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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Die Künste der Fälscher.

Das hoffe ich.

Es werden Gebote gemacht; der Greis weigert sich, beschwert sich, daß seine
Lage mit solcher Härte ausgenutzt werde, und willigt endlich mit Thränen in
den Augen ein, sich gegen sechs Noten zu tausend Franks von den drei wunder¬
baren Bildern zu trennen, deren Anblick sein Trost gewesen ist.

Du gehst, immer in Begleitung des wackern Samuel, und bietest ihm in
zarter Weise eine Gratifikation an, die er höflich annimmt. Sie ist sein ganzer
Gewinn bei dem Handel. Ja, wenn er selbst Geld zur Verfügung gehabt hätte!

Wenige Tage darauf hängen die drei Gemälde an einem ausgezeichneten
Platze in deiner Galerie, du ladest einige befreundete Kenner zum Speisen ein
und nimmst dir vor, ausführlich den Besuch bei dein Greis im fünften Stock
zu schildern. Die Mahlzeit ist zu Ende, die Freunde prüfen gewissenhaft den
Poussin, den Mieris und den Rujsdael, welche dem gefährlichen Durantin vor
dem Munde weggeschnappt worden sind, und sie lächeln; das ist ein gutes
Zeichen. Dann stellen sie die herkömmliche Frage, ob du viel dafür gezahlt
habest?

O nein, sehr wenig.

Das ist gut, denn die Bilder sind neue Fabrikate.

Bist du ein Mann von Geist, so antwortest du, daß du das sehr gut
gewußt und nur die Kennerschaft deiner Freunde habest auf die Probe stellen
wollen. Wenn du aber -- sagen wir: heftig, unbedacht bist, so wirst du deinen
Irrtum eingestehen und davon sprechen, Samuel und seinen Spießgesellen, den
unglücklichen Greis, zu belangen. Denn es ist ja klar, daß der letztere die
Bilder von ersterem in Depot gehabt hat. Nnnützer Zorn, unausführbares
Vorhaben! Die Bilder sind ohne Garantie der Echtheit verkauft worden, die
Richter werden dir Unrecht geben und die beiden Gauner noch die Lacher ans
ihrer Seite haben. Das beste ist, die Sache nicht weiter verlauten zu lassen,
vielmehr die falschen alten Meister ins Hotel Drouot zu schicken, wo Samuel
sie für hundert Franks das Stück zurückkaufen wird, um sie aufzuheben, bis
Durcmtiu bei Kasse ist.

Gewöhnlich sagt man, die alten Meister würden sich im Grabe umwenden,
wenn sie sehen müßten, wieviel auf ihren Namen gesündigt wird. Aber was
sollen diejenigen thun, welche noch bei lebendigem Leibe die Ehre erfahren, daß
ihnen Wechselbälge untergeschoben werden? Die Zeitungen haben kürzlich ver-
schiedne Fälle derart, z. B. von Defregger, mitgeteilt. Endet liefert dazu sehr
ergötzliche Seitenstücke. Dem Tiermaler Charles Jacqne zeigt ein Liebhaber ein
als Original gekauftes Bild, welches jener für eine Kopie erklären muß, die,
im allgemeinen nicht schlecht gemacht, die Namenszeichnung besonders treu nach¬
geahmt zeigt. Am nächsten Tage erscheint die, natürlich selbst getäuschte, Ver¬
käuferin tief beschämt bei dem Maler, entschlossen das Geld zurückzuzahlen, rückt
jedoch endlich mit dem Vorschlage heraus, Jacque möge, gegen gute Bezahlung,


Die Künste der Fälscher.

Das hoffe ich.

Es werden Gebote gemacht; der Greis weigert sich, beschwert sich, daß seine
Lage mit solcher Härte ausgenutzt werde, und willigt endlich mit Thränen in
den Augen ein, sich gegen sechs Noten zu tausend Franks von den drei wunder¬
baren Bildern zu trennen, deren Anblick sein Trost gewesen ist.

Du gehst, immer in Begleitung des wackern Samuel, und bietest ihm in
zarter Weise eine Gratifikation an, die er höflich annimmt. Sie ist sein ganzer
Gewinn bei dem Handel. Ja, wenn er selbst Geld zur Verfügung gehabt hätte!

Wenige Tage darauf hängen die drei Gemälde an einem ausgezeichneten
Platze in deiner Galerie, du ladest einige befreundete Kenner zum Speisen ein
und nimmst dir vor, ausführlich den Besuch bei dein Greis im fünften Stock
zu schildern. Die Mahlzeit ist zu Ende, die Freunde prüfen gewissenhaft den
Poussin, den Mieris und den Rujsdael, welche dem gefährlichen Durantin vor
dem Munde weggeschnappt worden sind, und sie lächeln; das ist ein gutes
Zeichen. Dann stellen sie die herkömmliche Frage, ob du viel dafür gezahlt
habest?

O nein, sehr wenig.

Das ist gut, denn die Bilder sind neue Fabrikate.

