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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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Kaiser Maximilian I. als Kunstfreund,

die Arbeit zu Ende bringen -- eine bekannte Briefstelle, die früher oft heran¬
gezogen wurde, wenn man den Beweis führen wollte, daß Maler auch als
Holzschneider thätig waren. Wieviel Blätter Burgkmair geschnitten hat, wissen
wir nicht. Sicher ist mir, daß er alle Blätter der Folge zeichnete, da jedes
derselben mit seinem Monogramm versehen ist, und daß im Jahre 1511 die
ganze Folge vollendet war, Sie besteht aus 37 Blättern. Sehr erquicklich
war die Aufgabe für den Künstler nicht. Die einzelnen Fürsten, gewöhnlich
von schweren Ritterrüstungen bedeckt, in der einen Hand das Schwert, in der
andern das Szepter haltend, sind stehend oder sitzend dargestellt, daneben lehnt
ihr Wappen, oben ist immer ein Tier angebracht, das auf den Charakter des
betreffenden hinweisen soll. Es muß unsäglich schwer gewesen sein, in die Reihe
dieser Könige Abwechslung und Leben zu bringen. Burgkmair jedoch hat es
verstanden und führt uns Gestalten von markiger Kraft vor. Da sehen wir
einen jugendlichen Fürsten mit langem blonden Haar, in enganliegender Ritter¬
rüstung, den Hermelinmnntcl keck um die Schultern geschlagen, wie er seinen
Falken betrachtet, eine wunderbar schöne Gestalt. Wir sehen einen urwüchsigen
Ritter in Küraß, in dem Hans Burgkmair das zum Erstaunen ähnliche Porträt
unsers Reichskanzlers gegeben hat. Wir sehen Kaiser Maximilian selbst, wie er
in schwerem Brokatmantel, die hohe Kaiserkrone auf dem Haupte, nach links
gewendet auf dem Throne sitzt. Immer findet der Künstler eine neue Bewegung,
immer gelingt es ihm, ein sprechend durchgeführtes Porträt zu geben, nur
manchmal greift er zu der Aushilfe, das ganze Gesicht des Fürsten mit dem
Visire zu bedecken.

Kein Wunder, daß der Kaiser, als er diese Holzschnittfolge so schön voll¬
endet sah, großes Wohlgefallen am Holzschnitte fand und sofort noch größere
Unternehmungen plante. Nicht nur die Geschichte seines Hauses, auch sein
eignes Leben sollte in illustrirten Prachtwerken verherrlicht werden.

Die Vorbereitungen wurden mit der größten Sorgfalt getroffen. Zunächst
galt es, für die Bücher einen passenden Drucker zu finden. Man schwankte
anfangs zwischen zwei Augsburger Meistern. Der eine war Erhard Oeglin,
der sich durch die Erfindung des Notendruckes mit beweglichen Lettern bekannt
gemacht hatte, der andre Hans Schönspergcr der Ältere, der durch viele große
Druckwerke bereits weithin berühmt war. Oeglin, der auch Schriftgießer war, goß
für den Kaiser unter Peutingers Leitung eine neue Schrift, war jedoch, als er
sie gefertigt hatte, genötigt, seiner Armut wegen sie zu versetzen und erlag bald
seinem Elend. So war von den beiden in Aussicht genommenen Druckern nur
Schönspergcr übrig. Dieser wurde bereits im Jahre 1508 von Maximilian
zum kaiserlichen Buchdrucker auf Lebenszeit bestellt. Es wurde in seiner Be¬
stallung ausdrücklich auf die Fähigkeit hingewiesen, mit der er jede Schrift "ab-
kvnterfcyen" und gießen könne, und ihm geboten, nnr für den Kaiser selbst von
dieser Kunst Gebrauch zu machen, sonst niemand darin zu unterweisen, sondern


Kaiser Maximilian I. als Kunstfreund,

die Arbeit zu Ende bringen — eine bekannte Briefstelle, die früher oft heran¬
gezogen wurde, wenn man den Beweis führen wollte, daß Maler auch als
Holzschneider thätig waren. Wieviel Blätter Burgkmair geschnitten hat, wissen
wir nicht. Sicher ist mir, daß er alle Blätter der Folge zeichnete, da jedes
derselben mit seinem Monogramm versehen ist, und daß im Jahre 1511 die
ganze Folge vollendet war, Sie besteht aus 37 Blättern. Sehr erquicklich
war die Aufgabe für den Künstler nicht. Die einzelnen Fürsten, gewöhnlich
von schweren Ritterrüstungen bedeckt, in der einen Hand das Schwert, in der
andern das Szepter haltend, sind stehend oder sitzend dargestellt, daneben lehnt
ihr Wappen, oben ist immer ein Tier angebracht, das auf den Charakter des
betreffenden hinweisen soll. Es muß unsäglich schwer gewesen sein, in die Reihe
dieser Könige Abwechslung und Leben zu bringen. Burgkmair jedoch hat es
verstanden und führt uns Gestalten von markiger Kraft vor. Da sehen wir
einen jugendlichen Fürsten mit langem blonden Haar, in enganliegender Ritter¬
rüstung, den Hermelinmnntcl keck um die Schultern geschlagen, wie er seinen
Falken betrachtet, eine wunderbar schöne Gestalt. Wir sehen einen urwüchsigen
Ritter in Küraß, in dem Hans Burgkmair das zum Erstaunen ähnliche Porträt
unsers Reichskanzlers gegeben hat. Wir sehen Kaiser Maximilian selbst, wie er
in schwerem Brokatmantel, die hohe Kaiserkrone auf dem Haupte, nach links
gewendet auf dem Throne sitzt. Immer findet der Künstler eine neue Bewegung,
immer gelingt es ihm, ein sprechend durchgeführtes Porträt zu geben, nur
manchmal greift er zu der Aushilfe, das ganze Gesicht des Fürsten mit dem
Visire zu bedecken.

