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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Kleine Goethiana.

namens Junge. Am 13. September schreibt er: "Ich schreibe Ihnen auch für
dießmcil nichts, als . . . daß Ihr Tischer nachdem er sich einige Tage bey uns
aufgehalten, mit guten Empfelungsschrcibeu an den Ort seiner Bestimmung, in
der Hoffnung seine Sache so gut als möglich auszuführen gereißt ist, und sich
Ihnen und Ihrem ganzen Hause bestens empfehlen läßt." Am 9. November:
"Das Ausfenbleiben Ihres Junges, hat diesen Brief, den ich so balde zu schreiben
schuldig war, um einen Monat und drüber verzögert. . . . Wenn Sie nicht mehr
Nachricht von ihm haben als ich, so werden Sie unruhiger seyn als ich; denn
ich denke immer, er hat entweder an Sie geschrieben, oder ist durch einen andern
Weg zu Ihnen zurückgekehrt. Bald hoffe ich's zu erfahren; ein guter Freund
hat es auf sich genommen, sich in Grehweiler zu erkundigen wie es mit ihm
und seinen Sachen steht." Endlich am 24. November: "Junge, geht morgen
ab, sollte ich diese Gelegenheit versäumen, an Sie zu schreiben? . . . Sie werden
sich verwundern, was Ihr Tischer für Kvstbciarkeiten mitbringt; wir haben uns
alle gefreut, dass seine Reise, die Kranckheit ausgenommen, so glücklich ge¬
wesen ist."

Schon O. Jahr hat angemerkt (Goethes Briefe an Leipziger Freunde,
2. Aufl., S. 158), daß diese Stellen sich auf den Modelltischler und Aufwärter
an der Leipziger Zeichcncckademie Johann Christian Junge ^nicht Jungj be¬
ziehe" (vergl. auch A. Dürr, Adam Friedrich Oeser, S. 82), und Löper ver¬
mutet mit Recht, daß Junge zu den "zuverlässigen Personen" gehört habe, in
deren Gesellschaft Goethe nach seiner eignen Erzählung in "Dichtung und Wahr¬
heit" im August 1768 die Rückreise nach Frankfurt antrat. Durch Zufall bin
ich auf ein kleines Dokument gestoßen, welches uns über den Zweck von Junges
Reise und über die ganze Angelegenheit, an der Goethe hier soviel freundlichen
Anteil nimmt, Aufklärung giebt.

Am 12. Mürz 1766 erschien Junge ans dem Leipziger Rathause und
brachte an, "daß er in Greenweiler eine Erbschaft zu erheben hätte, diese aber
ihm ohne Abzug oder Reversales anhero nicht verabfolgt werden wollte, dahero
er um Erteilung derer letztern hiermit angesucht haben wollte." Dabei über¬
reichte er folgendes Zeugnis:

Ich Endesunterschriebener ^twstire hierdurch daß Vorzeiger dieses Johan
Christoph Junge als UoäsII Tischer bey der Leipziger Mahler ^oaäsiuiö MAÄAirt ist

Leipzig d. 12 Märtz 1766


Adam Friedrich Oeßer
virsotour der Churf. ^L^göillio.

Er erhielt hierauf ohne weiteres das gewünschte Attestat. Jedenfalls verzögerte
sich aber die Regelung der Erbschaftsangelegenheit oder stieß auf Schwierig¬
keiten, bis endlich Junge im August 1768 sich selber aufmachte, die weite Reise
nach seiner Heimat Greenweiler (Granweiler, (Z2-Moi1lM?) antrat und die ihm zu¬
gefallenen Erbschaftsgegenstände (von "Kostbarkeiten" spricht Goethe) abholte. --


Kleine Goethiana.

namens Junge. Am 13. September schreibt er: „Ich schreibe Ihnen auch für
dießmcil nichts, als . . . daß Ihr Tischer nachdem er sich einige Tage bey uns
aufgehalten, mit guten Empfelungsschrcibeu an den Ort seiner Bestimmung, in
der Hoffnung seine Sache so gut als möglich auszuführen gereißt ist, und sich
Ihnen und Ihrem ganzen Hause bestens empfehlen läßt." Am 9. November:
„Das Ausfenbleiben Ihres Junges, hat diesen Brief, den ich so balde zu schreiben
schuldig war, um einen Monat und drüber verzögert. . . . Wenn Sie nicht mehr
Nachricht von ihm haben als ich, so werden Sie unruhiger seyn als ich; denn
ich denke immer, er hat entweder an Sie geschrieben, oder ist durch einen andern
Weg zu Ihnen zurückgekehrt. Bald hoffe ich's zu erfahren; ein guter Freund
hat es auf sich genommen, sich in Grehweiler zu erkundigen wie es mit ihm
und seinen Sachen steht." Endlich am 24. November: „Junge, geht morgen
ab, sollte ich diese Gelegenheit versäumen, an Sie zu schreiben? . . . Sie werden
sich verwundern, was Ihr Tischer für Kvstbciarkeiten mitbringt; wir haben uns
alle gefreut, dass seine Reise, die Kranckheit ausgenommen, so glücklich ge¬
wesen ist."

