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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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Kaiser Maximilian I, als Uunstfreun!".

dem Stil sechsundzwanzig Künstler unterscheiden. Ob sich darunter einer der
bekannten Augsburger oder Nürnberger Zeichner verbirgt, muß unentschieden
bleiben. Künstlerisch sind die Bilder von sehr verschiedenem Werte. Am an¬
ziehendsten sind die Mummereien, bei denen Luxus und Pracht in Kostümen
und Geräten verschwenderisch gezeigt werden konnte.

Die drei bisher genannten illustrirten Prachtwerke waren sämtlich historisch
angelegt gewesen, hatten sämtlich das Lebe" Maximilians verherrlicht; der
"Theuerdank" hatte seine Brautfahrt um Maria von Burgund, der "Weißkunig"
seine Lebens- und Regierungsgeschichte, der "Freydal" seine Turniere und ritter¬
lichen Kämpfe behandelt. Außer diesen Prachtwerken bereitete der Kaiser aber
ferner zwei Holzschnittfolgen vor, die ohne jeden historischen Hintergrund nur
seiner Verherrlichung dienen sollten.

Er hatte vou den antiken Triumphbogen gehört, den "^rann tnniuxlralö",
so vor alten Zeiten den römischen Kaisern in der Stadt Rom aufgerichtet waren,
deren etliche zerbrochen sind und etliche noch gesehen werden." Er hatte serner
von den Triumphzügen der alten römischen Imperatoren gelesen, vielleicht mit
Bewunderung Kupferstiche nach Mantegnas Triumph des Cäsar und des Scipio
betrachtet. Sofort war er für Triumphbogen und Triumphzüge Feuer und
Flamme. Auch er wollte sich einen Triumphbogen errichten, auch er wollte
seinen Triumph darstellen lassen. Auf diese Weise entstanden zwei große Holz¬
schnittfolgen: der Triumphbogen des Kaisers, die sogenannte "Ehrenpforte," und
sein "Triumphzug."

Der Gelehrte, welcher um 1512 mit der Anfertigung des wissenschaftlichen
Entwurfes zur "Ehrenpforte" betraut wurde, war Johannes Stadius, der Künstler,
der diesen Entwurf auszuführen hatte, Albrecht Dürer. Wieweit Stadius eine
richtige Vorstellung von einem römischen Triumphbogen hatte, läßt sich nicht
bestimmen. Sicher ist, daß derselbe unter Dürers Händen eine recht phantastische
Gestalt annahm, sodaß er nur wenig einem wirklichen Triumphbogen ähnelt.
Das Ganze hat die hohe, steile Giebclform des deutschen Renaissaneehauses; an
den Seiten stehen zwei Rundtürme, die an Treppentürme französischer Schlösser
erinnern; abgeschlossen und gekrönt wird das Ganze von Kuppeln, die vene¬
zianische Kirchenkuppeln nachahmen. Im untern Stockwerk sind drei Thore
angebracht. Das große mittlere Hauptthor ist die "Pforte der Ehre und Macht,"
daneben sind zwei kleinere Scitenthore, die "Pforte des Lobes" und die "Pforte
des Adels." Zwischen und über ihnen ist dann Raum für allen möglichen ge¬
lehrten und künstlerischen Zierrat. Das hohe Wandfeld über dem unteren Thore
ist mit dem Stammbäume des Hauses Osterreich geschmückt, zu oberst thront der
Kaiser, von Siegesgöttinnen umschwebt, und darunter seine Nachkommen; ringsum
sieht man die Wappen der ihm untergebenen Provinzen. Über den beiden
kleineren Seitenthoren sind auf vierundzwanzig Feldern Darstellungen aus den
Geschichte Maximilians mit erklärenden Versen von Stadius sichtbar. Es ist


Kaiser Maximilian I, als Uunstfreun!».

dem Stil sechsundzwanzig Künstler unterscheiden. Ob sich darunter einer der
bekannten Augsburger oder Nürnberger Zeichner verbirgt, muß unentschieden
bleiben. Künstlerisch sind die Bilder von sehr verschiedenem Werte. Am an¬
ziehendsten sind die Mummereien, bei denen Luxus und Pracht in Kostümen
und Geräten verschwenderisch gezeigt werden konnte.

Die drei bisher genannten illustrirten Prachtwerke waren sämtlich historisch
angelegt gewesen, hatten sämtlich das Lebe» Maximilians verherrlicht; der
„Theuerdank" hatte seine Brautfahrt um Maria von Burgund, der „Weißkunig"
seine Lebens- und Regierungsgeschichte, der „Freydal" seine Turniere und ritter¬
lichen Kämpfe behandelt. Außer diesen Prachtwerken bereitete der Kaiser aber
ferner zwei Holzschnittfolgen vor, die ohne jeden historischen Hintergrund nur
seiner Verherrlichung dienen sollten.

Er hatte vou den antiken Triumphbogen gehört, den „^rann tnniuxlralö«,
so vor alten Zeiten den römischen Kaisern in der Stadt Rom aufgerichtet waren,
deren etliche zerbrochen sind und etliche noch gesehen werden." Er hatte serner
von den Triumphzügen der alten römischen Imperatoren gelesen, vielleicht mit
Bewunderung Kupferstiche nach Mantegnas Triumph des Cäsar und des Scipio
betrachtet. Sofort war er für Triumphbogen und Triumphzüge Feuer und
Flamme. Auch er wollte sich einen Triumphbogen errichten, auch er wollte
seinen Triumph darstellen lassen. Auf diese Weise entstanden zwei große Holz¬
schnittfolgen: der Triumphbogen des Kaisers, die sogenannte „Ehrenpforte," und
sein „Triumphzug."

