Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.Aus der Viplomatenschule. Gesandter an den König von England geschickt und von diesem in jener Die geistliche Eigenschaft konnte in diesem Falle kein Hindernis abgeben; Noch näher als die römische Geistlichkeit steht der diplomatischen Welt die Aus der Viplomatenschule. Gesandter an den König von England geschickt und von diesem in jener Die geistliche Eigenschaft konnte in diesem Falle kein Hindernis abgeben; Noch näher als die römische Geistlichkeit steht der diplomatischen Welt die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0456" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/157381"/> <fw type="header" place="top"> Aus der Viplomatenschule.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1575" prev="#ID_1574"> Gesandter an den König von England geschickt und von diesem in jener<lb/> Eigenschaft ohne Widerspruch angenommen. Das Gleiche geschah von seiten<lb/> verschiedner Päpste, welche nicht nur Kardinäle, sondern auch geborne Römer,<lb/> also Unterthanen des heiligen Stuhles, sich als Vertreter fremder Fürsten und<lb/> Regierungen gefallen ließen, weshalb es auffällig erscheinen mußte, als Pius<lb/> der Neunte den zum preußischen Gesandten bei der Kurie ernannten Kardinal<lb/> Hohenlohe mit dem Bemerken zurückwies, ein Kardinal könne bei ihm keine<lb/> fremde Regierung vertreten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1576"> Die geistliche Eigenschaft konnte in diesem Falle kein Hindernis abgeben;<lb/> denn erstens schickt der Papst, wie wir sahen, Kleriker als Diplomaten in<lb/> katholische Länder (Nuntien, Jnternuntien und Legaten), und zweitens haben<lb/> Geistliche höheren und niederen Ranges sehr oft auch in den Kreisen der welt¬<lb/> lichen Diplomatie und als Angehörige derselben gewirkt und sich ausgezeichnet.<lb/> Im Mittelalter galten die Mitglieder der Prälatur als zu politischen Ver¬<lb/> handlungen vorzüglich geeignet, und zwar nicht bloß darum, weil sie beinahe<lb/> allein im Besitze gelehrter Bildung waren, sondern auch aus dem Grunde, weil<lb/> die Kirche als streitende, nach immermehr Einfluß in der Welt ringende Macht,<lb/> der doch der Gebrauch materieller Waffen nicht wohl ziemte und oft zugleich<lb/> aus äußeren Ursachen nicht zu raten war, die Kunst, durch Benutzung von<lb/> Leidenschaften und einander entgegengesetzten Interessen, durch Überredung und<lb/> Einschüchterung, durch kluge Manöver andrer Art, durch Ränke und Schliche<lb/> über Hindernisse hinweg oder um solche herum zum Ziele zu gelangen, bei ihren<lb/> Würdenträgern in besonders hohem Maße ausgebildet hatte. So war es nicht<lb/> unerklärlich, wenn einerseits geistliche Diplomaten in Gestalt von Beichtvätern<lb/> an manchen katholischen Höfen, z. B. am französischen und am Wiener, mitunter<lb/> auch an protestantischen, z. B. in Dresden während des dreißigjährigen Krieges,<lb/> in ultramontaner Richtung bestimmend auf die Politik einwirkten, und so darf<lb/> es nicht wunder nehmen, wenn andrerseits weltliche Fürsten auch in den letzten<lb/> Jahrhunderten noch und bis in das unsrige hinein sich zu ihrem Verkehr mit<lb/> auswärtigen Regierungen ursprünglich dem geistlichen Stande angehöriger und<lb/> kirchliche Titel tragender Politiker bedienten und dabei gut fuhren, da die<lb/> Betreffenden mit ihrer Geschicklichkeit dann in der Regel dem Könige so viele<lb/> Vorteile verschafften, wie sie in andrer Stellung dem Papste verschafft haben<lb/> würden. Jedem Leser werden hierbei die Kardinäle Richelieu und Mazarin und<lb/> aus späterer Zeit Tallehrand, der Bischof von Antun, einfallen, der auf dem<lb/> Wiener Kongresse eine für das preußische Interesse so verhängnisvolle Thätig¬<lb/> keit entfaltete.</p><lb/> <p xml:id="ID_1577" next="#ID_1578"> Noch näher als die römische Geistlichkeit steht der diplomatischen Welt die<lb/> Sphäre der höheren Militärs mit Einschluß der Seeoffiziere. Wir sprechen ja<lb/> von diplomatischer Taktik und Strategie und von diplomatischen Kampagnen.<lb/> Oft wurden britische Admiräle und Linienschiffskapitäne mit diplomatischen Ge-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0456]
Aus der Viplomatenschule.
