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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Fortschritte in der Photographie.

ungenügender Beleuchtung Aufnahmen machen, wenn man nur genügend lange
exponirt. Oberuetter in München hat Jnterieuraufuahmcn gemacht in fast
dunkeln Räumen, in denen er acht Stunden cxponirte. Mit diesen Platten
ist die Möglichkeit gegeben, Aufnahmen von kürzester wie von längster Be¬
leuchtungszeit zu machen.

Das negativ besteht, wie wohl allgemein bekannt sein dürfte, aus einer
Glasplatte, auf welcher sich ein Kehrbild, d. h. ein solches befindet, das alles
Weiße schwarz und alles Schwarze durchsichtig wiedergiebt. Wird dies negativ
auf ein lichtempfindliches Papier gelegt und so dem Tageslichte ausgesetzt, so
entsteht das richtige Bild. Die färbende Substanz ist Chlorsilber. Mau läßt
einen mit gesalzenem Albumin überzogenen Papierbogen auf eigner Lösung von
Silbernitrat schwimmen. Der getrocknete Bogen ist zum Gebrauch fertig. Da
jedoch Chlorsilber einen häßlichen, rotbraunen Farbenton giebt, so wird das
Bild in einem alkalischen Chlorgoldbade getönt. In den Resultaten, in Größe,
Eleganz, Tiefe und Sättigung des Tones sind hier enorme Fortschritte gemacht
worden, in der Methode fast gar keine. Neuerdings wird als Träger des
Chlorsilberbildes Collodium verwendet. Man gießt das Chlorsilber-Collodium
aufs Papier, gerade wie sonst auf die Glasplatte. Dies Verfahren giebt bei
sehr schneller Fertigung der Abdrücke sehr schöne saftige, detaillirte und dauer¬
hafte Bilder und eignet sich besonders für Dilettanten. Ich selbst benutze nur
noch das Chlorsilber-Collodium und bin froh, daß ich nun mit Silberbädern
garnichts mehr zu thun habe.

Neben der direkten Kopie ist gegenwärtig besonders auch die Vergrößerungs-
phvtographie in Aufnahme gekommen. Früher war dazu nur das Tageslicht
verwendbar, und man bedürfte unbequemer und kostspieliger Apparate; gegen¬
wärtig emanzipirt man sich vom Tageslichte mit größter Leichtigkeit. Mein
Vergrößeruugsapparat besteht aus einer Staffelei und einem Tische, auf welchem
eine lÄtsrira in^los, (Skioptikon) steht. Das zu vergrößernde negativ wird in
die Laterne eingeschoben und auf eine Fläche projizirt, auf der ein mit Brom¬
silber-Gelatine überzogenes Papier aufgespannt ist. Zehn Sekunden Beleuch¬
tung durch die Petroleumflamme genügen vollständig. Oder soll ein vergrößertes
negativ angefertigt werden, so läßt man das Schattenbild auf eine Emulsions¬
platte fallen und erhält so ein Diapositiv, welches durch nochmaliges Kopiren
wieder in ein negativ verwandelt wird. Diese Vergrößerung ermöglicht es, als
Tourist mit ganz kleinem Apparate in die Welt zu ziehen und doch Bilder von
respektabler Größe zu gewinnen. Es ist zu verwundern, daß diese Methode zur
Herstellung von Wandbildern zu Lehrzwecken noch nicht benutzt worden ist.

Die Gebrüder Winter in Wien führen Vergrößerungen auf Leinwand aus,
wobei sie elektrisches Licht anwenden. Taylor in London hat eine ganze Ver¬
größerungsanstalt. Er benutzt das Tageslicht und vierundzwanzig Vergrößerungs¬
apparate, welche an der Decke angebracht sind und ihr Bild nach unten werfen,


Fortschritte in der Photographie.

ungenügender Beleuchtung Aufnahmen machen, wenn man nur genügend lange
exponirt. Oberuetter in München hat Jnterieuraufuahmcn gemacht in fast
dunkeln Räumen, in denen er acht Stunden cxponirte. Mit diesen Platten
ist die Möglichkeit gegeben, Aufnahmen von kürzester wie von längster Be¬
leuchtungszeit zu machen.

Das negativ besteht, wie wohl allgemein bekannt sein dürfte, aus einer
Glasplatte, auf welcher sich ein Kehrbild, d. h. ein solches befindet, das alles
Weiße schwarz und alles Schwarze durchsichtig wiedergiebt. Wird dies negativ
auf ein lichtempfindliches Papier gelegt und so dem Tageslichte ausgesetzt, so
entsteht das richtige Bild. Die färbende Substanz ist Chlorsilber. Mau läßt
einen mit gesalzenem Albumin überzogenen Papierbogen auf eigner Lösung von
Silbernitrat schwimmen. Der getrocknete Bogen ist zum Gebrauch fertig. Da
jedoch Chlorsilber einen häßlichen, rotbraunen Farbenton giebt, so wird das
Bild in einem alkalischen Chlorgoldbade getönt. In den Resultaten, in Größe,
Eleganz, Tiefe und Sättigung des Tones sind hier enorme Fortschritte gemacht
worden, in der Methode fast gar keine. Neuerdings wird als Träger des
Chlorsilberbildes Collodium verwendet. Man gießt das Chlorsilber-Collodium
aufs Papier, gerade wie sonst auf die Glasplatte. Dies Verfahren giebt bei
sehr schneller Fertigung der Abdrücke sehr schöne saftige, detaillirte und dauer¬
hafte Bilder und eignet sich besonders für Dilettanten. Ich selbst benutze nur
noch das Chlorsilber-Collodium und bin froh, daß ich nun mit Silberbädern
garnichts mehr zu thun habe.