Der Gelehrte, welcher um 1512 mit der Anfertigung des wissenschaftlichen
Entwurfes zur „Ehrenpforte" betraut wurde, war Johannes Stadius, der Künstler,
der diesen Entwurf auszuführen hatte, Albrecht Dürer. Wieweit Stadius eine
richtige Vorstellung von einem römischen Triumphbogen hatte, läßt sich nicht
bestimmen. Sicher ist, daß derselbe unter Dürers Händen eine recht phantastische
Gestalt annahm, sodaß er nur wenig einem wirklichen Triumphbogen ähnelt.
Das Ganze hat die hohe, steile Giebclform des deutschen Renaissaneehauses; an
den Seiten stehen zwei Rundtürme, die an Treppentürme französischer Schlösser
erinnern; abgeschlossen und gekrönt wird das Ganze von Kuppeln, die vene¬
zianische Kirchenkuppeln nachahmen. Im untern Stockwerk sind drei Thore
angebracht. Das große mittlere Hauptthor ist die „Pforte der Ehre und Macht,"
daneben sind zwei kleinere Scitenthore, die „Pforte des Lobes" und die „Pforte
des Adels." Zwischen und über ihnen ist dann Raum für allen möglichen ge¬
lehrten und künstlerischen Zierrat. Das hohe Wandfeld über dem unteren Thore
ist mit dem Stammbäume des Hauses Osterreich geschmückt, zu oberst thront der
Kaiser, von Siegesgöttinnen umschwebt, und darunter seine Nachkommen; ringsum
sieht man die Wappen der ihm untergebenen Provinzen. Über den beiden
kleineren Seitenthoren sind auf vierundzwanzig Feldern Darstellungen aus den
Geschichte Maximilians mit erklärenden Versen von Stadius sichtbar. Es ist


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[0196] Kaiser Maximilian I, als Uunstfreun!». dem Stil sechsundzwanzig Künstler unterscheiden. Ob sich darunter einer der bekannten Augsburger oder Nürnberger Zeichner verbirgt, muß unentschieden bleiben. Künstlerisch sind die Bilder von sehr verschiedenem Werte. Am an¬ ziehendsten sind die Mummereien, bei denen Luxus und Pracht in Kostümen und Geräten verschwenderisch gezeigt werden konnte. Die drei bisher genannten illustrirten Prachtwerke waren sämtlich historisch angelegt gewesen, hatten sämtlich das Lebe» Maximilians verherrlicht; der „Theuerdank" hatte seine Brautfahrt um Maria von Burgund, der „Weißkunig" seine Lebens- und Regierungsgeschichte, der „Freydal" seine Turniere und ritter¬ lichen Kämpfe behandelt. Außer diesen Prachtwerken bereitete der Kaiser aber ferner zwei Holzschnittfolgen vor, die ohne jeden historischen Hintergrund nur seiner Verherrlichung dienen sollten. Er hatte vou den antiken Triumphbogen gehört, den „^rann tnniuxlralö«, so vor alten Zeiten den römischen Kaisern in der Stadt Rom aufgerichtet waren, deren etliche zerbrochen sind und etliche noch gesehen werden." Er hatte serner von den Triumphzügen der alten römischen Imperatoren gelesen, vielleicht mit Bewunderung Kupferstiche nach Mantegnas Triumph des Cäsar und des Scipio betrachtet. Sofort war er für Triumphbogen und Triumphzüge Feuer und Flamme. Auch er wollte sich einen Triumphbogen errichten, auch er wollte seinen Triumph darstellen lassen. Auf diese Weise entstanden zwei große Holz¬ schnittfolgen: der Triumphbogen des Kaisers, die sogenannte „Ehrenpforte," und sein „Triumphzug." Der Gelehrte, welcher um 1512 mit der Anfertigung des wissenschaftlichen Entwurfes zur „Ehrenpforte" betraut wurde, war Johannes Stadius, der Künstler, der diesen Entwurf auszuführen hatte, Albrecht Dürer. Wieweit Stadius eine richtige Vorstellung von einem römischen Triumphbogen hatte, läßt sich nicht bestimmen. Sicher ist, daß derselbe unter Dürers Händen eine recht phantastische Gestalt annahm, sodaß er nur wenig einem wirklichen Triumphbogen ähnelt. Das Ganze hat die hohe, steile Giebclform des deutschen Renaissaneehauses; an den Seiten stehen zwei Rundtürme, die an Treppentürme französischer Schlösser erinnern; abgeschlossen und gekrönt wird das Ganze von Kuppeln, die vene¬ zianische Kirchenkuppeln nachahmen. Im untern Stockwerk sind drei Thore angebracht. Das große mittlere Hauptthor ist die „Pforte der Ehre und Macht," daneben sind zwei kleinere Scitenthore, die „Pforte des Lobes" und die „Pforte des Adels." Zwischen und über ihnen ist dann Raum für allen möglichen ge¬ lehrten und künstlerischen Zierrat. Das hohe Wandfeld über dem unteren Thore ist mit dem Stammbäume des Hauses Osterreich geschmückt, zu oberst thront der Kaiser, von Siegesgöttinnen umschwebt, und darunter seine Nachkommen; ringsum sieht man die Wappen der ihm untergebenen Provinzen. Über den beiden kleineren Seitenthoren sind auf vierundzwanzig Feldern Darstellungen aus den Geschichte Maximilians mit erklärenden Versen von Stadius sichtbar. Es ist

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/196>, abgerufen am 03.07.2024.