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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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Kaiser NcixnniliiM I. als Kunstfreund.

beim Rate der Stadt Fürsprache eingelegt. Nur dem Drucke des "Theuerdank"
hatte es Schönsperger zu verdanken, daß er wieder allmählich emporkam.

Sogar zu den Formschneidern, die er an seinen Werken beschäftigte, stand
Maximilian in persönlichen Beziehungen. Immer war er selbst mit thätig. Alle
neu angefertigten Zeichnungen und Holzstöcke mußten ihm eingeschickt werden,
damit er sich überzeugen konnte, ob durch den Schnitt die Feinheiten der Zeich¬
nungen nicht gelitten hatten. Verdrießlich wurde er nur, wenn die Formschneider
nicht ausschließlich für ihn arbeiteten, sondern Privatauftrage annahmen. Als
Dienccker einmal das Porträt Hans Baumgartners geschnitten hatte, mußte er
sich deswegen ausführlich in einem Briefe verteidigen. Und ganz erzürnt konnte
der Kaiser werden, wenn, wie es im Jahre 1518 einmal in Nürnberg vorkam,
von den für ihn gefertigten Holzstöcken vorzeitig Abdrücke gemacht und unter
die Leute gebracht wurden. Auf die Bezahlung hatten die Formschneider freilich
oft lauge zu warten. Im Jahre 1516 hatte Peutinger in Augsburg Mühe,
sie mit guten Worten weiter hinzuhalten. Immerhin sind sie zum größte" Teil
befriedigt worden. Wir ersehen aus einem Briefe Dieueckers, daß jeder Fvrm-
schncider jährlich ein Gehalt von 190 Gulden bezog, und wir erfahren ferner
aus einem Schreiben des Baseler Rates an den Kaiser,daß der Formschneidcr
Kupfcrwurm, welcher am "Theuerdank" gearbeitet hatte, im Jahre 1517 nur
noch 22 Gulden vom Kaiser zu bekommen hatte.

Unter den Gemälden, auf denen uns das Bild des Kaisers entgegentritt,
sieht Dürers 1506 gemaltes, im Prämoustrateuserstift Strahow in Prag be¬
wahrtes Rosenkranzfest obenan. In der Mitte sitzt Maria mit dein Christus
linde; dieses krönt den links knienden Julius II., Maria selbst den rechts
knienden jugendlichen Maximilian. Der Kaiser ist barhäuptig. Das lockige
Haar fällt lang auf Stirn und Schultern herab, er trägt den Orden des
goldenen Vließes, ein lauger Mantel bedeckt seine Gestalt, die Hände sind
gefaltet.

Auch ein Porträt Maximilians hat Dürer gemalt. Wir wissen von ihm
selbst, daß er, als er am 7. Juni 1521 ans seiner Reise durch die Niederlande
die Regentin Margarete besuchte, ihr ein von ihm gemaltes Bildnis ihres kaiser¬
lichen Vaters schenken wollte, es aber, da es ihr nicht gefiel, wieder mitnahm.
Dieses Bild ist uns aller Wahrscheinlichkeit nach in dem heute in der kaiserlichen
Galerie zu Wien aufbewahrten Ölbildnis des Kaisers erhalten. Es ist im
Jahre 1519 entstanden und nach der oben erwähnten Kohlenzeichnung gemalt.
Nur erscheint der Kaiser hier in halber Figur, die Haare sind ergraut, in der
linken Hand hält er den Granatapfel, das von ihm erkorene Symbol des
Überflusses. Der Mantel ist lackrot, der Kragen von Zobelpelz, der Hut von
schwarzem Sammet, das Medaillon auf der Krempe enthält ein Marienbild.
Auf dem tiefgrünen Grunde ist eine lange Inschrift, in Dürers Renaissance¬
kapitalen angebracht: ^otentissiwus maximus le inviotisÄums Laesar Ug,xi-


Kaiser NcixnniliiM I. als Kunstfreund.

beim Rate der Stadt Fürsprache eingelegt. Nur dem Drucke des „Theuerdank"
hatte es Schönsperger zu verdanken, daß er wieder allmählich emporkam.

