Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.Der Lisztunfug in Weimar, land" (Ende März oder Anfang April) unter Herings- und Eiercmpreisnngen
Noch herziger aber sind die Reimlein, die ein Mann des Volkes dem Deutschen
Wer wagt da noch zu bestreiten, daß Goethes und Schillers Manen nach Geradezu himmelschreiend führen sich Liszts Schüler auf, und zwar ist Der Lisztunfug in Weimar, land" (Ende März oder Anfang April) unter Herings- und Eiercmpreisnngen
Noch herziger aber sind die Reimlein, die ein Mann des Volkes dem Deutschen
Wer wagt da noch zu bestreiten, daß Goethes und Schillers Manen nach Geradezu himmelschreiend führen sich Liszts Schüler auf, und zwar ist <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0102" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/156373"/> <fw type="header" place="top"> Der Lisztunfug in Weimar,</fw><lb/> <p xml:id="ID_317" prev="#ID_316"> land" (Ende März oder Anfang April) unter Herings- und Eiercmpreisnngen<lb/> reizende Gedichtchen, welche in sinniger Weise dem Meister als dem Bringer<lb/> des Lenzes huldigten. Als „Er" seinen siebzigsten Geburtstag feierte, ließ ein<lb/> anonymer thüringischer Orpheus seine Harfe im redaktionellen Teile (!) fol¬<lb/> gendermaßen rauschen („Deutschland" 1882, Ur. 291, vom 22. Oktober):</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_1" type="poem"> <l> Gegrüßt, du lichter Tag, dem einst entsprossen —<lb/> Zum Herrscher auserseh'n im Reich der Kunst —<lb/> Der Gottgcsandtc, den des Himmels Gunst<lb/> Als leuchtend Vorbild gab den Zeitgenossen.</l> <l> Und muß nicht dankbar unsre Stadt Ihn ehren,<lb/> Da Er, auf den die Welt bewundernd blickt,<lb/> Durch seine hehren Thaten sie geschmückt,<lb/> Um so aufs neue Weimars Ruhm zu mehren?</l> <l> Im Schutz der Allmacht, die mit mildem Sinn<lb/> Pflegt ihrer Lieblinge Geschick zu leiten,<lb/> Schafs' Er der Kunst noch herrlichen Gewinn.</l> <l> Er möge manchen Sieg sich noch erstreiten<lb/> Und freundlich mögen Ihm auch fürderhin<lb/> Des Glückes Genien zur Seite schreiten!</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_318"> Noch herziger aber sind die Reimlein, die ein Mann des Volkes dem Deutschen<lb/> Musikfest als Gruß weihte („Deutschland" 1884, Ur. 141, vom 24. Mai).<lb/> Ich muß auch dieses Inserat — obschon es eigentlich nicht direkt hierher ge¬<lb/> hört — mit allen seinen Eigentümlichkeiten getreu hier wiedergeben. Der Ver-<lb/> fasser hatte auch seinen Namen mit veröffentlicht, den ich aber aus christlicher<lb/> Milde verschweige.</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_2" type="poem"> <head> Weimar!</head> <l> Unter deinen Fittigen neigen<lb/> Sich die „Größten" edler Kunst,<lb/> Unter deiner Bäume Zweigen<lb/> Wandern sie in Schutz und Gunst.<lb/> Preisen „Weimar" Ilm-Athen, dies schöne,<lb/> Deine Fürsten! auch dem Volk, der Musen Söhne. Es umfassen die gelehrten Männer<lb/> Im Triumphzug Weimars Künstlerschaar<lb/> Euch! die tonangebenden Bekenner<lb/> So wie heut' auch immerdar:<lb/> Füllen aus der (hio!) reinsten Quell die Krüge!<lb/> Hoch! „Weimar" dir! Glorreich sind deine Siege. </l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_319"> Wer wagt da noch zu bestreiten, daß Goethes und Schillers Manen nach<lb/> wie vor segnend über Weimar walten?</p><lb/> <p xml:id="ID_320" next="#ID_321"> Geradezu himmelschreiend führen sich Liszts Schüler auf, und zwar ist<lb/> dabei das schöne Geschlecht dem starken nocki um eine Pferdelänge voraus.<lb/> Vor allen Dingen spielen sie, trotz des polizeilichen Verbotes — das freilich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0102]
Der Lisztunfug in Weimar,
land" (Ende März oder Anfang April) unter Herings- und Eiercmpreisnngen
reizende Gedichtchen, welche in sinniger Weise dem Meister als dem Bringer
des Lenzes huldigten. Als „Er" seinen siebzigsten Geburtstag feierte, ließ ein
anonymer thüringischer Orpheus seine Harfe im redaktionellen Teile (!) fol¬
gendermaßen rauschen („Deutschland" 1882, Ur. 291, vom 22. Oktober):
Gegrüßt, du lichter Tag, dem einst entsprossen —
Zum Herrscher auserseh'n im Reich der Kunst —
Der Gottgcsandtc, den des Himmels Gunst
Als leuchtend Vorbild gab den Zeitgenossen. Und muß nicht dankbar unsre Stadt Ihn ehren,
Da Er, auf den die Welt bewundernd blickt,
Durch seine hehren Thaten sie geschmückt,
Um so aufs neue Weimars Ruhm zu mehren? Im Schutz der Allmacht, die mit mildem Sinn
Pflegt ihrer Lieblinge Geschick zu leiten,
Schafs' Er der Kunst noch herrlichen Gewinn. Er möge manchen Sieg sich noch erstreiten
Und freundlich mögen Ihm auch fürderhin
Des Glückes Genien zur Seite schreiten!
Noch herziger aber sind die Reimlein, die ein Mann des Volkes dem Deutschen
Musikfest als Gruß weihte („Deutschland" 1884, Ur. 141, vom 24. Mai).
Ich muß auch dieses Inserat — obschon es eigentlich nicht direkt hierher ge¬
hört — mit allen seinen Eigentümlichkeiten getreu hier wiedergeben. Der Ver-
fasser hatte auch seinen Namen mit veröffentlicht, den ich aber aus christlicher
Milde verschweige.
Weimar! Unter deinen Fittigen neigen
Sich die „Größten" edler Kunst,
Unter deiner Bäume Zweigen
Wandern sie in Schutz und Gunst.
Preisen „Weimar" Ilm-Athen, dies schöne,
Deine Fürsten! auch dem Volk, der Musen Söhne. Es umfassen die gelehrten Männer
Im Triumphzug Weimars Künstlerschaar
Euch! die tonangebenden Bekenner
So wie heut' auch immerdar:
Füllen aus der (hio!) reinsten Quell die Krüge!
Hoch! „Weimar" dir! Glorreich sind deine Siege.
Wer wagt da noch zu bestreiten, daß Goethes und Schillers Manen nach
wie vor segnend über Weimar walten?
Geradezu himmelschreiend führen sich Liszts Schüler auf, und zwar ist
dabei das schöne Geschlecht dem starken nocki um eine Pferdelänge voraus.
Vor allen Dingen spielen sie, trotz des polizeilichen Verbotes — das freilich
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