Gesandter an den König von England geschickt und von diesem in jener
Eigenschaft ohne Widerspruch angenommen. Das Gleiche geschah von seiten
verschiedner Päpste, welche nicht nur Kardinäle, sondern auch geborne Römer,
also Unterthanen des heiligen Stuhles, sich als Vertreter fremder Fürsten und
Regierungen gefallen ließen, weshalb es auffällig erscheinen mußte, als Pius
der Neunte den zum preußischen Gesandten bei der Kurie ernannten Kardinal
Hohenlohe mit dem Bemerken zurückwies, ein Kardinal könne bei ihm keine
fremde Regierung vertreten.
Die geistliche Eigenschaft konnte in diesem Falle kein Hindernis abgeben;
denn erstens schickt der Papst, wie wir sahen, Kleriker als Diplomaten in
katholische Länder (Nuntien, Jnternuntien und Legaten), und zweitens haben
Geistliche höheren und niederen Ranges sehr oft auch in den Kreisen der welt¬
lichen Diplomatie und als Angehörige derselben gewirkt und sich ausgezeichnet.
Im Mittelalter galten die Mitglieder der Prälatur als zu politischen Ver¬
handlungen vorzüglich geeignet, und zwar nicht bloß darum, weil sie beinahe
allein im Besitze gelehrter Bildung waren, sondern auch aus dem Grunde, weil
die Kirche als streitende, nach immermehr Einfluß in der Welt ringende Macht,
der doch der Gebrauch materieller Waffen nicht wohl ziemte und oft zugleich
aus äußeren Ursachen nicht zu raten war, die Kunst, durch Benutzung von
Leidenschaften und einander entgegengesetzten Interessen, durch Überredung und
Einschüchterung, durch kluge Manöver andrer Art, durch Ränke und Schliche
über Hindernisse hinweg oder um solche herum zum Ziele zu gelangen, bei ihren
Würdenträgern in besonders hohem Maße ausgebildet hatte. So war es nicht
unerklärlich, wenn einerseits geistliche Diplomaten in Gestalt von Beichtvätern
an manchen katholischen Höfen, z. B. am französischen und am Wiener, mitunter
auch an protestantischen, z. B. in Dresden während des dreißigjährigen Krieges,
in ultramontaner Richtung bestimmend auf die Politik einwirkten, und so darf
es nicht wunder nehmen, wenn andrerseits weltliche Fürsten auch in den letzten
Jahrhunderten noch und bis in das unsrige hinein sich zu ihrem Verkehr mit
auswärtigen Regierungen ursprünglich dem geistlichen Stande angehöriger und
kirchliche Titel tragender Politiker bedienten und dabei gut fuhren, da die
Betreffenden mit ihrer Geschicklichkeit dann in der Regel dem Könige so viele
Vorteile verschafften, wie sie in andrer Stellung dem Papste verschafft haben
würden. Jedem Leser werden hierbei die Kardinäle Richelieu und Mazarin und
aus späterer Zeit Tallehrand, der Bischof von Antun, einfallen, der auf dem
Wiener Kongresse eine für das preußische Interesse so verhängnisvolle Thätig¬
keit entfaltete.
Noch näher als die römische Geistlichkeit steht der diplomatischen Welt die
Sphäre der höheren Militärs mit Einschluß der Seeoffiziere. Wir sprechen ja
von diplomatischer Taktik und Strategie und von diplomatischen Kampagnen.
Oft wurden britische Admiräle und Linienschiffskapitäne mit diplomatischen Ge-
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