Sogar zu den Formschneidern, die er an seinen Werken beschäftigte, stand
Maximilian in persönlichen Beziehungen. Immer war er selbst mit thätig. Alle
neu angefertigten Zeichnungen und Holzstöcke mußten ihm eingeschickt werden,
damit er sich überzeugen konnte, ob durch den Schnitt die Feinheiten der Zeich¬
nungen nicht gelitten hatten. Verdrießlich wurde er nur, wenn die Formschneider
nicht ausschließlich für ihn arbeiteten, sondern Privatauftrage annahmen. Als
Dienccker einmal das Porträt Hans Baumgartners geschnitten hatte, mußte er
sich deswegen ausführlich in einem Briefe verteidigen. Und ganz erzürnt konnte
der Kaiser werden, wenn, wie es im Jahre 1518 einmal in Nürnberg vorkam,
von den für ihn gefertigten Holzstöcken vorzeitig Abdrücke gemacht und unter
die Leute gebracht wurden. Auf die Bezahlung hatten die Formschneider freilich
oft lauge zu warten. Im Jahre 1516 hatte Peutinger in Augsburg Mühe,
sie mit guten Worten weiter hinzuhalten. Immerhin sind sie zum größte» Teil
befriedigt worden. Wir ersehen aus einem Briefe Dieueckers, daß jeder Fvrm-
schncider jährlich ein Gehalt von 190 Gulden bezog, und wir erfahren ferner
aus einem Schreiben des Baseler Rates an den Kaiser,daß der Formschneidcr
Kupfcrwurm, welcher am „Theuerdank" gearbeitet hatte, im Jahre 1517 nur
noch 22 Gulden vom Kaiser zu bekommen hatte.

Unter den Gemälden, auf denen uns das Bild des Kaisers entgegentritt,
sieht Dürers 1506 gemaltes, im Prämoustrateuserstift Strahow in Prag be¬
wahrtes Rosenkranzfest obenan. In der Mitte sitzt Maria mit dein Christus
linde; dieses krönt den links knienden Julius II., Maria selbst den rechts
knienden jugendlichen Maximilian. Der Kaiser ist barhäuptig. Das lockige
Haar fällt lang auf Stirn und Schultern herab, er trägt den Orden des
goldenen Vließes, ein lauger Mantel bedeckt seine Gestalt, die Hände sind
gefaltet.

Auch ein Porträt Maximilians hat Dürer gemalt. Wir wissen von ihm
selbst, daß er, als er am 7. Juni 1521 ans seiner Reise durch die Niederlande
die Regentin Margarete besuchte, ihr ein von ihm gemaltes Bildnis ihres kaiser¬
lichen Vaters schenken wollte, es aber, da es ihr nicht gefiel, wieder mitnahm.
Dieses Bild ist uns aller Wahrscheinlichkeit nach in dem heute in der kaiserlichen
Galerie zu Wien aufbewahrten Ölbildnis des Kaisers erhalten. Es ist im
Jahre 1519 entstanden und nach der oben erwähnten Kohlenzeichnung gemalt.
Nur erscheint der Kaiser hier in halber Figur, die Haare sind ergraut, in der
linken Hand hält er den Granatapfel, das von ihm erkorene Symbol des
Überflusses. Der Mantel ist lackrot, der Kragen von Zobelpelz, der Hut von
schwarzem Sammet, das Medaillon auf der Krempe enthält ein Marienbild.
Auf dem tiefgrünen Grunde ist eine lange Inschrift, in Dürers Renaissance¬
kapitalen angebracht: ^otentissiwus maximus le inviotisÄums Laesar Ug,xi-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/204>, abgerufen am 22.07.2024.