Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.Johannes Brahms. Gesangkomposition besitzt keine vollem und packender" Bilder des Humors in Mit Recht ist wiederholt auf den feinen literarischen Geschmack aufmerksam Unter die Duette von Brahms kann man auch ox. 84 rechnen. Es sind Wir schließen dieser Gruppe noch zwei Sammlungen von Solvquartctten Derselben Gattung des Soloqnartetts mit Klavierbegleitung gehören auch Johannes Brahms. Gesangkomposition besitzt keine vollem und packender» Bilder des Humors in Mit Recht ist wiederholt auf den feinen literarischen Geschmack aufmerksam Unter die Duette von Brahms kann man auch ox. 84 rechnen. Es sind Wir schließen dieser Gruppe noch zwei Sammlungen von Solvquartctten Derselben Gattung des Soloqnartetts mit Klavierbegleitung gehören auch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0186" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/156457"/> <fw type="header" place="top"> Johannes Brahms.</fw><lb/> <p xml:id="ID_747" prev="#ID_746"> Gesangkomposition besitzt keine vollem und packender» Bilder des Humors in<lb/> allen seinen Spielarten, von der Derbheit bis zur versteckten Schelmerei, als<lb/> wie sie uns Bruhns geboten hat. Wir verweisen hier nur kurz auf den „Schmied"<lb/> in ox. 19, auf das „Lied vom Herrn von Falkenstein," auf das Tambour¬<lb/> lied, das „Vergebliche Ständchen" und das Duett „Die beiden Schwestern."</p><lb/> <p xml:id="ID_748"> Mit Recht ist wiederholt auf den feinen literarischen Geschmack aufmerksam<lb/> gemacht worden, mit welchem Brahms seine Texte wählt. Solche Empfinde-<lb/> leien wie „Marie, am Fenster sitzest du," oder „Der Schiffer fährt zu Land,"<lb/> romantische Ungeheuerlichkeiten wie „Eingeschlafen auf der Mauer," schwülstig<lb/> schwache Poeteleien wie „Wehe dem Fliehenden" :c. findet man in den Gesang¬<lb/> heften von Brahms auch nicht einmal. Er verkehrt nur mit gesunden Poeten<lb/> und bevorzugt unter diesen etwas die Volksdichter, welche einfache Vorgänge<lb/> schildern, und die Elegiker. Hölty zählt unter seine Lieblinge. Ein gleicher Meister<lb/> über die zartesten Gefühle wie über die kräftige Heiterkeit, weicht er den senti¬<lb/> mentalen und süßlichen Poeten ebenso wie den renommistisch burschikosen prin¬<lb/> zipiell aus. Erstaunlich ist die Belesenheit, welche das Register seiner Poeten<lb/> offenbart. Es sind von ihm Namen ans Licht gebracht worden, die selbst in<lb/> den literarischen Fachkreisen wenig bekannt waren. Ich nenne nur Wenzig,<lb/> Lemcke, Candidus.</p><lb/> <p xml:id="ID_749"> Unter die Duette von Brahms kann man auch ox. 84 rechnen. Es sind<lb/> Gesänge, in denen zwei Personen wechseln, sie können aber von einer Stimme<lb/> gesungen werden. Einzelnummern von solcher Mischnatur kommen mich in<lb/> frühern Heften vor. Diesen primitiven, aber dramatisch wirksamen Formen des<lb/> Duettirens stehen andre von kunstvollster Anlage gegenüber, wie „Ans der Erde<lb/> quellen" in ox. 66. Gerade unter den Duetten finden sich manche Pracht-<lb/> nummern feinen Humors. Aus den letzten Heften erwähnen wir das Jägerlied<lb/> und „Hüt du dich" (im letztern steckt das Klavier voll Schelmerei), aus op. 66,<lb/> aus ox. 75 „Guten Rat" und „Laß uns wandern." 0x. 84 gehört ganz in<lb/> diese Kategorie. Das in diesem enthaltene und mit einem Schlage populär<lb/> gewordene „Vergebliche Ständchen" gehört unsrer Ansicht nach nicht in den<lb/> Konzertsaal.</p><lb/> <p xml:id="ID_750"> Wir schließen dieser Gruppe noch zwei Sammlungen von Solvquartctten<lb/> mit Pianvfvrtebcgleitung an: ox. 31 und ox>. 64. Auch in ihnen ist dieselbe<lb/> Mannichfaltigkeit der Gestaltung zu bemerken, die uns in den Duetten und<lb/> Einzelgesängen entgegentritt. Durch poetischen Gehalt ragen unter den sechs<lb/> Nummern hervor: „Der Gang zum Liebchen," „Der Abend" und „An die<lb/> Heimat." Es ist nicht zu beschreiben, was das einfache Wort „Heimat" in den<lb/> schlichten Einsatztönen dieser Stimmen hingerufen für eine Wirkung macht.</p><lb/> <p xml:id="ID_751" next="#ID_752"> Derselben Gattung des Soloqnartetts mit Klavierbegleitung gehören auch<lb/> die berühmten „Liebesliederwalzer" an, nur besteht das Akkompaguemeut aus<lb/> wirklichen, durchgeführten, natürlich ein wenig idealisirten Walzern (für vier</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0186]
Johannes Brahms.
