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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

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Notizen.

Man läßt den Tisch "zu zehuKouvcrts decken," also zu zehn Gedecken decken! Das
ist des Guten doch zuviel. Es wird "Brillantglanzstärke," also Glanzglanzstärke, zum
Kauf nugepricsen. Der Herr "Geheimsckrctär" -- also der geheime Geheimschreiber --
läßt ein Schriftstück für das "allgemeine Publikum" -- also das allgemeine Allge¬
meine -- "öffentlich publiziren" -- also öffentlich veröffentlichen. Was sich mit den
Fremdwörtern, freilich ohne viel dabei zu denken, noch leidlich hören und lesen ließ,
das wird verdeutscht zum reinsten Blödsinn. Wie oft ist nicht schon von "vitalen
Lebensinteressen" geredet worden, also von Lcbenslcbeusinteresseu. Vermutlich meinte
man die obersten, wesentlichsten Lebensinteressen und verwechselte essential mit vital.
Nötig wäre freilich weder das eine noch das andere gewesen. In der National¬
zeitung kam "Grcnzlimitation," also Grenzbegrenznng, "Blütenflor," also Blütcnblüte,
"geplantes Projekt," also geplanter Plan, vor. Noch ganz unlängst erzählte sie von
"Vogel-Volieren." Als ob es auch Vogelhäuser für Tiger oder Nilpferde gäbe!
In Wien liest man auf den Straßenschildern der Ringstraße "Geh-Allee," womit
der Fuß- oder Gehweg im Gegensatze zum Fahrwege bezeichnet werden soll. Geh-
Allee -- es ist sonderbar! Weiß ferner der geehrte Leser eigentlich, was ein Ko¬
telette ist? Dieses Wort kommt vom lateinischen oosta,, die Rippe, her und be¬
deutet eine einzelne gebratene Rippe meist vom Kalb, Lamm oder Schwein; man
könnte also deutsch sagen: Kalbsrippe, Hammelsrippchen, Bratrippchen oder etwas
ähnliches. Aber man sagt auch "Rippen-Kotelette," ohne zu bedenken, daß man
Rippen doch nicht gut aus dem Schulterblatte oder der Keule schneiden kann.
Wem es nach einem solchen "Rippen-Kotelette," also einem Rippenrippchen, gelüstet,
der gehe nach Karlsbad, Marienbad oder sonstwohin in Österreich. In einem
Vortrage hörte ich vor kurzem von "Säulcnkolounaden" sprechen, also von Säulen-
säulcnstellungen, und den "imposanten und bedeutenden Eindruck" eines Kirchen¬
gebäudes rühmen; der Redner hatte wohl nicht daran gedacht, daß "imponiren" schon
soviel sagt wie "einen bedeutenden Eindruck machen." In Hamburg machte ich
die Bekanntschaft mit "regelmäßigen Extrafahrten"; was "extra" ist, kann aber
nicht regelmäßig sein, denn das Regelmäßige ist eben nicht außerordentlich, man
hatte regelmäßige Sountngs- oder Vergnügungsfahrten im Sinne. Wie viele
tausend male wird von einem "solennen Festdincr" gesprochen, also einem festlichen
Festmahl. Von einer österreichischen Behörde erging neulich ein Schreiben "endlich
mit der Affäre zu finalisiren," also ein Ende zu machen, und der Stadtmagistrat
in Braunschweig rühmte in einem Ehrenbürgerbricfe die Verdienste des von ihm
ausgezeichneten Mannes "um das kommunale Gemeindewesen" dieser Stadt. Was
ist denn Gemeindewesen? was ist kommunal? Gemeindliches Gemeindewesen! "Herz¬
liche Kordialität," "gewählte Eleganz" und dergleichen mehr sproßt und wuchert
allerorten; auch der Ausdruck "im eventuellen Falle," d. h. im Falle des Falles,
ist nicht selten. Das Braunschweiger Tageblatt berichtete neulich von der Rück¬
reise des Kaisers ans Baden nach Berlin und erzählte dabei, daß "der Train des
kaiserlichen Extraznges" aus soundsoviel Wagen bestanden habe. Der Zug eines
Zuges! O Gedankenlosigkeit, o Eilfertigkeit! Die Magdeburgische Zeitung hatte
einmal eine "dekorative Ausschmückung," also eine zur Ausschmückung dienende
Ausschmückung erfunden. In der Gartenlaube erfreute sich jemand "beim Volke
großer Popularität," also beim Volke großer Volksgunst. Mehr kann man nicht
verlangen. Selbst Leute, die griechisch verstehen, quatschen von "nervöser Neuralgie"
und von "neuralgischen Schmerzen."

Wer mit aller Gewalt nicht davon lassen kann, fortwährend unnötige Fremd¬
wörter in den Mund zu nehmen oder in die Feder zu bringen, der sei wenigstens


Notizen.

