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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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Die Vestmächte und die ägyptische "Krisis.

Propheten entgegenzutreten und ihn zu vernichten, als seine Bedeutung in so
bedenklicher Weise anzuerkennen und verkünden zu lassen. Indes läßt sich
Geschehenes nicht ungeschehen machen, und es ist zu spät, bei solchen Be¬
trachtungen zu verweile". Das nächste, was zu thun sein wird, ist, sobald als
möglich mit dem Eroberer aus Dongola zu verhandeln, den man aus einem
fanatischen Prätendenten in einen Potentaten verwandelt hat. Er könnte sich
zu dankenswerten Bedingungen hinsichtlich des Rückzugs der Truppen aus Sinkat,
Tvckar und Chartum verstehen und den Engländern und Ägyptern die kost¬
spielige Anlage voll Befestigungen in Wadi Halfa oder Assuan ersparen, die
sich überdies wahrscheinlich umgehen lassen würden. Es heißt, daß eine Militär-
kommissivn unter dem Vorsitze des englischen Generals Wood über die beste
Art und Weise der Räumung des Sudan beraten soll, und man nimmt an,
daß der Abzug aller ägyptischen Truppe" aus den äqnatorischen Provinzen
etwa ein Jahr in Anspruch nehmen werde. Dies zeigt, daß man gut gethan
hätte, den Entschluß der Räumung Chartums nicht so laut werde" zu lassen,
daß er dem Mahdi zu Ohren komme" und auf die ganze muyamedcmische
Welt wirken mußte. Wenn die Ägypter ein ganzes Jahr lang sich aus dem
Sudan herausdampfen müssen, so hätte man mit der Veröffentlichung des
Verzichts bis zum Ausgange des Kampfes warten können. Aber es giebt in
der Geschichte Mißgriffe, die man ihrer glücklichen Folgen wegen verzeiht, "ut
so wird die Zurückstoßung von Darfur, Kordofan und den übrigen Gebieten
des Süden in die Barbarei Herrn Gladstone vom englischen Standpunkte aus
verziehen werden, weil der "Rat," zu deutsch: der Befehl, dazu der erste Akt
eines nunmehr eingestandenen, nicht mehr verhüllten Protektorats Englands über
Ägypten war.




Die Vestmächte und die ägyptische "Krisis.

Propheten entgegenzutreten und ihn zu vernichten, als seine Bedeutung in so
bedenklicher Weise anzuerkennen und verkünden zu lassen. Indes läßt sich
Geschehenes nicht ungeschehen machen, und es ist zu spät, bei solchen Be¬
trachtungen zu verweile». Das nächste, was zu thun sein wird, ist, sobald als
möglich mit dem Eroberer aus Dongola zu verhandeln, den man aus einem
fanatischen Prätendenten in einen Potentaten verwandelt hat. Er könnte sich
zu dankenswerten Bedingungen hinsichtlich des Rückzugs der Truppen aus Sinkat,
Tvckar und Chartum verstehen und den Engländern und Ägyptern die kost¬
spielige Anlage voll Befestigungen in Wadi Halfa oder Assuan ersparen, die
sich überdies wahrscheinlich umgehen lassen würden. Es heißt, daß eine Militär-
kommissivn unter dem Vorsitze des englischen Generals Wood über die beste
Art und Weise der Räumung des Sudan beraten soll, und man nimmt an,
daß der Abzug aller ägyptischen Truppe« aus den äqnatorischen Provinzen
etwa ein Jahr in Anspruch nehmen werde. Dies zeigt, daß man gut gethan
hätte, den Entschluß der Räumung Chartums nicht so laut werde» zu lassen,
daß er dem Mahdi zu Ohren komme» und auf die ganze muyamedcmische
Welt wirken mußte. Wenn die Ägypter ein ganzes Jahr lang sich aus dem
Sudan herausdampfen müssen, so hätte man mit der Veröffentlichung des
Verzichts bis zum Ausgange des Kampfes warten können. Aber es giebt in
der Geschichte Mißgriffe, die man ihrer glücklichen Folgen wegen verzeiht, »ut
so wird die Zurückstoßung von Darfur, Kordofan und den übrigen Gebieten
des Süden in die Barbarei Herrn Gladstone vom englischen Standpunkte aus
verziehen werden, weil der „Rat," zu deutsch: der Befehl, dazu der erste Akt
eines nunmehr eingestandenen, nicht mehr verhüllten Protektorats Englands über
Ägypten war.




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[0215] Die Vestmächte und die ägyptische "Krisis. Propheten entgegenzutreten und ihn zu vernichten, als seine Bedeutung in so bedenklicher Weise anzuerkennen und verkünden zu lassen. Indes läßt sich Geschehenes nicht ungeschehen machen, und es ist zu spät, bei solchen Be¬ trachtungen zu verweile». Das nächste, was zu thun sein wird, ist, sobald als möglich mit dem Eroberer aus Dongola zu verhandeln, den man aus einem fanatischen Prätendenten in einen Potentaten verwandelt hat. Er könnte sich zu dankenswerten Bedingungen hinsichtlich des Rückzugs der Truppen aus Sinkat, Tvckar und Chartum verstehen und den Engländern und Ägyptern die kost¬ spielige Anlage voll Befestigungen in Wadi Halfa oder Assuan ersparen, die sich überdies wahrscheinlich umgehen lassen würden. Es heißt, daß eine Militär- kommissivn unter dem Vorsitze des englischen Generals Wood über die beste Art und Weise der Räumung des Sudan beraten soll, und man nimmt an, daß der Abzug aller ägyptischen Truppe« aus den äqnatorischen Provinzen etwa ein Jahr in Anspruch nehmen werde. Dies zeigt, daß man gut gethan hätte, den Entschluß der Räumung Chartums nicht so laut werde» zu lassen, daß er dem Mahdi zu Ohren komme» und auf die ganze muyamedcmische Welt wirken mußte. Wenn die Ägypter ein ganzes Jahr lang sich aus dem Sudan herausdampfen müssen, so hätte man mit der Veröffentlichung des Verzichts bis zum Ausgange des Kampfes warten können. Aber es giebt in der Geschichte Mißgriffe, die man ihrer glücklichen Folgen wegen verzeiht, »ut so wird die Zurückstoßung von Darfur, Kordofan und den übrigen Gebieten des Süden in die Barbarei Herrn Gladstone vom englischen Standpunkte aus verziehen werden, weil der „Rat," zu deutsch: der Befehl, dazu der erste Akt eines nunmehr eingestandenen, nicht mehr verhüllten Protektorats Englands über Ägypten war.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/215>, abgerufen am 25.08.2024.