Kein Wunder, daß der Kaiser, als er diese Holzschnittfolge so schön voll¬
endet sah, großes Wohlgefallen am Holzschnitte fand und sofort noch größere
Unternehmungen plante. Nicht nur die Geschichte seines Hauses, auch sein
eignes Leben sollte in illustrirten Prachtwerken verherrlicht werden.

Die Vorbereitungen wurden mit der größten Sorgfalt getroffen. Zunächst
galt es, für die Bücher einen passenden Drucker zu finden. Man schwankte
anfangs zwischen zwei Augsburger Meistern. Der eine war Erhard Oeglin,
der sich durch die Erfindung des Notendruckes mit beweglichen Lettern bekannt
gemacht hatte, der andre Hans Schönspergcr der Ältere, der durch viele große
Druckwerke bereits weithin berühmt war. Oeglin, der auch Schriftgießer war, goß
für den Kaiser unter Peutingers Leitung eine neue Schrift, war jedoch, als er
sie gefertigt hatte, genötigt, seiner Armut wegen sie zu versetzen und erlag bald
seinem Elend. So war von den beiden in Aussicht genommenen Druckern nur
Schönspergcr übrig. Dieser wurde bereits im Jahre 1508 von Maximilian
zum kaiserlichen Buchdrucker auf Lebenszeit bestellt. Es wurde in seiner Be¬
stallung ausdrücklich auf die Fähigkeit hingewiesen, mit der er jede Schrift „ab-
kvnterfcyen" und gießen könne, und ihm geboten, nnr für den Kaiser selbst von
dieser Kunst Gebrauch zu machen, sonst niemand darin zu unterweisen, sondern


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[0145] Kaiser Maximilian I. als Kunstfreund, die Arbeit zu Ende bringen — eine bekannte Briefstelle, die früher oft heran¬ gezogen wurde, wenn man den Beweis führen wollte, daß Maler auch als Holzschneider thätig waren. Wieviel Blätter Burgkmair geschnitten hat, wissen wir nicht. Sicher ist mir, daß er alle Blätter der Folge zeichnete, da jedes derselben mit seinem Monogramm versehen ist, und daß im Jahre 1511 die ganze Folge vollendet war, Sie besteht aus 37 Blättern. Sehr erquicklich war die Aufgabe für den Künstler nicht. Die einzelnen Fürsten, gewöhnlich von schweren Ritterrüstungen bedeckt, in der einen Hand das Schwert, in der andern das Szepter haltend, sind stehend oder sitzend dargestellt, daneben lehnt ihr Wappen, oben ist immer ein Tier angebracht, das auf den Charakter des betreffenden hinweisen soll. Es muß unsäglich schwer gewesen sein, in die Reihe dieser Könige Abwechslung und Leben zu bringen. Burgkmair jedoch hat es verstanden und führt uns Gestalten von markiger Kraft vor. Da sehen wir einen jugendlichen Fürsten mit langem blonden Haar, in enganliegender Ritter¬ rüstung, den Hermelinmnntcl keck um die Schultern geschlagen, wie er seinen Falken betrachtet, eine wunderbar schöne Gestalt. Wir sehen einen urwüchsigen Ritter in Küraß, in dem Hans Burgkmair das zum Erstaunen ähnliche Porträt unsers Reichskanzlers gegeben hat. Wir sehen Kaiser Maximilian selbst, wie er in schwerem Brokatmantel, die hohe Kaiserkrone auf dem Haupte, nach links gewendet auf dem Throne sitzt. Immer findet der Künstler eine neue Bewegung, immer gelingt es ihm, ein sprechend durchgeführtes Porträt zu geben, nur manchmal greift er zu der Aushilfe, das ganze Gesicht des Fürsten mit dem Visire zu bedecken. Kein Wunder, daß der Kaiser, als er diese Holzschnittfolge so schön voll¬ endet sah, großes Wohlgefallen am Holzschnitte fand und sofort noch größere Unternehmungen plante. Nicht nur die Geschichte seines Hauses, auch sein eignes Leben sollte in illustrirten Prachtwerken verherrlicht werden. Die Vorbereitungen wurden mit der größten Sorgfalt getroffen. Zunächst galt es, für die Bücher einen passenden Drucker zu finden. Man schwankte anfangs zwischen zwei Augsburger Meistern. Der eine war Erhard Oeglin, der sich durch die Erfindung des Notendruckes mit beweglichen Lettern bekannt gemacht hatte, der andre Hans Schönspergcr der Ältere, der durch viele große Druckwerke bereits weithin berühmt war. Oeglin, der auch Schriftgießer war, goß für den Kaiser unter Peutingers Leitung eine neue Schrift, war jedoch, als er sie gefertigt hatte, genötigt, seiner Armut wegen sie zu versetzen und erlag bald seinem Elend. So war von den beiden in Aussicht genommenen Druckern nur Schönspergcr übrig. Dieser wurde bereits im Jahre 1508 von Maximilian zum kaiserlichen Buchdrucker auf Lebenszeit bestellt. Es wurde in seiner Be¬ stallung ausdrücklich auf die Fähigkeit hingewiesen, mit der er jede Schrift „ab- kvnterfcyen" und gießen könne, und ihm geboten, nnr für den Kaiser selbst von dieser Kunst Gebrauch zu machen, sonst niemand darin zu unterweisen, sondern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/145>, abgerufen am 28.09.2024.