Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.?ör Lisztunfug in Weimar. sein, und werde darum auch keiner werden, aber trotzdem soll heute mein Thema, Gestatten Sie mir freundlichst, Ihnen darüber, obwohl ich kein Na^ist-zr Betrachten wir zunächst unsres verehrten Meisters Jugend. Hier bestätigten Wer hat des Dichters Worte: "Immer vorwärts schreite weiter, auch Wer ist je selbstloser, neidloser, "racheloscr" -- gestatten Sie dieses neu¬ Wenn der Dichter sagt: "In der Beschränkung zeigt sich der Meister! -- Wer hat ferner sein pädagogisches Genie je uneigennütziger bethä¬ Wer hat je einen treuerer "Fürstendiener, und was noch mehr ist: SMsnti We! Eine Blütenlese aus Gg.sehen Musikberichten brauche ich Unglücklicherweise ist dieser Lisztianer xa-r öxollöNLö nicht der einzige ?ör Lisztunfug in Weimar. sein, und werde darum auch keiner werden, aber trotzdem soll heute mein Thema, Gestatten Sie mir freundlichst, Ihnen darüber, obwohl ich kein Na^ist-zr Betrachten wir zunächst unsres verehrten Meisters Jugend. Hier bestätigten Wer hat des Dichters Worte: „Immer vorwärts schreite weiter, auch Wer ist je selbstloser, neidloser, „racheloscr" — gestatten Sie dieses neu¬ Wenn der Dichter sagt: „In der Beschränkung zeigt sich der Meister! — Wer hat ferner sein pädagogisches Genie je uneigennütziger bethä¬ Wer hat je einen treuerer „Fürstendiener, und was noch mehr ist: SMsnti We! Eine Blütenlese aus Gg.sehen Musikberichten brauche ich Unglücklicherweise ist dieser Lisztianer xa-r öxollöNLö nicht der einzige <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0101" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/156372"/> <fw type="header" place="top"> ?ör Lisztunfug in Weimar.</fw><lb/> <p xml:id="ID_307" prev="#ID_306"> sein, und werde darum auch keiner werden, aber trotzdem soll heute mein Thema,<lb/> an Göthe anknüpfend, ein ähnlich klingendes sein, nämlich: Lißt, mehr Lißt!</p><lb/> <p xml:id="ID_308"> Gestatten Sie mir freundlichst, Ihnen darüber, obwohl ich kein Na^ist-zr<lb/> loxsus oder voetor xnilosoxdi».s bin, eine kleine Vorlesung zu halten, worin ich<lb/> mit ziemlich logischer Schärfe — ist doch hier an dieser geweihten Stätte der<lb/> Lehrstuhl der Logik immer trefflichst besetzt gewesen — nachweisen werde, daß<lb/> meine „drei Worte" eines guten Glaubens und Wissens mehr sind als leerer<lb/> Schall.</p><lb/> <p xml:id="ID_309"> Betrachten wir zunächst unsres verehrten Meisters Jugend. Hier bestätigten<lb/> sich des Dichters Worte: „Er lernte fleißig, wuchs so schnell heran, auf ge¬<lb/> radem Weg zum Himmel" (der Kunst). Ja, riesenhafter Fleiß hat den Meister<lb/> durchs ganze Leben geleitet. Wenn ein alter Weltweiser sagt: „Kein Tag ohne<lb/> Linie, so heißt's bei Dr. Franz Lißt, der doch wohl auch zu den musika-<lb/> kalischen Weltweisen gerechnet werden muß: „Kein Tag ohne Noten!"<lb/> und was noch mehr sei: „Kein Tag ohne — Edelthat!" Daher aller strebenden<lb/> Jugend Weckruf ist — Heut und immer — Lißt, mehr Lißt!----</p><lb/> <p xml:id="ID_310"> Wer hat des Dichters Worte: „Immer vorwärts schreite weiter, auch<lb/> beim schwersten steh nicht still!" — lebenslang bethätigt, so daß Er der<lb/> personificirte Fortschritt ist? Auch hier fordert der „sausende Webstuhl der<lb/> Zeit": Lißt, mehr Lißt!</p><lb/> <p xml:id="ID_311"> Wer ist je selbstloser, neidloser, „racheloscr" — gestatten Sie dieses neu¬<lb/> deutsche Wort — und toleranter gegen Andersdenkende und Neider gewesen, denn<lb/> eigentliche Feinde hat er wohl kaum gehabt, als unser wohledler Meister, von<lb/> dem des Dichters Wort gilt: „Es ist kein größerer Ruhm, als Schmach und Tadel<lb/> dulden; doch nur durch bösen Neid, nicht wegen böser Schulden!" Wie es hier<lb/> heißen wird zu aller Frist, deß sind wir sicher: Lißt, mehr Lißt!"</p><lb/> <p xml:id="ID_312"> Wenn der Dichter sagt: „In der Beschränkung zeigt sich der Meister! —<lb/> so gilt das auch von „unserem" Meister. Von der Sonnenhöhe eines Alles über¬<lb/> ragenden Virtuosentums stieg Er herab in die bescheidne Werkstatt des schaffenden<lb/> Tondichters, seine erhabenen Ideen in einer stattlichen Reihe großartiger Schöpfungen<lb/> aussprechend. Ja solche „Oekonomie" resp. Einschränkung gar selten ist, der Wahl¬<lb/> spruch heißt wiederum: Lißt, mehr Lißt!</p><lb/> <p xml:id="ID_313"> Wer hat ferner sein pädagogisches Genie je uneigennütziger bethä¬<lb/> tigt, als der genialste aller musikalischen „Schulmeister"? Nie werde das schöne<lb/> Wort vermißt, — von Lehrern und Schülern: Lißt, mehr Lißt!<lb/> "</p><lb/> <p xml:id="ID_314"> Wer hat je einen treuerer „Fürstendiener, und was noch mehr ist:<lb/> „Fürstlichen Künstler" gesehen als unsern Meister, von dem unsres edlen Schillers<lb/> Worte gelten: „Der Dichter soll und darf mit dem Könige (Fürsten) gehen?"<lb/> Wer hat redlichst ausgehalten, selbst als Neid, Bosheit und Kabalen, und wie dies<lb/> ekle Gewürm weiter heißt, seine Treue erschüttern wollten, wer war auch da „ein<lb/> guter Christ?" Auch hier wird's heißen: Lißt, mehr Lißt!----<lb/> Ja heute unser Aller Parole ist: Lißt für immer! — Lißt, mehr Lißt!</p><lb/> <p xml:id="ID_315"> SMsnti We! Eine Blütenlese aus Gg.sehen Musikberichten brauche ich<lb/> nach dieser Probe wohl nicht erst noch aufzutischen.</p><lb/> <p xml:id="ID_316" next="#ID_317"> Unglücklicherweise ist dieser Lisztianer xa-r öxollöNLö nicht der einzige<lb/> seines Schlages. Nein, er hat sogar Nebenbuhler, die mit ihrer Poesie seine<lb/> schlichte Prosa übertrumpfen wollen. Da erschienen vor kurzem im „Deutsch-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0101]
?ör Lisztunfug in Weimar.
