Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.Auch ein deutscher Literarhistoriker. [Beginn Spaltensatz] Weddigen. Im Anfange des fünfzehnten Jahr¬ S. 37. Sieht man die Liederanfänge Im Volksliede, das sich an die Natur S. 38. Überhaupt ist das Erraten¬[Spaltenumbruch] Scherer. S. 259. Im Anfange des fünfzehnten S. 255. Nach einer uralten poetischen S. 254. Die Nachtigall giebt Liebes¬ S. 256. Das Volkslied zeichnet überall[Ende Spaltensatz] Auch ein deutscher Literarhistoriker. [Beginn Spaltensatz] Weddigen. Im Anfange des fünfzehnten Jahr¬ S. 37. Sieht man die Liederanfänge Im Volksliede, das sich an die Natur S. 38. Überhaupt ist das Erraten¬[Spaltenumbruch] Scherer. S. 259. Im Anfange des fünfzehnten S. 255. Nach einer uralten poetischen S. 254. Die Nachtigall giebt Liebes¬ S. 256. Das Volkslied zeichnet überall[Ende Spaltensatz] <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0279" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/157204"/> <fw type="header" place="top"> Auch ein deutscher Literarhistoriker.</fw><lb/> <cb type="start"/> <quote> Weddigen.<lb/> im vierzehnten Jahrhundert. Dies zeigen<lb/> auch die Lieder selbst, an deren Ende<lb/> sich die Verfasser nennen: ein Student,<lb/> Fischer, Schreiber, Bäcker, eines reichen<lb/> Bauern Sohn, ein junges Blut, zween<lb/> Landsknecht gut, ein Alter und ein<lb/> Junger.</quote> <quote> Im Anfange des fünfzehnten Jahr¬<lb/> hunderts ist die Macht des populären<lb/> Gesanges so groß, daß er auch auf das<lb/> geistliche Lied Einfluß gewinnt. Die po¬<lb/> litischen Gesänge sind aber in dieser Zeit<lb/> überwiegend.</quote> <quote> S. 37. Sieht man die Liederanfänge<lb/> vieler Volkslieder an, so steht ein Natur¬<lb/> bild unmittelbar, oft zusammenhangslos<lb/> neben einem Bilde ans dem Menschen¬<lb/> leben.</quote> <quote> Im Volksliede, das sich an die Natur<lb/> anlehnt, trauert die Linde, warnt die<lb/> Haselstaude das Mädchen, das zum Tan¬<lb/> zen geht; Blumen bedeuten Jungfrauen,<lb/> wie das Röslein auf der Heide, oder<lb/> Eigenschaften des Gemütes, wie das Ver¬<lb/> gißmeinnicht.</quote> <quote> S. 38. Überhaupt ist das Erraten¬<lb/> lassen eines der wirksamsten Mittel des<lb/> Volksliedes. Sinnliches wird ausge¬<lb/> sprochen, das Geistige muß man er¬<lb/> kennen.<lb/> Es giebt Lieder, welche ganz dra¬<lb/> matisch entworfen sind, doch (!) ist das<lb/> Streben nach Kürze zumeist ein charak¬<lb/> teristisches Zeichen.<lb/> Oft wiederholen sich einzelne Ausdrücke<lb/> oder Redewendungen, auf die es an¬<lb/> kommt; im höchsten Affekt auch ganze<lb/> Verse.... Abstrakte Begriffe werden um¬<lb/> schrieben.</quote> <cb/><lb/> <quote> Scherer.<lb/> so grob, der nicht ein Sänger sein will.<lb/> Und zahlreiche Zeugnisse für die allge¬<lb/> meine Beteiligung an der Poesie ge¬<lb/> währen viele erhaltene Lieder selbst,<lb/> worin sich am Schlüsse die Verfasser<lb/> nennen: ein Student, ein Schreiber, ein<lb/> Fischer, ein Berggesell, ein Bäckerknecht,<lb/> ein Krieger gut, eines reichen Bauern<lb/> Sohn, war gar ein junges Blut, zween<lb/> Landsknecht gut, ein Alter und ein<lb/> Junger.</quote> <quote> S. 259. Im Anfange des fünfzehnten<lb/> Jahrhunderts ist die Macht des popu¬<lb/> läre» Gesanges so groß, daß er auf das<lb/> geistliche Lied Einfluß gewinnt. ... Die<lb/> politischen Gesänge sind überwiegend<lb/> Schlachtschilderungen.</quote> <quote> S. 255. Nach einer uralten poetischen<lb/> Gattung steht ein Naturbild unmittelbar,<lb/> oft zusammenhangslos neben einem Bild<lb/> aus dem Menschenleben.</quote> <quote> S. 254. Die Nachtigall giebt Liebes¬<lb/> lehren; die Linde hilft trauern; die<lb/> Haselstaude warnt das Mädchen, das zum<lb/> Tanze geht. . . . Der Rosengarten be¬<lb/> deutet Liebesgunst. Blumen bedeuten<lb/> Jungfrauen, wie das Röslein auf der<lb/> Heiden, das ein junger Knabe bricht,<lb/> oder Eigenschaften des Gemütes, wie das<lb/> blaue Blümlein Vergißmeinnicht, von dem<lb/> soviel gesungen wird.</quote> <quote> S. 256. Das Volkslied zeichnet überall<lb/> mit starken, ja groben Strichen. Die<lb/> Worte, auf die es ankommt, werden<lb/> wiederholt, wie im höchsten Affekt. . . .<lb/> Abstrakte Begriffe werden umschrieben.<lb/> Das Errateulassen ist überhaupt eines<lb/> der wirksamsten Mittel des Volksliedes.<lb/> Sinnliches wird ausgesprochen, das Gei¬<lb/> stige muß man merken. ... Es giebt<lb/> auch Lieder, die ganz dramatisch nur<lb/> in Gespräch verlaufen . . . Auf dem<lb/> Streben nach Kürze, das im Volksliede sich<lb/> so deutlich geltend macht, beruht die Aus¬<lb/> breitung der Ballade.</quote> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0279]
Auch ein deutscher Literarhistoriker.
