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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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Kaiser Maximilian I> als Kunstfreund.

sie gefertigt wurden, von sehr verschiedenem künstlerischen Werte. Bei weitem
am höchsten stehen zwei Statuen von Jahre 1513, die aller Wahrscheinlichkeit
nach von Peter Bischer herrühren: die Statue des Königs Arthur vou England
und des Königs Theodorich. Trefflich sind auch die Arbeiten des Meisters
Gilg Sesselschreiber: König Philipp, Kaiser Rudolf, Erzherzog Ernst, Thco-
bertus, Margaret", Ferdinand von Kastilien, Kunigunde. Eleonore, Maria von
Burgund, Kaiser Friedrich III., König Ladislaus, Elisabeth, Karl der Kühne,
Philipp der Gute. Namentlich Margareta kann als vortrefflich gelten,
wie auch Kunigunde und Eleonore durch schlanke Formen und prachtvolle
Damastgewändcr sich auszeichne". Die spätern Statuen, namentlich die nach
1540 unter italienischen Einflüssen entstandenen, sind nicht so gut und fallen
schon teilweise ins Theatralische. Haben wir so zwar ein Werk erhalten, das
nur teilweise den duftigen Reiz der deutscheu Frühreuaisscince rein wiederspiegelt,
teilweise schon der sinkenden Zeit angehört, so kann dasselbe doch in jeder Be¬
ziehung als eine großartige Schöpfung gelten, es hat auch auf die Entwicklung
der deutschen Plastik nachhaltigen Einfluß geübt.

Noch ein andres Zweiggebict der Plastik hat dnrch Maximilians Kunst¬
liebe eine hohe Ausbildung erhalte": die Kunst, in Eise" und Silber zu arbeiten
und mit Gold kunstreich zu zieren. Diesem Kunstzweige kam hauptsächlich
Maximilians Vorliebe für kunstreiche Rüstungen zu statten. Auch hier warm
es hauptsächlich die Augsburger Helmschmiede, Plattner und Goldarbeiter, die
Maximilian mit seinen Auftrügen bedachte und von denen er namentlich die
für ihn selbst bestimmten Rüstungen fertigen ließ. Am schönsten muß diejenige
gewesen sein, die er 1516 bei dem berühmten Helmschmied Collmann bestellte.

Ebenso groß wie Maximilians Vorliebe für die Plastik war aber seine
Liebe zu den zeichnenden Künsten. Zwar hat er der Malerei keine monumen¬
talen Aufgaben gebracht wie sein großer Zeitgenosse Julius II. Er hat keine
großen Freskeneyklcn ins Leben gerufen -- in welchen: seiner Schlösser hätte
der rastlos umherziehende Kaiser sie ausführe" lassen sollen? --, er hat nicht
einmal den Künstlern Aufträge zu großen Tafelbildern gegeben -- wo hätte
der unermüdliche Herr sie ungestört betrachten können? Aber er hat durch
einen kleinen Zug bewiesen, wie sehr er auch den zeichnenden Künsten hold war.
Gerade damals hatte die deutsche Malerei ihre schönsten Blüten getrieben. In
Franken hatte der Altmeister Dürer seine großen Werke geschaffen, in Sachsen
war der unermüdliche Lukas Cranach thätig, im Elsaß waren neue leuchtende
Sterne aufgegangen. Es drängte den Kaiser, wenigstens einzelne Proben von
der Hand aller dieser großen Künstler immer vor sich zu haben, und zwar in
einem Buche, das er tagtäglich in der Hand führte und das zu seinem intimsten
Gebrauche bestimmt war, in seinem Gebetbuche. Kaiser Maximilian hatte eigens
für sich ein lateinisches Gebetbuch entweder selbst abgefaßt oder abfassen lassen.
Johann Schönsperger in Augsburg hatte die Herstellung der prächtigen großen


Kaiser Maximilian I> als Kunstfreund.

sie gefertigt wurden, von sehr verschiedenem künstlerischen Werte. Bei weitem
am höchsten stehen zwei Statuen von Jahre 1513, die aller Wahrscheinlichkeit
nach von Peter Bischer herrühren: die Statue des Königs Arthur vou England
und des Königs Theodorich. Trefflich sind auch die Arbeiten des Meisters
Gilg Sesselschreiber: König Philipp, Kaiser Rudolf, Erzherzog Ernst, Thco-
bertus, Margaret«, Ferdinand von Kastilien, Kunigunde. Eleonore, Maria von
Burgund, Kaiser Friedrich III., König Ladislaus, Elisabeth, Karl der Kühne,
Philipp der Gute. Namentlich Margareta kann als vortrefflich gelten,
wie auch Kunigunde und Eleonore durch schlanke Formen und prachtvolle
Damastgewändcr sich auszeichne». Die spätern Statuen, namentlich die nach
1540 unter italienischen Einflüssen entstandenen, sind nicht so gut und fallen
schon teilweise ins Theatralische. Haben wir so zwar ein Werk erhalten, das
nur teilweise den duftigen Reiz der deutscheu Frühreuaisscince rein wiederspiegelt,
teilweise schon der sinkenden Zeit angehört, so kann dasselbe doch in jeder Be¬
ziehung als eine großartige Schöpfung gelten, es hat auch auf die Entwicklung
der deutschen Plastik nachhaltigen Einfluß geübt.

Noch ein andres Zweiggebict der Plastik hat dnrch Maximilians Kunst¬
liebe eine hohe Ausbildung erhalte»: die Kunst, in Eise» und Silber zu arbeiten
und mit Gold kunstreich zu zieren. Diesem Kunstzweige kam hauptsächlich
Maximilians Vorliebe für kunstreiche Rüstungen zu statten. Auch hier warm
es hauptsächlich die Augsburger Helmschmiede, Plattner und Goldarbeiter, die
Maximilian mit seinen Auftrügen bedachte und von denen er namentlich die
für ihn selbst bestimmten Rüstungen fertigen ließ. Am schönsten muß diejenige
gewesen sein, die er 1516 bei dem berühmten Helmschmied Collmann bestellte.

Ebenso groß wie Maximilians Vorliebe für die Plastik war aber seine
Liebe zu den zeichnenden Künsten. Zwar hat er der Malerei keine monumen¬
talen Aufgaben gebracht wie sein großer Zeitgenosse Julius II. Er hat keine
großen Freskeneyklcn ins Leben gerufen — in welchen: seiner Schlösser hätte
der rastlos umherziehende Kaiser sie ausführe» lassen sollen? —, er hat nicht
einmal den Künstlern Aufträge zu großen Tafelbildern gegeben — wo hätte
der unermüdliche Herr sie ungestört betrachten können? Aber er hat durch
einen kleinen Zug bewiesen, wie sehr er auch den zeichnenden Künsten hold war.
Gerade damals hatte die deutsche Malerei ihre schönsten Blüten getrieben. In
Franken hatte der Altmeister Dürer seine großen Werke geschaffen, in Sachsen
war der unermüdliche Lukas Cranach thätig, im Elsaß waren neue leuchtende
Sterne aufgegangen. Es drängte den Kaiser, wenigstens einzelne Proben von
der Hand aller dieser großen Künstler immer vor sich zu haben, und zwar in
einem Buche, das er tagtäglich in der Hand führte und das zu seinem intimsten
Gebrauche bestimmt war, in seinem Gebetbuche. Kaiser Maximilian hatte eigens
für sich ein lateinisches Gebetbuch entweder selbst abgefaßt oder abfassen lassen.
Johann Schönsperger in Augsburg hatte die Herstellung der prächtigen großen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/141>, abgerufen am 23.07.2024.