Bist du ein Mann von Geist, so antwortest du, daß du das sehr gut
gewußt und nur die Kennerschaft deiner Freunde habest auf die Probe stellen
wollen. Wenn du aber — sagen wir: heftig, unbedacht bist, so wirst du deinen
Irrtum eingestehen und davon sprechen, Samuel und seinen Spießgesellen, den
unglücklichen Greis, zu belangen. Denn es ist ja klar, daß der letztere die
Bilder von ersterem in Depot gehabt hat. Nnnützer Zorn, unausführbares
Vorhaben! Die Bilder sind ohne Garantie der Echtheit verkauft worden, die
Richter werden dir Unrecht geben und die beiden Gauner noch die Lacher ans
ihrer Seite haben. Das beste ist, die Sache nicht weiter verlauten zu lassen,
vielmehr die falschen alten Meister ins Hotel Drouot zu schicken, wo Samuel
sie für hundert Franks das Stück zurückkaufen wird, um sie aufzuheben, bis
Durcmtiu bei Kasse ist.

Gewöhnlich sagt man, die alten Meister würden sich im Grabe umwenden,
wenn sie sehen müßten, wieviel auf ihren Namen gesündigt wird. Aber was
sollen diejenigen thun, welche noch bei lebendigem Leibe die Ehre erfahren, daß
ihnen Wechselbälge untergeschoben werden? Die Zeitungen haben kürzlich ver-
schiedne Fälle derart, z. B. von Defregger, mitgeteilt. Endet liefert dazu sehr
ergötzliche Seitenstücke. Dem Tiermaler Charles Jacqne zeigt ein Liebhaber ein
als Original gekauftes Bild, welches jener für eine Kopie erklären muß, die,
im allgemeinen nicht schlecht gemacht, die Namenszeichnung besonders treu nach¬
geahmt zeigt. Am nächsten Tage erscheint die, natürlich selbst getäuschte, Ver¬
käuferin tief beschämt bei dem Maler, entschlossen das Geld zurückzuzahlen, rückt
jedoch endlich mit dem Vorschlage heraus, Jacque möge, gegen gute Bezahlung,


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[0483] Die Künste der Fälscher. Das hoffe ich. Es werden Gebote gemacht; der Greis weigert sich, beschwert sich, daß seine Lage mit solcher Härte ausgenutzt werde, und willigt endlich mit Thränen in den Augen ein, sich gegen sechs Noten zu tausend Franks von den drei wunder¬ baren Bildern zu trennen, deren Anblick sein Trost gewesen ist. Du gehst, immer in Begleitung des wackern Samuel, und bietest ihm in zarter Weise eine Gratifikation an, die er höflich annimmt. Sie ist sein ganzer Gewinn bei dem Handel. Ja, wenn er selbst Geld zur Verfügung gehabt hätte! Wenige Tage darauf hängen die drei Gemälde an einem ausgezeichneten Platze in deiner Galerie, du ladest einige befreundete Kenner zum Speisen ein und nimmst dir vor, ausführlich den Besuch bei dein Greis im fünften Stock zu schildern. Die Mahlzeit ist zu Ende, die Freunde prüfen gewissenhaft den Poussin, den Mieris und den Rujsdael, welche dem gefährlichen Durantin vor dem Munde weggeschnappt worden sind, und sie lächeln; das ist ein gutes Zeichen. Dann stellen sie die herkömmliche Frage, ob du viel dafür gezahlt habest? O nein, sehr wenig. Das ist gut, denn die Bilder sind neue Fabrikate. Bist du ein Mann von Geist, so antwortest du, daß du das sehr gut gewußt und nur die Kennerschaft deiner Freunde habest auf die Probe stellen wollen. Wenn du aber — sagen wir: heftig, unbedacht bist, so wirst du deinen Irrtum eingestehen und davon sprechen, Samuel und seinen Spießgesellen, den unglücklichen Greis, zu belangen. Denn es ist ja klar, daß der letztere die Bilder von ersterem in Depot gehabt hat. Nnnützer Zorn, unausführbares Vorhaben! Die Bilder sind ohne Garantie der Echtheit verkauft worden, die Richter werden dir Unrecht geben und die beiden Gauner noch die Lacher ans ihrer Seite haben. Das beste ist, die Sache nicht weiter verlauten zu lassen, vielmehr die falschen alten Meister ins Hotel Drouot zu schicken, wo Samuel sie für hundert Franks das Stück zurückkaufen wird, um sie aufzuheben, bis Durcmtiu bei Kasse ist. Gewöhnlich sagt man, die alten Meister würden sich im Grabe umwenden, wenn sie sehen müßten, wieviel auf ihren Namen gesündigt wird. Aber was sollen diejenigen thun, welche noch bei lebendigem Leibe die Ehre erfahren, daß ihnen Wechselbälge untergeschoben werden? Die Zeitungen haben kürzlich ver- schiedne Fälle derart, z. B. von Defregger, mitgeteilt. Endet liefert dazu sehr ergötzliche Seitenstücke. Dem Tiermaler Charles Jacqne zeigt ein Liebhaber ein als Original gekauftes Bild, welches jener für eine Kopie erklären muß, die, im allgemeinen nicht schlecht gemacht, die Namenszeichnung besonders treu nach¬ geahmt zeigt. Am nächsten Tage erscheint die, natürlich selbst getäuschte, Ver¬ käuferin tief beschämt bei dem Maler, entschlossen das Geld zurückzuzahlen, rückt jedoch endlich mit dem Vorschlage heraus, Jacque möge, gegen gute Bezahlung,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/483>, abgerufen am 27.09.2024.