden wir
die außerordentliche industrielle Bewegung einigermaßen begreifen können, welche
sich als natürliche Folge der Anwendung der Elektrizität ergeben wird. Eine
zahlenmäßige Bemessung dieser Bewegung soll hier nicht versucht werden, ein¬
fach weil eine zuverlässige Aufstellung nicht möglich ist, eine solche auf unvoll¬
ständige und unrichtige Daten hin aber nicht von großem Nutzen sein würde.
Jedenfalls wird die elektrische Industrie nicht nur die Eisenbahn-, sondern anch
die gesamte Dampfindustrie weit hinter sich lassen und zudem sich weit inten¬
siver entwickeln, weil ihr die technischen Errungenschaften der vorhergehenden
Periode zu Gute kommen.

Das Gesagte mag die finanzielle Bedeutung der elektrischen Industrie ahnen
lassen. Neben dieser finanziellen hat aber die elektrische Industrie auch ihre
politische Bedeutung, und auch auf diese mag hier noch in Kürze eingegangen
werden.

In einer unlängst erschienenen Schrift "Die volkswirtschaftliche Bedeutung
der Elektrizität und das Elektromonopol" habe ich den Nachweis zu führe"
gesucht, daß die Verstaatlichung der Kraftquellen und des Gewinnes von Elek¬
trizität aus denselben, wie die des Handels mit Elektrizität nicht "ur empfehlens¬
wert, sondern geradezu notwendig sei. Dieser Satz ist mehrfach dahin mißver-


Die elektrische Industrie.

rungen in Bezug auf die gesamten Lebensverhältnisse begleitet sein wird. Der
Durchbruch dieser neuen Verhältnisse ist nnr noch eine Frage der Zeit und
hängt einzig von der Lösung der beiden genannten Probleme ab; diese Lösungen
können wir aber stündlich erwarten, da sie durchaus nicht etwas Fernstehendes
für unsre Wissenschaft bedeuten. Hiermit ist die wirtschaftliche Bedeutung der Elek¬
trizität und die der elektrischen Industrie ausgesprochen, und wir werden uns
dereinst nicht zu wundern brauchen, wenn die letztere sich mit größter Rapidität
entwickeln und hierbei den größten Teil des freien Kapitals an sich ziehen und
absorbiren und auf das gesamte freie oder angelegte Kapital in bestimmender
Weise einwirken wird. Man wird dies zugeben, wenn man sich das unge¬
heure Thätigkeitsgebiet der neuen Industrie etwas näher betrachtet.

Zunächst umfaßt dieses die Einrichtungen für Erzeugung der Elektrizität
und unter diesen die Arbeiten zur Nutzbarmachung der ungeheuern, noch unbe¬
nützten Kraftquellen unsrer Flüsse, sowie des Windes. Verbunden mit diesen
Arbeiten sind die Einrichtungen für die Leitung, die Aufspeicherung und
den Transport der aufgespeicherten Elektrizität. Noch größer und jedenfalls
viel mannichfaltiger aber ist das Gebiet der Anwendungen der Elektrizität.
Wenn wir überlegen, welche enormen Kapitalien und Arbeitsmengen die Umge¬
staltung unsers heutigen Belenchtungswesens und der Bewegungsmnschincn,
die Herstellung der elektrischen Bahnen, der elektrischen Heizung, der Kleinkraft-
motorcn, die elektrischen Einrichtungen für die Landwirtschaft, der Bau der
durch Elektrizität bewegten Wagen, Schiffe und was sonst alles hier noch aufzu¬
führen wäre, erfordern, wenn wir uns dies im Geiste vorführen, so werden wir
die außerordentliche industrielle Bewegung einigermaßen begreifen können, welche
sich als natürliche Folge der Anwendung der Elektrizität ergeben wird. Eine
zahlenmäßige Bemessung dieser Bewegung soll hier nicht versucht werden, ein¬
fach weil eine zuverlässige Aufstellung nicht möglich ist, eine solche auf unvoll¬
ständige und unrichtige Daten hin aber nicht von großem Nutzen sein würde.
Jedenfalls wird die elektrische Industrie nicht nur die Eisenbahn-, sondern anch
die gesamte Dampfindustrie weit hinter sich lassen und zudem sich weit inten¬
siver entwickeln, weil ihr die technischen Errungenschaften der vorhergehenden
Periode zu Gute kommen.

