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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

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Das Volk in Waffen.

auf die Leistungen der Heere gehabt, doch steht die Tüchtigkeit der Truppe"
jetzt mit der Tüchtigkeit der Führer in engerer Verbindung als ehedem. Gute
Armeen und gute Führung können im allgemeinen als etwas unzertrennliches
angesehen werden. Der Feldherr muß eine Anzahl hervorragender Charakterzüge
besitzen, und es stellt sich heraus, daß zahlreiche große menschliche Eigenschaften
zugleich die großen militärischen Eigenschaften ausmachen. Wir lernen ferner
die Zusammensetzung und Wirksamkeit der Hauptquartiere und Kommandobe¬
hörden kennen, und gerade an dieser Stelle gewinnt der Laie einen Einblick in
das vielgestaltige Räderwerk einer heutigen Armee. Chef des Gcneralstabes,
Generalquartiermeister, Generalstab, Adjutanten, Ordonnanzoffiziere, Komman¬
dant des Hauptquartieres sind alles in ihrer Art sehr wichtige Persönlichkeiten,
und man nennt sie oft genug, ohne immer eine klare Vorstellung von ihrer
Thätigkeit zu haben. Hieran schließt sich das interessante Kapitel über die
Methode der richtigen Befehlsführung im Kriege und die zahlreichen Schwierig¬
keiten und Hindernisse, die der Befehlende zu überwinden hat.

Den Bedingungen des Erfolges im Kriege ist der dritte Hauptab¬
schnitt gewidmet. Die Ursachen der Kriege sind politischer Natur, und wenn
Kriege nur noch großer politischer Interessen halber möglich sind, so steht mit
der Politik die Kriegführung in engstem Zusammenhang. Ohne gesunde, kräftige
Politik ist eine glückliche Kriegführung nicht wahrscheinlich, und Feldherr und
leitender Staatsmann sollten sich klar sein, daß der Krieg der Politik unter
allen Umständen am besten und völliger Niederwerfung des Feindes dient. Zu
den moralischen Vorbedingungen des Erfolges zählen eine nationale Kampfweise, eine
gute innere Disposition des Heeres, der Wille zu siegen beim Feldherrn wie
bei der Truppe, zu den materiellen Reichtum des Staates, möglichst numerische
Überlegenheit auf dem Schlachtfelde, gute Bewaffnung und in geringerem Grade
die Wahl der Gefechtsformen.

Die beiden Hauptmomente, aus denen Krieg und Kriegführung sich zusammen¬
setzen, Bewegung und Kampf, bilden den Inhalt des folgenden Abschnittes.
Selbstverständlich ist ihnen der größte Raum gewidmet, in der That mehr als
die Hälfte des ganzen Buches, und doch ist gerade hier die Masse des ver¬
arbeiteten Stoffes so bedeutend gewesen, daß es schwer, wenn nicht zur Un¬
möglichkeit wird, auch nur die wichtigsten Thatsachen und Schlußfolgerungen
auszugsweise im Zusammenhange wiederzugeben. Der Leser wird sich über¬
zeugen, daß die Kampfweise von 1870 für die Zukunft nicht mehr unbedingt
maßgebend ist, und verstehen lernen, daß große Erfolge im nächsten Kriege viel
schwieriger sein werden. Denn wir werden die Welt nicht zum drittenmale
mit den früher nicht erkannten Vorzügen unsers Heerwesens überraschen, und
unsre letzten Gegner haben durch wohldurchdachte und kunstreiche Anlage eines
Befestigungsgürtels die hartnäckigste Verteidigung zweckmäßig vorbereitet. Der
Zukunftskrieg wird daher zeitweise gewiß einen schleppenden Gang annehmen.


Das Volk in Waffen.

auf die Leistungen der Heere gehabt, doch steht die Tüchtigkeit der Truppe»
jetzt mit der Tüchtigkeit der Führer in engerer Verbindung als ehedem. Gute
Armeen und gute Führung können im allgemeinen als etwas unzertrennliches
angesehen werden. Der Feldherr muß eine Anzahl hervorragender Charakterzüge
besitzen, und es stellt sich heraus, daß zahlreiche große menschliche Eigenschaften
zugleich die großen militärischen Eigenschaften ausmachen. Wir lernen ferner
die Zusammensetzung und Wirksamkeit der Hauptquartiere und Kommandobe¬
hörden kennen, und gerade an dieser Stelle gewinnt der Laie einen Einblick in
das vielgestaltige Räderwerk einer heutigen Armee. Chef des Gcneralstabes,
Generalquartiermeister, Generalstab, Adjutanten, Ordonnanzoffiziere, Komman¬
dant des Hauptquartieres sind alles in ihrer Art sehr wichtige Persönlichkeiten,
und man nennt sie oft genug, ohne immer eine klare Vorstellung von ihrer
Thätigkeit zu haben. Hieran schließt sich das interessante Kapitel über die
Methode der richtigen Befehlsführung im Kriege und die zahlreichen Schwierig¬
keiten und Hindernisse, die der Befehlende zu überwinden hat.

