Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.Der Grdensadel. n Anton Springers "Geschichte Österreichs" (wenn wir nicht Grenzboten III. 1884. SS
Der Grdensadel. n Anton Springers „Geschichte Österreichs" (wenn wir nicht Grenzboten III. 1884. SS
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0449" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/156720"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341839_156270/figures/grenzboten_341839_156270_156720_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der Grdensadel.</head><lb/> <p xml:id="ID_1999" next="#ID_2000"> n Anton Springers „Geschichte Österreichs" (wenn wir nicht<lb/> irren) wird die treffende Bemerkung gemacht, daß die von allen<lb/> Reichs- und Landtagen des Jahres 1848 beschlossene Abschaffung<lb/> des Adels sich ganz besonders seltsam in einem Lande aus¬<lb/> genommen habe, in welchem auch die Bürgerlichen einander „Herr<lb/> von" und „Frau von" anreden. Dieser alberne Gebrauch kommt unter den<lb/> Gebildeten allmählich ab, doch wäre es schwer zu entscheiden, ob dies eine Folge<lb/> des Erstarkens bürgerlichen Selbstgefühls oder nicht vielmehr des Umstandes<lb/> sei, daß jetzt fast jeder Gebildete sich eines Adels- oder doch irgendeines Titels<lb/> erfreut. Gesegnet war Österreich von jeher mit echten und Talmi-Edelleuten.<lb/> Es hat eine an Zahl und Besitz große Aristokratie, an die Stelle der alten<lb/> Familien, welche des Glaubens wegen das Land verließen, traten spanische,<lb/> niederländische, lothringische, irische u. a. Geschlechter, ungerechnet die Menge<lb/> von Depossedirten, welche seit der großen französischen Revolution in Österreich<lb/> eine interimistische Heimat suchten. Die Reihe dieser letzteren ist bunt genug<lb/> nach Nationalität und Religion, den Nohans folgten Jerome Bonaparte und<lb/> der Herzog von Reichstadt, Karl X., Chambord, Don Carlos mit Söhnen und<lb/> Enkeln, Don Miguel, Modena, Toscana, Parma, Hannover, Hessen-Hanau,<lb/> Nassau:c., aber sie müssen ungerechnet bleiben, weil mit Ausnahme der Prinzen<lb/> von Toscana, welche zum kaiserlichen Hause gehören, und des Prinzen Rohan<lb/> alle sich nur als Gäste betrachten, welche jeden Augenblick zurückgerufen zu<lb/> werden hoffen — obgleich dies bisher nur Jerome und dem jetzigen Könige von<lb/> Spanien wirklich begegnet ist. Neben jenem alten Adel aber gab es einen<lb/> Militär- und Beamtencidcl, Edle und Ritter, deren Stammbaum auf irgend¬<lb/> einen General oder Hofrat mit „langjährigen treuen Diensten" zurückführte.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III. 1884. SS</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0449]
[Abbildung]
Der Grdensadel.
n Anton Springers „Geschichte Österreichs" (wenn wir nicht
irren) wird die treffende Bemerkung gemacht, daß die von allen
Reichs- und Landtagen des Jahres 1848 beschlossene Abschaffung
des Adels sich ganz besonders seltsam in einem Lande aus¬
genommen habe, in welchem auch die Bürgerlichen einander „Herr
von" und „Frau von" anreden. Dieser alberne Gebrauch kommt unter den
Gebildeten allmählich ab, doch wäre es schwer zu entscheiden, ob dies eine Folge
des Erstarkens bürgerlichen Selbstgefühls oder nicht vielmehr des Umstandes
sei, daß jetzt fast jeder Gebildete sich eines Adels- oder doch irgendeines Titels
erfreut. Gesegnet war Österreich von jeher mit echten und Talmi-Edelleuten.
Es hat eine an Zahl und Besitz große Aristokratie, an die Stelle der alten
Familien, welche des Glaubens wegen das Land verließen, traten spanische,
niederländische, lothringische, irische u. a. Geschlechter, ungerechnet die Menge
von Depossedirten, welche seit der großen französischen Revolution in Österreich
eine interimistische Heimat suchten. Die Reihe dieser letzteren ist bunt genug
nach Nationalität und Religion, den Nohans folgten Jerome Bonaparte und
der Herzog von Reichstadt, Karl X., Chambord, Don Carlos mit Söhnen und
Enkeln, Don Miguel, Modena, Toscana, Parma, Hannover, Hessen-Hanau,
Nassau:c., aber sie müssen ungerechnet bleiben, weil mit Ausnahme der Prinzen
von Toscana, welche zum kaiserlichen Hause gehören, und des Prinzen Rohan
alle sich nur als Gäste betrachten, welche jeden Augenblick zurückgerufen zu
werden hoffen — obgleich dies bisher nur Jerome und dem jetzigen Könige von
Spanien wirklich begegnet ist. Neben jenem alten Adel aber gab es einen
Militär- und Beamtencidcl, Edle und Ritter, deren Stammbaum auf irgend¬
einen General oder Hofrat mit „langjährigen treuen Diensten" zurückführte.
Grenzboten III. 1884. SS
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |