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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Pfisters Mühle.

das Glück in ihr. Sie stünden sich selber im Lichte, wenn Sie von Ihrem
seligen Vater mit der geringsten Despektion reden wollten, Herr Asche.

Bei den unsterblichen Göttern! ist die ruhige gewissenssichere Antwort ge¬
wesen. Was würde aus mir armen Waisenknaben geworden sein und werden,
wenn nicht wenigstens ein Bruchteil vom Talent des Alten, die Dinge in der
Welt schön zu färben, auf mich übergegangen wäre? Sie wissen, Vater Pfister,
es ist so ziemlich das Einzige, auf was die Gläubiger beim Aufschütten der
Masse keinen Anspruch erhoben. -- --

Das ist wahr. Ich habe nicht einen zweiten Menschen kennen gelernt, der
mit gleicher Fähigkeit, den Beschwerden dieser Erde eine angenehme Färbung
zu geben, versehen gewesen wäre, wie mein erster über den Dorfkantor hinaus¬
reichender Lehrmeister in unserm Hinterstübchen. Auch die unvermutete, "aus
dem blauesten Himmel hereinbrechende" Störung seiner "Wald-, Feld-, Wiesen-
und Pfistersmühlen-Faulheit" überwand er, und die Stunden, während welcher
mein Vater uns beide hinter Schloß und Riegel hielt, gingen viel glatter und
behaglicher vorbei, als wir es uns beim Beginn der ersten vorgestellt hatten.
Es sitzt mehr als eine grammatikalische Regel wahrscheinlich nur deshalb heute
noch bei mir fest, weil ich zugleich mit ihr noch das entfernte fröhliche Getön
des Gartens und das nahe Rauschen der Mühlräder im Ohre habe.

Dreiviertel auf fünf! Noch fünfzehn Minuten und das Elend liegt wieder
einmal hinter uns. Also noch einmal den Kopf zwischen beide Fäuste, und
drücke dreist etwas fester am Gehirn, Knabe! Siehst du, da haben wir das
Gewürm schon draußen und zwar wie gewöhnlich zum Teil durch die Nase mit:
der schwarze Rabe -- lüorvus viMr; der angenehme Garten (es sind heute die
Teutonen, die sich da den Hals abbrüllen und die kleinen Mädchen cmrennomiren!)
Iiorws Älliosnus; das schwere Geschäft -- usKotiuw, äWoils. Der Eierkuchen mit
Schnittlauch, der uns für später in Aussicht gestellt wurde, ist auch nicht gänz¬
lich zu verachten. Noch einmal mit der Nase in den Schooß der Weisheit!
Drücke -- drücke fest: der gierige Bauch?

^.Ions Ä-öl-aus, Herr Asche.

^plag., Esel! Keine Regel ohne Ausnahmen, mein Sohn. Die große Futter¬
schwinge?

ViMNU8 llMAQg.. ^.

So machst du mir Freude! Und nun zum Schluß für heute den ganzen
Quark noch mal poetisch:
ur ir ur us sind --?


-- Mascula,
um steht aNein als Neutrum da.

Schön. Solltest du die nichtsnutzigen Ausnahmen auch noch in dieser zum
Herzen sprechenden Weise angeben können, würdest du nur eine ebenso kindliche
Freude bereiten wie dir selber. Leiere ab, jugendlicher Kitharoede; aber bedenke,


Pfisters Mühle.

das Glück in ihr. Sie stünden sich selber im Lichte, wenn Sie von Ihrem
seligen Vater mit der geringsten Despektion reden wollten, Herr Asche.

Bei den unsterblichen Göttern! ist die ruhige gewissenssichere Antwort ge¬
wesen. Was würde aus mir armen Waisenknaben geworden sein und werden,
wenn nicht wenigstens ein Bruchteil vom Talent des Alten, die Dinge in der
Welt schön zu färben, auf mich übergegangen wäre? Sie wissen, Vater Pfister,
es ist so ziemlich das Einzige, auf was die Gläubiger beim Aufschütten der
Masse keinen Anspruch erhoben. — —

Das ist wahr. Ich habe nicht einen zweiten Menschen kennen gelernt, der
mit gleicher Fähigkeit, den Beschwerden dieser Erde eine angenehme Färbung
zu geben, versehen gewesen wäre, wie mein erster über den Dorfkantor hinaus¬
reichender Lehrmeister in unserm Hinterstübchen. Auch die unvermutete, „aus
dem blauesten Himmel hereinbrechende" Störung seiner „Wald-, Feld-, Wiesen-
und Pfistersmühlen-Faulheit" überwand er, und die Stunden, während welcher
mein Vater uns beide hinter Schloß und Riegel hielt, gingen viel glatter und
behaglicher vorbei, als wir es uns beim Beginn der ersten vorgestellt hatten.
Es sitzt mehr als eine grammatikalische Regel wahrscheinlich nur deshalb heute
noch bei mir fest, weil ich zugleich mit ihr noch das entfernte fröhliche Getön
des Gartens und das nahe Rauschen der Mühlräder im Ohre habe.

Dreiviertel auf fünf! Noch fünfzehn Minuten und das Elend liegt wieder
einmal hinter uns. Also noch einmal den Kopf zwischen beide Fäuste, und
drücke dreist etwas fester am Gehirn, Knabe! Siehst du, da haben wir das
Gewürm schon draußen und zwar wie gewöhnlich zum Teil durch die Nase mit:
der schwarze Rabe — lüorvus viMr; der angenehme Garten (es sind heute die
Teutonen, die sich da den Hals abbrüllen und die kleinen Mädchen cmrennomiren!)
Iiorws Älliosnus; das schwere Geschäft — usKotiuw, äWoils. Der Eierkuchen mit
Schnittlauch, der uns für später in Aussicht gestellt wurde, ist auch nicht gänz¬
lich zu verachten. Noch einmal mit der Nase in den Schooß der Weisheit!
Drücke — drücke fest: der gierige Bauch?

^.Ions Ä-öl-aus, Herr Asche.

^plag., Esel! Keine Regel ohne Ausnahmen, mein Sohn. Die große Futter¬
schwinge?

ViMNU8 llMAQg.. ^.

So machst du mir Freude! Und nun zum Schluß für heute den ganzen
Quark noch mal poetisch:
ur ir ur us sind —?


— Mascula,
um steht aNein als Neutrum da.

Schön. Solltest du die nichtsnutzigen Ausnahmen auch noch in dieser zum
Herzen sprechenden Weise angeben können, würdest du nur eine ebenso kindliche
Freude bereiten wie dir selber. Leiere ab, jugendlicher Kitharoede; aber bedenke,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/59>, abgerufen am 29.12.2024.