Weddigen.
im vierzehnten Jahrhundert. Dies zeigen
auch die Lieder selbst, an deren Ende
sich die Verfasser nennen: ein Student,
Fischer, Schreiber, Bäcker, eines reichen
Bauern Sohn, ein junges Blut, zween
Landsknecht gut, ein Alter und ein
Junger. Im Anfange des fünfzehnten Jahr¬
hunderts ist die Macht des populären
Gesanges so groß, daß er auch auf das
geistliche Lied Einfluß gewinnt. Die po¬
litischen Gesänge sind aber in dieser Zeit
überwiegend. S. 37. Sieht man die Liederanfänge
vieler Volkslieder an, so steht ein Natur¬
bild unmittelbar, oft zusammenhangslos
neben einem Bilde ans dem Menschen¬
leben. Im Volksliede, das sich an die Natur
anlehnt, trauert die Linde, warnt die
Haselstaude das Mädchen, das zum Tan¬
zen geht; Blumen bedeuten Jungfrauen,
wie das Röslein auf der Heide, oder
Eigenschaften des Gemütes, wie das Ver¬
gißmeinnicht. S. 38. Überhaupt ist das Erraten¬
lassen eines der wirksamsten Mittel des
Volksliedes. Sinnliches wird ausge¬
sprochen, das Geistige muß man er¬
kennen.
Es giebt Lieder, welche ganz dra¬
matisch entworfen sind, doch (!) ist das
Streben nach Kürze zumeist ein charak¬
teristisches Zeichen.
Oft wiederholen sich einzelne Ausdrücke
oder Redewendungen, auf die es an¬
kommt; im höchsten Affekt auch ganze
Verse.... Abstrakte Begriffe werden um¬
schrieben.
Scherer.
so grob, der nicht ein Sänger sein will.
Und zahlreiche Zeugnisse für die allge¬
meine Beteiligung an der Poesie ge¬
währen viele erhaltene Lieder selbst,
worin sich am Schlüsse die Verfasser
nennen: ein Student, ein Schreiber, ein
Fischer, ein Berggesell, ein Bäckerknecht,
ein Krieger gut, eines reichen Bauern
Sohn, war gar ein junges Blut, zween
Landsknecht gut, ein Alter und ein
Junger. S. 259. Im Anfange des fünfzehnten
Jahrhunderts ist die Macht des popu¬
läre» Gesanges so groß, daß er auf das
geistliche Lied Einfluß gewinnt. ... Die
politischen Gesänge sind überwiegend
Schlachtschilderungen. S. 255. Nach einer uralten poetischen
Gattung steht ein Naturbild unmittelbar,
oft zusammenhangslos neben einem Bild
aus dem Menschenleben. S. 254. Die Nachtigall giebt Liebes¬
lehren; die Linde hilft trauern; die
Haselstaude warnt das Mädchen, das zum
Tanze geht. . . . Der Rosengarten be¬
deutet Liebesgunst. Blumen bedeuten
Jungfrauen, wie das Röslein auf der
Heiden, das ein junger Knabe bricht,
oder Eigenschaften des Gemütes, wie das
blaue Blümlein Vergißmeinnicht, von dem
soviel gesungen wird. S. 256. Das Volkslied zeichnet überall
mit starken, ja groben Strichen. Die
Worte, auf die es ankommt, werden
wiederholt, wie im höchsten Affekt. . . .
Abstrakte Begriffe werden umschrieben.
Das Errateulassen ist überhaupt eines
der wirksamsten Mittel des Volksliedes.
Sinnliches wird ausgesprochen, das Gei¬
stige muß man merken. ... Es giebt
auch Lieder, die ganz dramatisch nur
in Gespräch verlaufen . . . Auf dem
Streben nach Kürze, das im Volksliede sich
so deutlich geltend macht, beruht die Aus¬
breitung der Ballade.
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