Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.Archiv und Bibliothek des Vatikan. und die Veröffentlichung von Schriftstücken untersagt hat, deren Inhalt man Dieselbe Liberalität, welche bei der Benutzung des vatikanischen Archivs Archiv und Bibliothek des Vatikan. und die Veröffentlichung von Schriftstücken untersagt hat, deren Inhalt man Dieselbe Liberalität, welche bei der Benutzung des vatikanischen Archivs <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0472" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/157397"/> <fw type="header" place="top"> Archiv und Bibliothek des Vatikan.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1625" prev="#ID_1624"> und die Veröffentlichung von Schriftstücken untersagt hat, deren Inhalt man<lb/> im Interesse der Kurie geheim zu halten für nötig oder auch nur für wünschens¬<lb/> wert ansah. Dieses Rechtes einer Kontrole des den Dokumenten entnommenen<lb/> Materials und der Verfügung über dasselbe hat man sich im Vatikan bis jetzt<lb/> durchaus nicht begeben, wie auch die alte Verordnung noch besteht, daß man<lb/> wohl den Inhalt der archivalischen Dokumente excerpiren, nicht aber den<lb/> Wortlaut derselben kopiren dürfe, nur daß mau eben infolge liberaler Auslegung<lb/> jener Verordnungen an das Vorhandensein derselben glücklicherweise nicht immer<lb/> erinnert wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1626" next="#ID_1627"> Dieselbe Liberalität, welche bei der Benutzung des vatikanischen Archivs<lb/> gehandhabt wird, herrscht gegenwärtig auch in der Verwaltung der vatikanischen<lb/> Bibliothek. Es wird nicht wunder nehmen, daß diese Liberalität zunimmt, je<lb/> weiter sich das Studiengebiet und der Inhalt der Handschriften und gedruckten<lb/> Bücher von den Interessen der katholischen Kirche entfernt. Aber auch hinsichtlich<lb/> der Benutzung aller mit den Lebensfaden des Romanismus enger verknüpften<lb/> Materialien waltet ein freier, der Wissenschaft freundlich gesinnter und ihren<lb/> Forderungen entgegenkommender Geist. Mit dem dem Katholizismus eignen<lb/> Verständnis für den Wert der geeigneten Individualität und der Bedeutung des<lb/> Einflusses, den der rechte Mann an rechter Stelle hat, sind an die Spitze dieser<lb/> berühmtesten aller Bibliotheken Männer berufen worden, die nicht nur ein volles<lb/> Verständnis für die Aufgaben und Forderungen der Wissenschaft haben, sondern<lb/> auch durch ihr ganzes Wesen den kosmopolitischen Charakter der vatikanischen<lb/> Bibliothek zu repräsentiren imstande sind. So ist der gegenwärtige General¬<lb/> bibliothekar der berühmte Herausgeber des LxioilöAwln Lolvsmkusö Kardinal<lb/> Pitra, der aus der Kongregation von Svlesmes hervorgegangen ist, in welcher<lb/> die durch ihre eminenten wissenschaftlichen Leistungen alle andern Orden überstrah¬<lb/> lende Kongregation von S. Maur ihre Auferstehung feierte. In der Stellung<lb/> eines Vizebibliothekars, welche Leo der Dreizehnte neu schuf, fungirt gegenwärtig<lb/> Monsignor Jacobini, der den geschäftlichen Verkehr mit der Außenwelt, zu<lb/> welchem die Erteilung der Permessi an ausländische Gelehrte gehört, mit der ihm<lb/> eignen Geschäftsgewandtheit und Unparteilichkeit vermittelt. An der Spitze der Ver¬<lb/> waltung, also in unmittelbarer Beziehung zur Bibliothek und zu den dort arbeitenden<lb/> Gelehrten, stehen die beiden „Presetti" Monsignor Stefano Ciecolini und Padre<lb/> Dr. Johannes Völlig. Ersterer kommt trotz seiner italienischen Herkunft den Ge¬<lb/> lehrten aller Länder mit gleicher Freundlichkeit entgegen, und sein Lieblingswort<lb/> va thus, welches man in allen Nüancirungen aus seinem Munde vernimmt,<lb/> beweist, daß er den guten Willen hat, alles möglich zu machen, was möglich<lb/> zu machen ist, wie er denn auch durch Erleichterungen aller Art bei Benutzung<lb/> der Bibliothek den Wünschen eines jeden zu entsprechen sucht. Dennoch ist die<lb/> Fürsorge Bolligs für die Interessen der Wissenschaft ungleich bedeutungsvoller<lb/> und natürlich gerade für die deutschen Gelehrten von hohem Wert. Wie er selbst</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0472]
Archiv und Bibliothek des Vatikan.