Neben der direkten Kopie ist gegenwärtig besonders auch die Vergrößerungs-
phvtographie in Aufnahme gekommen. Früher war dazu nur das Tageslicht
verwendbar, und man bedürfte unbequemer und kostspieliger Apparate; gegen¬
wärtig emanzipirt man sich vom Tageslichte mit größter Leichtigkeit. Mein
Vergrößeruugsapparat besteht aus einer Staffelei und einem Tische, auf welchem
eine lÄtsrira in^los, (Skioptikon) steht. Das zu vergrößernde negativ wird in
die Laterne eingeschoben und auf eine Fläche projizirt, auf der ein mit Brom¬
silber-Gelatine überzogenes Papier aufgespannt ist. Zehn Sekunden Beleuch¬
tung durch die Petroleumflamme genügen vollständig. Oder soll ein vergrößertes
negativ angefertigt werden, so läßt man das Schattenbild auf eine Emulsions¬
platte fallen und erhält so ein Diapositiv, welches durch nochmaliges Kopiren
wieder in ein negativ verwandelt wird. Diese Vergrößerung ermöglicht es, als
Tourist mit ganz kleinem Apparate in die Welt zu ziehen und doch Bilder von
respektabler Größe zu gewinnen. Es ist zu verwundern, daß diese Methode zur
Herstellung von Wandbildern zu Lehrzwecken noch nicht benutzt worden ist.

Die Gebrüder Winter in Wien führen Vergrößerungen auf Leinwand aus,
wobei sie elektrisches Licht anwenden. Taylor in London hat eine ganze Ver¬
größerungsanstalt. Er benutzt das Tageslicht und vierundzwanzig Vergrößerungs¬
apparate, welche an der Decke angebracht sind und ihr Bild nach unten werfen,


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[0519] Fortschritte in der Photographie. ungenügender Beleuchtung Aufnahmen machen, wenn man nur genügend lange exponirt. Oberuetter in München hat Jnterieuraufuahmcn gemacht in fast dunkeln Räumen, in denen er acht Stunden cxponirte. Mit diesen Platten ist die Möglichkeit gegeben, Aufnahmen von kürzester wie von längster Be¬ leuchtungszeit zu machen. Das negativ besteht, wie wohl allgemein bekannt sein dürfte, aus einer Glasplatte, auf welcher sich ein Kehrbild, d. h. ein solches befindet, das alles Weiße schwarz und alles Schwarze durchsichtig wiedergiebt. Wird dies negativ auf ein lichtempfindliches Papier gelegt und so dem Tageslichte ausgesetzt, so entsteht das richtige Bild. Die färbende Substanz ist Chlorsilber. Mau läßt einen mit gesalzenem Albumin überzogenen Papierbogen auf eigner Lösung von Silbernitrat schwimmen. Der getrocknete Bogen ist zum Gebrauch fertig. Da jedoch Chlorsilber einen häßlichen, rotbraunen Farbenton giebt, so wird das Bild in einem alkalischen Chlorgoldbade getönt. In den Resultaten, in Größe, Eleganz, Tiefe und Sättigung des Tones sind hier enorme Fortschritte gemacht worden, in der Methode fast gar keine. Neuerdings wird als Träger des Chlorsilberbildes Collodium verwendet. Man gießt das Chlorsilber-Collodium aufs Papier, gerade wie sonst auf die Glasplatte. Dies Verfahren giebt bei sehr schneller Fertigung der Abdrücke sehr schöne saftige, detaillirte und dauer¬ hafte Bilder und eignet sich besonders für Dilettanten. Ich selbst benutze nur noch das Chlorsilber-Collodium und bin froh, daß ich nun mit Silberbädern garnichts mehr zu thun habe. Neben der direkten Kopie ist gegenwärtig besonders auch die Vergrößerungs- phvtographie in Aufnahme gekommen. Früher war dazu nur das Tageslicht verwendbar, und man bedürfte unbequemer und kostspieliger Apparate; gegen¬ wärtig emanzipirt man sich vom Tageslichte mit größter Leichtigkeit. Mein Vergrößeruugsapparat besteht aus einer Staffelei und einem Tische, auf welchem eine lÄtsrira in^los, (Skioptikon) steht. Das zu vergrößernde negativ wird in die Laterne eingeschoben und auf eine Fläche projizirt, auf der ein mit Brom¬ silber-Gelatine überzogenes Papier aufgespannt ist. Zehn Sekunden Beleuch¬ tung durch die Petroleumflamme genügen vollständig. Oder soll ein vergrößertes negativ angefertigt werden, so läßt man das Schattenbild auf eine Emulsions¬ platte fallen und erhält so ein Diapositiv, welches durch nochmaliges Kopiren wieder in ein negativ verwandelt wird. Diese Vergrößerung ermöglicht es, als Tourist mit ganz kleinem Apparate in die Welt zu ziehen und doch Bilder von respektabler Größe zu gewinnen. Es ist zu verwundern, daß diese Methode zur Herstellung von Wandbildern zu Lehrzwecken noch nicht benutzt worden ist. Die Gebrüder Winter in Wien führen Vergrößerungen auf Leinwand aus, wobei sie elektrisches Licht anwenden. Taylor in London hat eine ganze Ver¬ größerungsanstalt. Er benutzt das Tageslicht und vierundzwanzig Vergrößerungs¬ apparate, welche an der Decke angebracht sind und ihr Bild nach unten werfen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/519>, abgerufen am 29.12.2024.