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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Zur Dampfersubventionsvorlage.

sollte, die für den Postdienst herzustellenden Schiffe zugleich dem Merkur und
dem Mars dienstbar zu machen, indem die für den Kriegsdienst zu treffenden
Einrichtungen voraussichtlich doch nur auf Kosten der leichten Beweglichkeit der
Dampfer möglich sein würden." Bekanntlich hat ja der Gesetzentwurf eine
gleichzeitige Verwendung der subventivnirten Postdampfschiffe zu Hilfskriegs-
zweckcn ins Auge gefaßt. Nun gehört aber ein großes Maß von Unwissenheit
in nautischen Dingen dazu, sich diese Zwecke aus dem geraden Gegenteil eines
Hanptcinspruchs der Vorlage, nämlich der möglichst großen Leistungsfähigkeit
des zu subventionirendcn Materials, erklären zu wollen. Unsre Marineleitung
hatte bekanntlich vor einigen Jahren vom Parlament die Mittel zur Erbauung
eines Personaltransportdampfers gefordert, welcher besonders zur Beförderung
der Ablösungsmannschaften für unsre in Ostasien stationirten Schiffe zwischen
Asien und den Heimatshäfen Verkehren sollte. Wir wollen nun die Frage un-
untersucht lassen, wieweit die Marinebudget-Prüfungskommission recht daran ge¬
than hat, diese Forderung zu stellen, durch welche nicht nur ein billiger, be¬
quemer und vor allen Dingen sehr zuverlässiger Lieferungsweg für alle auf der
dortigen Station nötigen Schiffsbedürfnifse einheimischen Firmen geschaffen
worden wäre, sondern auch solche Sondermehrkosten erspart worden sein würden,
wie sie z. B. aus Mangel an einem solchen Marinetransportboote vor zwei
Sommern die Indienststellung der großen gedeckten Korvette "Stein" verursacht
hatte, die unter großem Kohlenverbrauch zweimal den "Atlantik" als Trans¬
portschiff für Ablösungsmannschasten kreuzen mußte,-weil eine passende private
Fahrgelegenheit gefehlt hatte. Wir möchten aber darauf hinweisen, daß der
Gesetzentwurf unsrer Dampfersubveution von dem militärischen Vorteil nicht die
alleinige Auffassung hat, daß neue subventionirte Dampfcrlinien verbesserte und
umfangreichere Beförderungsgelegenheiten von Marinemannschaftstransporten
sein sollten, sondern daß er vielmehr auch den größern Zweck im Auge hat, daß
die staatlich begünstigten Dampfer dazu berufen sein könnten, eine Rolle in see¬
kriegerischen Verwicklungen als "Hilfskreuzer" zu spielen, eine Perspektive, welche
umsoweniger kurzsichtiger Auffassung begegnen sollte, als unser Reich unter Be¬
obachtung möglichster Sparsamkeit doch pflichtmäßig auf einen fortschreitenden
Schutz der fortschreitenden Kraftentfaltung unsrer wirtschaftlichen Positionen im
Auslande bedacht sein muß. Uns scheint es selbstverständlich, daß, nachdem auf
allen Seiten, wo sich die Einsicht nicht böswillig verschließt, eingesehen wird,
daß für unsre Dampfschifffahrt im allgemeinen hinsichtlich der Regelmäßigkeit und
Schnelligkeit ihrer Fahrten, welche im merkantilen Seeverkehr heute, wo die Ten¬
denz mehr und mehr auf Erhöhung der Geschwindigkeit gerichtet ist, von so
hervorragender Wichtigkeit sind, hinter der konkurrirenden englischen bemerkbar
zurückgeblieben ist, von der staatlichen Subvention ein Haupthebel der Besserung er¬
wartet werden darf. Es wäre aber ganz gewiß widersinnig, anzunehmen, daß dieses
Vorteils diejenigen Dampfer der subventivnirten Linien verlustig gehen würden,


Zur Dampfersubventionsvorlage.