Den Bedingungen des Erfolges im Kriege ist der dritte Hauptab¬
schnitt gewidmet. Die Ursachen der Kriege sind politischer Natur, und wenn
Kriege nur noch großer politischer Interessen halber möglich sind, so steht mit
der Politik die Kriegführung in engstem Zusammenhang. Ohne gesunde, kräftige
Politik ist eine glückliche Kriegführung nicht wahrscheinlich, und Feldherr und
leitender Staatsmann sollten sich klar sein, daß der Krieg der Politik unter
allen Umständen am besten und völliger Niederwerfung des Feindes dient. Zu
den moralischen Vorbedingungen des Erfolges zählen eine nationale Kampfweise, eine
gute innere Disposition des Heeres, der Wille zu siegen beim Feldherrn wie
bei der Truppe, zu den materiellen Reichtum des Staates, möglichst numerische
Überlegenheit auf dem Schlachtfelde, gute Bewaffnung und in geringerem Grade
die Wahl der Gefechtsformen.

Die beiden Hauptmomente, aus denen Krieg und Kriegführung sich zusammen¬
setzen, Bewegung und Kampf, bilden den Inhalt des folgenden Abschnittes.
Selbstverständlich ist ihnen der größte Raum gewidmet, in der That mehr als
die Hälfte des ganzen Buches, und doch ist gerade hier die Masse des ver¬
arbeiteten Stoffes so bedeutend gewesen, daß es schwer, wenn nicht zur Un¬
möglichkeit wird, auch nur die wichtigsten Thatsachen und Schlußfolgerungen
auszugsweise im Zusammenhange wiederzugeben. Der Leser wird sich über¬
zeugen, daß die Kampfweise von 1870 für die Zukunft nicht mehr unbedingt
maßgebend ist, und verstehen lernen, daß große Erfolge im nächsten Kriege viel
schwieriger sein werden. Denn wir werden die Welt nicht zum drittenmale
mit den früher nicht erkannten Vorzügen unsers Heerwesens überraschen, und
unsre letzten Gegner haben durch wohldurchdachte und kunstreiche Anlage eines
Befestigungsgürtels die hartnäckigste Verteidigung zweckmäßig vorbereitet. Der
Zukunftskrieg wird daher zeitweise gewiß einen schleppenden Gang annehmen.


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[0441] Das Volk in Waffen. auf die Leistungen der Heere gehabt, doch steht die Tüchtigkeit der Truppe» jetzt mit der Tüchtigkeit der Führer in engerer Verbindung als ehedem. Gute Armeen und gute Führung können im allgemeinen als etwas unzertrennliches angesehen werden. Der Feldherr muß eine Anzahl hervorragender Charakterzüge besitzen, und es stellt sich heraus, daß zahlreiche große menschliche Eigenschaften zugleich die großen militärischen Eigenschaften ausmachen. Wir lernen ferner die Zusammensetzung und Wirksamkeit der Hauptquartiere und Kommandobe¬ hörden kennen, und gerade an dieser Stelle gewinnt der Laie einen Einblick in das vielgestaltige Räderwerk einer heutigen Armee. Chef des Gcneralstabes, Generalquartiermeister, Generalstab, Adjutanten, Ordonnanzoffiziere, Komman¬ dant des Hauptquartieres sind alles in ihrer Art sehr wichtige Persönlichkeiten, und man nennt sie oft genug, ohne immer eine klare Vorstellung von ihrer Thätigkeit zu haben. Hieran schließt sich das interessante Kapitel über die Methode der richtigen Befehlsführung im Kriege und die zahlreichen Schwierig¬ keiten und Hindernisse, die der Befehlende zu überwinden hat. Den Bedingungen des Erfolges im Kriege ist der dritte Hauptab¬ schnitt gewidmet. Die Ursachen der Kriege sind politischer Natur, und wenn Kriege nur noch großer politischer Interessen halber möglich sind, so steht mit der Politik die Kriegführung in engstem Zusammenhang. Ohne gesunde, kräftige Politik ist eine glückliche Kriegführung nicht wahrscheinlich, und Feldherr und leitender Staatsmann sollten sich klar sein, daß der Krieg der Politik unter allen Umständen am besten und völliger Niederwerfung des Feindes dient. Zu den moralischen Vorbedingungen des Erfolges zählen eine nationale Kampfweise, eine gute innere Disposition des Heeres, der Wille zu siegen beim Feldherrn wie bei der Truppe, zu den materiellen Reichtum des Staates, möglichst numerische Überlegenheit auf dem Schlachtfelde, gute Bewaffnung und in geringerem Grade die Wahl der Gefechtsformen. Die beiden Hauptmomente, aus denen Krieg und Kriegführung sich zusammen¬ setzen, Bewegung und Kampf, bilden den Inhalt des folgenden Abschnittes. Selbstverständlich ist ihnen der größte Raum gewidmet, in der That mehr als die Hälfte des ganzen Buches, und doch ist gerade hier die Masse des ver¬ arbeiteten Stoffes so bedeutend gewesen, daß es schwer, wenn nicht zur Un¬ möglichkeit wird, auch nur die wichtigsten Thatsachen und Schlußfolgerungen auszugsweise im Zusammenhange wiederzugeben. Der Leser wird sich über¬ zeugen, daß die Kampfweise von 1870 für die Zukunft nicht mehr unbedingt maßgebend ist, und verstehen lernen, daß große Erfolge im nächsten Kriege viel schwieriger sein werden. Denn wir werden die Welt nicht zum drittenmale mit den früher nicht erkannten Vorzügen unsers Heerwesens überraschen, und unsre letzten Gegner haben durch wohldurchdachte und kunstreiche Anlage eines Befestigungsgürtels die hartnäckigste Verteidigung zweckmäßig vorbereitet. Der Zukunftskrieg wird daher zeitweise gewiß einen schleppenden Gang annehmen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/441>, abgerufen am 28.07.2024.