Schon O. Jahr hat angemerkt (Goethes Briefe an Leipziger Freunde,
2. Aufl., S. 158), daß diese Stellen sich auf den Modelltischler und Aufwärter
an der Leipziger Zeichcncckademie Johann Christian Junge ^nicht Jungj be¬
ziehe» (vergl. auch A. Dürr, Adam Friedrich Oeser, S. 82), und Löper ver¬
mutet mit Recht, daß Junge zu den „zuverlässigen Personen" gehört habe, in
deren Gesellschaft Goethe nach seiner eignen Erzählung in „Dichtung und Wahr¬
heit" im August 1768 die Rückreise nach Frankfurt antrat. Durch Zufall bin
ich auf ein kleines Dokument gestoßen, welches uns über den Zweck von Junges
Reise und über die ganze Angelegenheit, an der Goethe hier soviel freundlichen
Anteil nimmt, Aufklärung giebt.

Am 12. Mürz 1766 erschien Junge ans dem Leipziger Rathause und
brachte an, „daß er in Greenweiler eine Erbschaft zu erheben hätte, diese aber
ihm ohne Abzug oder Reversales anhero nicht verabfolgt werden wollte, dahero
er um Erteilung derer letztern hiermit angesucht haben wollte." Dabei über¬
reichte er folgendes Zeugnis:

Ich Endesunterschriebener ^twstire hierdurch daß Vorzeiger dieses Johan
Christoph Junge als UoäsII Tischer bey der Leipziger Mahler ^oaäsiuiö MAÄAirt ist

Leipzig d. 12 Märtz 1766


Adam Friedrich Oeßer
virsotour der Churf. ^L^göillio.

Er erhielt hierauf ohne weiteres das gewünschte Attestat. Jedenfalls verzögerte
sich aber die Regelung der Erbschaftsangelegenheit oder stieß auf Schwierig¬
keiten, bis endlich Junge im August 1768 sich selber aufmachte, die weite Reise
nach seiner Heimat Greenweiler (Granweiler, (Z2-Moi1lM?) antrat und die ihm zu¬
gefallenen Erbschaftsgegenstände (von „Kostbarkeiten" spricht Goethe) abholte. —


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[0469] Kleine Goethiana. namens Junge. Am 13. September schreibt er: „Ich schreibe Ihnen auch für dießmcil nichts, als . . . daß Ihr Tischer nachdem er sich einige Tage bey uns aufgehalten, mit guten Empfelungsschrcibeu an den Ort seiner Bestimmung, in der Hoffnung seine Sache so gut als möglich auszuführen gereißt ist, und sich Ihnen und Ihrem ganzen Hause bestens empfehlen läßt." Am 9. November: „Das Ausfenbleiben Ihres Junges, hat diesen Brief, den ich so balde zu schreiben schuldig war, um einen Monat und drüber verzögert. . . . Wenn Sie nicht mehr Nachricht von ihm haben als ich, so werden Sie unruhiger seyn als ich; denn ich denke immer, er hat entweder an Sie geschrieben, oder ist durch einen andern Weg zu Ihnen zurückgekehrt. Bald hoffe ich's zu erfahren; ein guter Freund hat es auf sich genommen, sich in Grehweiler zu erkundigen wie es mit ihm und seinen Sachen steht." Endlich am 24. November: „Junge, geht morgen ab, sollte ich diese Gelegenheit versäumen, an Sie zu schreiben? . . . Sie werden sich verwundern, was Ihr Tischer für Kvstbciarkeiten mitbringt; wir haben uns alle gefreut, dass seine Reise, die Kranckheit ausgenommen, so glücklich ge¬ wesen ist." Schon O. Jahr hat angemerkt (Goethes Briefe an Leipziger Freunde, 2. Aufl., S. 158), daß diese Stellen sich auf den Modelltischler und Aufwärter an der Leipziger Zeichcncckademie Johann Christian Junge ^nicht Jungj be¬ ziehe» (vergl. auch A. Dürr, Adam Friedrich Oeser, S. 82), und Löper ver¬ mutet mit Recht, daß Junge zu den „zuverlässigen Personen" gehört habe, in deren Gesellschaft Goethe nach seiner eignen Erzählung in „Dichtung und Wahr¬ heit" im August 1768 die Rückreise nach Frankfurt antrat. Durch Zufall bin ich auf ein kleines Dokument gestoßen, welches uns über den Zweck von Junges Reise und über die ganze Angelegenheit, an der Goethe hier soviel freundlichen Anteil nimmt, Aufklärung giebt. Am 12. Mürz 1766 erschien Junge ans dem Leipziger Rathause und brachte an, „daß er in Greenweiler eine Erbschaft zu erheben hätte, diese aber ihm ohne Abzug oder Reversales anhero nicht verabfolgt werden wollte, dahero er um Erteilung derer letztern hiermit angesucht haben wollte." Dabei über¬ reichte er folgendes Zeugnis: Ich Endesunterschriebener ^twstire hierdurch daß Vorzeiger dieses Johan Christoph Junge als UoäsII Tischer bey der Leipziger Mahler ^oaäsiuiö MAÄAirt ist Leipzig d. 12 Märtz 1766 Adam Friedrich Oeßer virsotour der Churf. ^L^göillio. Er erhielt hierauf ohne weiteres das gewünschte Attestat. Jedenfalls verzögerte sich aber die Regelung der Erbschaftsangelegenheit oder stieß auf Schwierig¬ keiten, bis endlich Junge im August 1768 sich selber aufmachte, die weite Reise nach seiner Heimat Greenweiler (Granweiler, (Z2-Moi1lM?) antrat und die ihm zu¬ gefallenen Erbschaftsgegenstände (von „Kostbarkeiten" spricht Goethe) abholte. —

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/469>, abgerufen am 27.09.2024.