sollte, die für den Postdienst herzustellenden Schiffe zugleich dem Merkur und
dem Mars dienstbar zu machen, indem die für den Kriegsdienst zu treffenden
Einrichtungen voraussichtlich doch nur auf Kosten der leichten Beweglichkeit der
Dampfer möglich sein würden." Bekanntlich hat ja der Gesetzentwurf eine
gleichzeitige Verwendung der subventivnirten Postdampfschiffe zu Hilfskriegs-
zweckcn ins Auge gefaßt. Nun gehört aber ein großes Maß von Unwissenheit
in nautischen Dingen dazu, sich diese Zwecke aus dem geraden Gegenteil eines
Hanptcinspruchs der Vorlage, nämlich der möglichst großen Leistungsfähigkeit
des zu subventionirendcn Materials, erklären zu wollen. Unsre Marineleitung
hatte bekanntlich vor einigen Jahren vom Parlament die Mittel zur Erbauung
eines Personaltransportdampfers gefordert, welcher besonders zur Beförderung
der Ablösungsmannschaften für unsre in Ostasien stationirten Schiffe zwischen
Asien und den Heimatshäfen Verkehren sollte. Wir wollen nun die Frage un-
untersucht lassen, wieweit die Marinebudget-Prüfungskommission recht daran ge¬
than hat, diese Forderung zu stellen, durch welche nicht nur ein billiger, be¬
quemer und vor allen Dingen sehr zuverlässiger Lieferungsweg für alle auf der
dortigen Station nötigen Schiffsbedürfnifse einheimischen Firmen geschaffen
worden wäre, sondern auch solche Sondermehrkosten erspart worden sein würden,
wie sie z. B. aus Mangel an einem solchen Marinetransportboote vor zwei
Sommern die Indienststellung der großen gedeckten Korvette „Stein" verursacht
hatte, die unter großem Kohlenverbrauch zweimal den „Atlantik" als Trans¬
portschiff für Ablösungsmannschasten kreuzen mußte,-weil eine passende private
Fahrgelegenheit gefehlt hatte. Wir möchten aber darauf hinweisen, daß der
Gesetzentwurf unsrer Dampfersubveution von dem militärischen Vorteil nicht die
alleinige Auffassung hat, daß neue subventionirte Dampfcrlinien verbesserte und
umfangreichere Beförderungsgelegenheiten von Marinemannschaftstransporten
sein sollten, sondern daß er vielmehr auch den größern Zweck im Auge hat, daß
die staatlich begünstigten Dampfer dazu berufen sein könnten, eine Rolle in see¬
kriegerischen Verwicklungen als „Hilfskreuzer" zu spielen, eine Perspektive, welche
umsoweniger kurzsichtiger Auffassung begegnen sollte, als unser Reich unter Be¬
obachtung möglichster Sparsamkeit doch pflichtmäßig auf einen fortschreitenden
Schutz der fortschreitenden Kraftentfaltung unsrer wirtschaftlichen Positionen im
Auslande bedacht sein muß. Uns scheint es selbstverständlich, daß, nachdem auf
allen Seiten, wo sich die Einsicht nicht böswillig verschließt, eingesehen wird,
daß für unsre Dampfschifffahrt im allgemeinen hinsichtlich der Regelmäßigkeit und
Schnelligkeit ihrer Fahrten, welche im merkantilen Seeverkehr heute, wo die Ten¬
denz mehr und mehr auf Erhöhung der Geschwindigkeit gerichtet ist, von so
hervorragender Wichtigkeit sind, hinter der konkurrirenden englischen bemerkbar
zurückgeblieben ist, von der staatlichen Subvention ein Haupthebel der Besserung er¬
wartet werden darf. Es wäre aber ganz gewiß widersinnig, anzunehmen, daß dieses
Vorteils diejenigen Dampfer der subventivnirten Linien verlustig gehen würden,