Gesangkomposition besitzt keine vollem und packender» Bilder des Humors in
allen seinen Spielarten, von der Derbheit bis zur versteckten Schelmerei, als
wie sie uns Bruhns geboten hat. Wir verweisen hier nur kurz auf den „Schmied"
in ox. 19, auf das „Lied vom Herrn von Falkenstein," auf das Tambour¬
lied, das „Vergebliche Ständchen" und das Duett „Die beiden Schwestern."
Mit Recht ist wiederholt auf den feinen literarischen Geschmack aufmerksam
gemacht worden, mit welchem Brahms seine Texte wählt. Solche Empfinde-
leien wie „Marie, am Fenster sitzest du," oder „Der Schiffer fährt zu Land,"
romantische Ungeheuerlichkeiten wie „Eingeschlafen auf der Mauer," schwülstig
schwache Poeteleien wie „Wehe dem Fliehenden" :c. findet man in den Gesang¬
heften von Brahms auch nicht einmal. Er verkehrt nur mit gesunden Poeten
und bevorzugt unter diesen etwas die Volksdichter, welche einfache Vorgänge
schildern, und die Elegiker. Hölty zählt unter seine Lieblinge. Ein gleicher Meister
über die zartesten Gefühle wie über die kräftige Heiterkeit, weicht er den senti¬
mentalen und süßlichen Poeten ebenso wie den renommistisch burschikosen prin¬
zipiell aus. Erstaunlich ist die Belesenheit, welche das Register seiner Poeten
offenbart. Es sind von ihm Namen ans Licht gebracht worden, die selbst in
den literarischen Fachkreisen wenig bekannt waren. Ich nenne nur Wenzig,
Lemcke, Candidus.
Unter die Duette von Brahms kann man auch ox. 84 rechnen. Es sind
Gesänge, in denen zwei Personen wechseln, sie können aber von einer Stimme
gesungen werden. Einzelnummern von solcher Mischnatur kommen mich in
frühern Heften vor. Diesen primitiven, aber dramatisch wirksamen Formen des
Duettirens stehen andre von kunstvollster Anlage gegenüber, wie „Ans der Erde
quellen" in ox. 66. Gerade unter den Duetten finden sich manche Pracht-
nummern feinen Humors. Aus den letzten Heften erwähnen wir das Jägerlied
und „Hüt du dich" (im letztern steckt das Klavier voll Schelmerei), aus op. 66,
aus ox. 75 „Guten Rat" und „Laß uns wandern." 0x. 84 gehört ganz in
diese Kategorie. Das in diesem enthaltene und mit einem Schlage populär
gewordene „Vergebliche Ständchen" gehört unsrer Ansicht nach nicht in den
Konzertsaal.
Wir schließen dieser Gruppe noch zwei Sammlungen von Solvquartctten
mit Pianvfvrtebcgleitung an: ox. 31 und ox>. 64. Auch in ihnen ist dieselbe
Mannichfaltigkeit der Gestaltung zu bemerken, die uns in den Duetten und
Einzelgesängen entgegentritt. Durch poetischen Gehalt ragen unter den sechs
Nummern hervor: „Der Gang zum Liebchen," „Der Abend" und „An die
Heimat." Es ist nicht zu beschreiben, was das einfache Wort „Heimat" in den
schlichten Einsatztönen dieser Stimmen hingerufen für eine Wirkung macht.
Derselben Gattung des Soloqnartetts mit Klavierbegleitung gehören auch
die berühmten „Liebesliederwalzer" an, nur besteht das Akkompaguemeut aus
wirklichen, durchgeführten, natürlich ein wenig idealisirten Walzern (für vier
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