und die Veröffentlichung von Schriftstücken untersagt hat, deren Inhalt man
im Interesse der Kurie geheim zu halten für nötig oder auch nur für wünschens¬
wert ansah. Dieses Rechtes einer Kontrole des den Dokumenten entnommenen
Materials und der Verfügung über dasselbe hat man sich im Vatikan bis jetzt
durchaus nicht begeben, wie auch die alte Verordnung noch besteht, daß man
wohl den Inhalt der archivalischen Dokumente excerpiren, nicht aber den
Wortlaut derselben kopiren dürfe, nur daß mau eben infolge liberaler Auslegung
jener Verordnungen an das Vorhandensein derselben glücklicherweise nicht immer
erinnert wird.
Dieselbe Liberalität, welche bei der Benutzung des vatikanischen Archivs
gehandhabt wird, herrscht gegenwärtig auch in der Verwaltung der vatikanischen
Bibliothek. Es wird nicht wunder nehmen, daß diese Liberalität zunimmt, je
weiter sich das Studiengebiet und der Inhalt der Handschriften und gedruckten
Bücher von den Interessen der katholischen Kirche entfernt. Aber auch hinsichtlich
der Benutzung aller mit den Lebensfaden des Romanismus enger verknüpften
Materialien waltet ein freier, der Wissenschaft freundlich gesinnter und ihren
Forderungen entgegenkommender Geist. Mit dem dem Katholizismus eignen
Verständnis für den Wert der geeigneten Individualität und der Bedeutung des
Einflusses, den der rechte Mann an rechter Stelle hat, sind an die Spitze dieser
berühmtesten aller Bibliotheken Männer berufen worden, die nicht nur ein volles
Verständnis für die Aufgaben und Forderungen der Wissenschaft haben, sondern
auch durch ihr ganzes Wesen den kosmopolitischen Charakter der vatikanischen
Bibliothek zu repräsentiren imstande sind. So ist der gegenwärtige General¬
bibliothekar der berühmte Herausgeber des LxioilöAwln Lolvsmkusö Kardinal
Pitra, der aus der Kongregation von Svlesmes hervorgegangen ist, in welcher
die durch ihre eminenten wissenschaftlichen Leistungen alle andern Orden überstrah¬
lende Kongregation von S. Maur ihre Auferstehung feierte. In der Stellung
eines Vizebibliothekars, welche Leo der Dreizehnte neu schuf, fungirt gegenwärtig
Monsignor Jacobini, der den geschäftlichen Verkehr mit der Außenwelt, zu
welchem die Erteilung der Permessi an ausländische Gelehrte gehört, mit der ihm
eignen Geschäftsgewandtheit und Unparteilichkeit vermittelt. An der Spitze der Ver¬
waltung, also in unmittelbarer Beziehung zur Bibliothek und zu den dort arbeitenden
Gelehrten, stehen die beiden „Presetti" Monsignor Stefano Ciecolini und Padre
Dr. Johannes Völlig. Ersterer kommt trotz seiner italienischen Herkunft den Ge¬
lehrten aller Länder mit gleicher Freundlichkeit entgegen, und sein Lieblingswort
va thus, welches man in allen Nüancirungen aus seinem Munde vernimmt,
beweist, daß er den guten Willen hat, alles möglich zu machen, was möglich
zu machen ist, wie er denn auch durch Erleichterungen aller Art bei Benutzung
der Bibliothek den Wünschen eines jeden zu entsprechen sucht. Dennoch ist die
Fürsorge Bolligs für die Interessen der Wissenschaft ungleich bedeutungsvoller
und natürlich gerade für die deutschen Gelehrten von hohem Wert. Wie er selbst
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