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[0066] Zur Dampfersubventionsvorlage. sollte, die für den Postdienst herzustellenden Schiffe zugleich dem Merkur und dem Mars dienstbar zu machen, indem die für den Kriegsdienst zu treffenden Einrichtungen voraussichtlich doch nur auf Kosten der leichten Beweglichkeit der Dampfer möglich sein würden." Bekanntlich hat ja der Gesetzentwurf eine gleichzeitige Verwendung der subventivnirten Postdampfschiffe zu Hilfskriegs- zweckcn ins Auge gefaßt. Nun gehört aber ein großes Maß von Unwissenheit in nautischen Dingen dazu, sich diese Zwecke aus dem geraden Gegenteil eines Hanptcinspruchs der Vorlage, nämlich der möglichst großen Leistungsfähigkeit des zu subventionirendcn Materials, erklären zu wollen. Unsre Marineleitung hatte bekanntlich vor einigen Jahren vom Parlament die Mittel zur Erbauung eines Personaltransportdampfers gefordert, welcher besonders zur Beförderung der Ablösungsmannschaften für unsre in Ostasien stationirten Schiffe zwischen Asien und den Heimatshäfen Verkehren sollte. Wir wollen nun die Frage un- untersucht lassen, wieweit die Marinebudget-Prüfungskommission recht daran ge¬ than hat, diese Forderung zu stellen, durch welche nicht nur ein billiger, be¬ quemer und vor allen Dingen sehr zuverlässiger Lieferungsweg für alle auf der dortigen Station nötigen Schiffsbedürfnifse einheimischen Firmen geschaffen worden wäre, sondern auch solche Sondermehrkosten erspart worden sein würden, wie sie z. B. aus Mangel an einem solchen Marinetransportboote vor zwei Sommern die Indienststellung der großen gedeckten Korvette „Stein" verursacht hatte, die unter großem Kohlenverbrauch zweimal den „Atlantik" als Trans¬ portschiff für Ablösungsmannschasten kreuzen mußte,-weil eine passende private Fahrgelegenheit gefehlt hatte. Wir möchten aber darauf hinweisen, daß der Gesetzentwurf unsrer Dampfersubveution von dem militärischen Vorteil nicht die alleinige Auffassung hat, daß neue subventionirte Dampfcrlinien verbesserte und umfangreichere Beförderungsgelegenheiten von Marinemannschaftstransporten sein sollten, sondern daß er vielmehr auch den größern Zweck im Auge hat, daß die staatlich begünstigten Dampfer dazu berufen sein könnten, eine Rolle in see¬ kriegerischen Verwicklungen als „Hilfskreuzer" zu spielen, eine Perspektive, welche umsoweniger kurzsichtiger Auffassung begegnen sollte, als unser Reich unter Be¬ obachtung möglichster Sparsamkeit doch pflichtmäßig auf einen fortschreitenden Schutz der fortschreitenden Kraftentfaltung unsrer wirtschaftlichen Positionen im Auslande bedacht sein muß. Uns scheint es selbstverständlich, daß, nachdem auf allen Seiten, wo sich die Einsicht nicht böswillig verschließt, eingesehen wird, daß für unsre Dampfschifffahrt im allgemeinen hinsichtlich der Regelmäßigkeit und Schnelligkeit ihrer Fahrten, welche im merkantilen Seeverkehr heute, wo die Ten¬ denz mehr und mehr auf Erhöhung der Geschwindigkeit gerichtet ist, von so hervorragender Wichtigkeit sind, hinter der konkurrirenden englischen bemerkbar zurückgeblieben ist, von der staatlichen Subvention ein Haupthebel der Besserung er¬ wartet werden darf. Es wäre aber ganz gewiß widersinnig, anzunehmen, daß dieses Vorteils diejenigen Dampfer der subventivnirten Linien verlustig gehen würden,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/66>, abgerufen am 29.12.2024.