Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.Der Wirtschaftsbetrieb des Staates. ihm in Konkurrenz trat. Sonderbarerweise haben aber öfters gerade solche, Nach dein Dargelegten wird jede gesunde Staatsverwaltung es als lei¬ Zur Beseitigung eines Mißverständnisses wollen wir gleich hier bemerken, Nachdem wir dies vorausgeschickt, wollen wir nun an der Hand derjenigen Grenzboten III. 1884. 2
Der Wirtschaftsbetrieb des Staates. ihm in Konkurrenz trat. Sonderbarerweise haben aber öfters gerade solche, Nach dein Dargelegten wird jede gesunde Staatsverwaltung es als lei¬ Zur Beseitigung eines Mißverständnisses wollen wir gleich hier bemerken, Nachdem wir dies vorausgeschickt, wollen wir nun an der Hand derjenigen Grenzboten III. 1884. 2
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Der Wirtschaftsbetrieb des Staates.
ihm in Konkurrenz trat. Sonderbarerweise haben aber öfters gerade solche,
welche am lautesten gegen jede Unterdrückung durch den Staat eifern, für das
Verletzende einer solchen Unterdrückung durch eine Aktiengesellschaft keinen
Sinn.
Nach dein Dargelegten wird jede gesunde Staatsverwaltung es als lei¬
tenden Grundsatz anerkennen und festhalten, daß der Staat den Wirtschafts-
bctrieb im großen Ganzen seinen Angehörigen frei überlassen soll. Wie aber
überhaupt in menschlichen Dingen Grundsätze nicht leicht aufgestellt werdeu können,
welche ohne Schaden einer ausnahmslosen Durchführung sähig wären, so auch
hier. Es giebt Verhältnisse, wo der Staat im Interesse der von ihm vertre¬
tenen bürgerlichen Gesellschaft durchaus berechtigt ist, in den Wirtschaftsbetrieb
einzugreifen und nach Befinden einen solchen selbst in die Hand zu nehmen.
Eine Menge Verhältnisse dieser Art sehen wir täglich vor unsern Augen. Nie¬
mand bestreitet ihre Berechtigung. Wenn dem aber so ist, so kann man auch
nicht vom Standpunkte eines abstrakten Prinzips aus dem Staate auf diesem
Gebiete eine absolute Grenze ziehen wollen. Man mag im einzelnen Falle über
die Frage streiten. Aber jeden Wirtschaftsbetrieb des Staates von vornherein
als unberechtigt hinzustellen, dazu eignet sich die Sache nicht.
Zur Beseitigung eines Mißverständnisses wollen wir gleich hier bemerken,
daß in der hier fraglichen Beziehung der Staat nicht etwa im Gegensatz zu
Provinz und Gemeinde gedacht ist. Auch diese sind Verbände, welche öffent¬
liche Interessen zu vertreten haben, und auch bei ihnen kann es sich daher
fragen, ob und inwieweit sie in den Wirtschaftsbetrieb einzugreifen den Beruf
haben. Auch bei ihnen wird man der Regel nach diesem Beruf verneinen müssen,
unter Umständen ihn aber auch bejahen dürfen. Alle drei, Staat, Provinz und
Gemeinde, stehen im Gegensatz zu den Privaten, einschließlich der Aktiengesell¬
schaften. Denn auch die letztern vertrete» uicht öffentliche Interessen, sondern
das Privatinteresse ihrer Aktionäre. Dasjenige, was wir für den Staat in
Anspruch nehmen, nehmen wir daher auch für Provinz und Gemeinde in An¬
spruch. Nur ausnahmsweise kann es sich darum handeln, daß mit seinen An¬
sprüchen auf Wirtschaftsbetrieb der Staat auch der Provinz und der Gemeinde,
ja daß vielleicht auch das Reich den einzelnen Staaten gegenübertritt. In
Fällen dieser Art handelt es sich aber nicht um den Gegensatz von öffentlichen
und Privatinteressen, sondern von allgemeineren und enger begrenzten öffent¬
lichen Interessen.
Nachdem wir dies vorausgeschickt, wollen wir nun an der Hand derjenigen
Verhältnisse, in welchen der Staat bereits bisher an dem Wirtschaftsbetriebe
sich beteiligt hat, über den Beruf des Staates hierzu überhaupt Klarheit zu
gewinnen suchen. Man wird uns keinen Vorwurf daraus machen, wenn wir
hierbei vorzugsweise die Verhältnisse des größten deutschen Staates ins Auge
fassen.
Grenzboten III. 1884. 2
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