Das Gesagte mag die finanzielle Bedeutung der elektrischen Industrie ahnen
lassen. Neben dieser finanziellen hat aber die elektrische Industrie auch ihre
politische Bedeutung, und auch auf diese mag hier noch in Kürze eingegangen
werden.

In einer unlängst erschienenen Schrift „Die volkswirtschaftliche Bedeutung
der Elektrizität und das Elektromonopol" habe ich den Nachweis zu führe»
gesucht, daß die Verstaatlichung der Kraftquellen und des Gewinnes von Elek¬
trizität aus denselben, wie die des Handels mit Elektrizität nicht »ur empfehlens¬
wert, sondern geradezu notwendig sei. Dieser Satz ist mehrfach dahin mißver-


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[0024] Die elektrische Industrie. rungen in Bezug auf die gesamten Lebensverhältnisse begleitet sein wird. Der Durchbruch dieser neuen Verhältnisse ist nnr noch eine Frage der Zeit und hängt einzig von der Lösung der beiden genannten Probleme ab; diese Lösungen können wir aber stündlich erwarten, da sie durchaus nicht etwas Fernstehendes für unsre Wissenschaft bedeuten. Hiermit ist die wirtschaftliche Bedeutung der Elek¬ trizität und die der elektrischen Industrie ausgesprochen, und wir werden uns dereinst nicht zu wundern brauchen, wenn die letztere sich mit größter Rapidität entwickeln und hierbei den größten Teil des freien Kapitals an sich ziehen und absorbiren und auf das gesamte freie oder angelegte Kapital in bestimmender Weise einwirken wird. Man wird dies zugeben, wenn man sich das unge¬ heure Thätigkeitsgebiet der neuen Industrie etwas näher betrachtet. Zunächst umfaßt dieses die Einrichtungen für Erzeugung der Elektrizität und unter diesen die Arbeiten zur Nutzbarmachung der ungeheuern, noch unbe¬ nützten Kraftquellen unsrer Flüsse, sowie des Windes. Verbunden mit diesen Arbeiten sind die Einrichtungen für die Leitung, die Aufspeicherung und den Transport der aufgespeicherten Elektrizität. Noch größer und jedenfalls viel mannichfaltiger aber ist das Gebiet der Anwendungen der Elektrizität. Wenn wir überlegen, welche enormen Kapitalien und Arbeitsmengen die Umge¬ staltung unsers heutigen Belenchtungswesens und der Bewegungsmnschincn, die Herstellung der elektrischen Bahnen, der elektrischen Heizung, der Kleinkraft- motorcn, die elektrischen Einrichtungen für die Landwirtschaft, der Bau der durch Elektrizität bewegten Wagen, Schiffe und was sonst alles hier noch aufzu¬ führen wäre, erfordern, wenn wir uns dies im Geiste vorführen, so werden wir die außerordentliche industrielle Bewegung einigermaßen begreifen können, welche sich als natürliche Folge der Anwendung der Elektrizität ergeben wird. Eine zahlenmäßige Bemessung dieser Bewegung soll hier nicht versucht werden, ein¬ fach weil eine zuverlässige Aufstellung nicht möglich ist, eine solche auf unvoll¬ ständige und unrichtige Daten hin aber nicht von großem Nutzen sein würde. Jedenfalls wird die elektrische Industrie nicht nur die Eisenbahn-, sondern anch die gesamte Dampfindustrie weit hinter sich lassen und zudem sich weit inten¬ siver entwickeln, weil ihr die technischen Errungenschaften der vorhergehenden Periode zu Gute kommen. Das Gesagte mag die finanzielle Bedeutung der elektrischen Industrie ahnen lassen. Neben dieser finanziellen hat aber die elektrische Industrie auch ihre politische Bedeutung, und auch auf diese mag hier noch in Kürze eingegangen werden. In einer unlängst erschienenen Schrift „Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Elektrizität und das Elektromonopol" habe ich den Nachweis zu führe» gesucht, daß die Verstaatlichung der Kraftquellen und des Gewinnes von Elek¬ trizität aus denselben, wie die des Handels mit Elektrizität nicht »ur empfehlens¬ wert, sondern geradezu notwendig sei. Dieser Satz ist mehrfach dahin mißver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/24>, abgerufen am 28.09.2024.