sein, und werde darum auch keiner werden, aber trotzdem soll heute mein Thema,
an Göthe anknüpfend, ein ähnlich klingendes sein, nämlich: Lißt, mehr Lißt!
Gestatten Sie mir freundlichst, Ihnen darüber, obwohl ich kein Na^ist-zr
loxsus oder voetor xnilosoxdi».s bin, eine kleine Vorlesung zu halten, worin ich
mit ziemlich logischer Schärfe — ist doch hier an dieser geweihten Stätte der
Lehrstuhl der Logik immer trefflichst besetzt gewesen — nachweisen werde, daß
meine „drei Worte" eines guten Glaubens und Wissens mehr sind als leerer
Schall.
Betrachten wir zunächst unsres verehrten Meisters Jugend. Hier bestätigten
sich des Dichters Worte: „Er lernte fleißig, wuchs so schnell heran, auf ge¬
radem Weg zum Himmel" (der Kunst). Ja, riesenhafter Fleiß hat den Meister
durchs ganze Leben geleitet. Wenn ein alter Weltweiser sagt: „Kein Tag ohne
Linie, so heißt's bei Dr. Franz Lißt, der doch wohl auch zu den musika-
kalischen Weltweisen gerechnet werden muß: „Kein Tag ohne Noten!"
und was noch mehr sei: „Kein Tag ohne — Edelthat!" Daher aller strebenden
Jugend Weckruf ist — Heut und immer — Lißt, mehr Lißt!----
Wer hat des Dichters Worte: „Immer vorwärts schreite weiter, auch
beim schwersten steh nicht still!" — lebenslang bethätigt, so daß Er der
personificirte Fortschritt ist? Auch hier fordert der „sausende Webstuhl der
Zeit": Lißt, mehr Lißt!
Wer ist je selbstloser, neidloser, „racheloscr" — gestatten Sie dieses neu¬
deutsche Wort — und toleranter gegen Andersdenkende und Neider gewesen, denn
eigentliche Feinde hat er wohl kaum gehabt, als unser wohledler Meister, von
dem des Dichters Wort gilt: „Es ist kein größerer Ruhm, als Schmach und Tadel
dulden; doch nur durch bösen Neid, nicht wegen böser Schulden!" Wie es hier
heißen wird zu aller Frist, deß sind wir sicher: Lißt, mehr Lißt!"
Wenn der Dichter sagt: „In der Beschränkung zeigt sich der Meister! —
so gilt das auch von „unserem" Meister. Von der Sonnenhöhe eines Alles über¬
ragenden Virtuosentums stieg Er herab in die bescheidne Werkstatt des schaffenden
Tondichters, seine erhabenen Ideen in einer stattlichen Reihe großartiger Schöpfungen
aussprechend. Ja solche „Oekonomie" resp. Einschränkung gar selten ist, der Wahl¬
spruch heißt wiederum: Lißt, mehr Lißt!
Wer hat ferner sein pädagogisches Genie je uneigennütziger bethä¬
tigt, als der genialste aller musikalischen „Schulmeister"? Nie werde das schöne
Wort vermißt, — von Lehrern und Schülern: Lißt, mehr Lißt!
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Wer hat je einen treuerer „Fürstendiener, und was noch mehr ist:
„Fürstlichen Künstler" gesehen als unsern Meister, von dem unsres edlen Schillers
Worte gelten: „Der Dichter soll und darf mit dem Könige (Fürsten) gehen?"
Wer hat redlichst ausgehalten, selbst als Neid, Bosheit und Kabalen, und wie dies
ekle Gewürm weiter heißt, seine Treue erschüttern wollten, wer war auch da „ein
guter Christ?" Auch hier wird's heißen: Lißt, mehr Lißt!----
Ja heute unser Aller Parole ist: Lißt für immer! — Lißt, mehr Lißt!
SMsnti We! Eine Blütenlese aus Gg.sehen Musikberichten brauche ich
nach dieser Probe wohl nicht erst noch aufzutischen.
Unglücklicherweise ist dieser Lisztianer xa-r öxollöNLö nicht der einzige
seines Schlages. Nein, er hat sogar Nebenbuhler, die mit ihrer Poesie seine
schlichte Prosa übertrumpfen wollen. Da erschienen vor kurzem im „Deutsch-
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