Man läßt den Tisch „zu zehuKouvcrts decken," also zu zehn Gedecken decken! Das
ist des Guten doch zuviel. Es wird „Brillantglanzstärke," also Glanzglanzstärke, zum
Kauf nugepricsen. Der Herr „Geheimsckrctär" — also der geheime Geheimschreiber —
läßt ein Schriftstück für das „allgemeine Publikum" — also das allgemeine Allge¬
meine — „öffentlich publiziren" — also öffentlich veröffentlichen. Was sich mit den
Fremdwörtern, freilich ohne viel dabei zu denken, noch leidlich hören und lesen ließ,
das wird verdeutscht zum reinsten Blödsinn. Wie oft ist nicht schon von „vitalen
Lebensinteressen" geredet worden, also von Lcbenslcbeusinteresseu. Vermutlich meinte
man die obersten, wesentlichsten Lebensinteressen und verwechselte essential mit vital.
Nötig wäre freilich weder das eine noch das andere gewesen. In der National¬
zeitung kam „Grcnzlimitation," also Grenzbegrenznng, „Blütenflor," also Blütcnblüte,
„geplantes Projekt," also geplanter Plan, vor. Noch ganz unlängst erzählte sie von
„Vogel-Volieren." Als ob es auch Vogelhäuser für Tiger oder Nilpferde gäbe!
In Wien liest man auf den Straßenschildern der Ringstraße „Geh-Allee," womit
der Fuß- oder Gehweg im Gegensatze zum Fahrwege bezeichnet werden soll. Geh-
Allee — es ist sonderbar! Weiß ferner der geehrte Leser eigentlich, was ein Ko¬
telette ist? Dieses Wort kommt vom lateinischen oosta,, die Rippe, her und be¬
deutet eine einzelne gebratene Rippe meist vom Kalb, Lamm oder Schwein; man
könnte also deutsch sagen: Kalbsrippe, Hammelsrippchen, Bratrippchen oder etwas
ähnliches. Aber man sagt auch „Rippen-Kotelette," ohne zu bedenken, daß man
Rippen doch nicht gut aus dem Schulterblatte oder der Keule schneiden kann.
Wem es nach einem solchen „Rippen-Kotelette," also einem Rippenrippchen, gelüstet,
der gehe nach Karlsbad, Marienbad oder sonstwohin in Österreich. In einem
Vortrage hörte ich vor kurzem von „Säulcnkolounaden" sprechen, also von Säulen-
säulcnstellungen, und den „imposanten und bedeutenden Eindruck" eines Kirchen¬
gebäudes rühmen; der Redner hatte wohl nicht daran gedacht, daß „imponiren" schon
soviel sagt wie „einen bedeutenden Eindruck machen." In Hamburg machte ich
die Bekanntschaft mit „regelmäßigen Extrafahrten"; was „extra" ist, kann aber
nicht regelmäßig sein, denn das Regelmäßige ist eben nicht außerordentlich, man
hatte regelmäßige Sountngs- oder Vergnügungsfahrten im Sinne. Wie viele
tausend male wird von einem „solennen Festdincr" gesprochen, also einem festlichen
Festmahl. Von einer österreichischen Behörde erging neulich ein Schreiben „endlich
mit der Affäre zu finalisiren," also ein Ende zu machen, und der Stadtmagistrat
in Braunschweig rühmte in einem Ehrenbürgerbricfe die Verdienste des von ihm
ausgezeichneten Mannes „um das kommunale Gemeindewesen" dieser Stadt. Was
ist denn Gemeindewesen? was ist kommunal? Gemeindliches Gemeindewesen! „Herz¬
liche Kordialität," „gewählte Eleganz" und dergleichen mehr sproßt und wuchert
allerorten; auch der Ausdruck „im eventuellen Falle," d. h. im Falle des Falles,
ist nicht selten. Das Braunschweiger Tageblatt berichtete neulich von der Rück¬
reise des Kaisers ans Baden nach Berlin und erzählte dabei, daß „der Train des
kaiserlichen Extraznges" aus soundsoviel Wagen bestanden habe. Der Zug eines
Zuges! O Gedankenlosigkeit, o Eilfertigkeit! Die Magdeburgische Zeitung hatte
einmal eine „dekorative Ausschmückung," also eine zur Ausschmückung dienende
Ausschmückung erfunden. In der Gartenlaube erfreute sich jemand „beim Volke
großer Popularität," also beim Volke großer Volksgunst. Mehr kann man nicht
verlangen. Selbst Leute, die griechisch verstehen, quatschen von „nervöser Neuralgie"
und von „neuralgischen Schmerzen."

Wer mit aller Gewalt nicht davon lassen kann, fortwährend unnötige Fremd¬
wörter in den Mund zu nehmen oder in die Feder zu bringen, der sei wenigstens


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[0429] Notizen. Man läßt den Tisch „zu zehuKouvcrts decken," also zu zehn Gedecken decken! Das ist des Guten doch zuviel. Es wird „Brillantglanzstärke," also Glanzglanzstärke, zum Kauf nugepricsen. Der Herr „Geheimsckrctär" — also der geheime Geheimschreiber — läßt ein Schriftstück für das „allgemeine Publikum" — also das allgemeine Allge¬ meine — „öffentlich publiziren" — also öffentlich veröffentlichen. Was sich mit den Fremdwörtern, freilich ohne viel dabei zu denken, noch leidlich hören und lesen ließ, das wird verdeutscht zum reinsten Blödsinn. Wie oft ist nicht schon von „vitalen Lebensinteressen" geredet worden, also von Lcbenslcbeusinteresseu. Vermutlich meinte man die obersten, wesentlichsten Lebensinteressen und verwechselte essential mit vital. Nötig wäre freilich weder das eine noch das andere gewesen. In der National¬ zeitung kam „Grcnzlimitation," also Grenzbegrenznng, „Blütenflor," also Blütcnblüte, „geplantes Projekt," also geplanter Plan, vor. Noch ganz unlängst erzählte sie von „Vogel-Volieren." Als ob es auch Vogelhäuser für Tiger oder Nilpferde gäbe! In Wien liest man auf den Straßenschildern der Ringstraße „Geh-Allee," womit der Fuß- oder Gehweg im Gegensatze zum Fahrwege bezeichnet werden soll. Geh- Allee — es ist sonderbar! Weiß ferner der geehrte Leser eigentlich, was ein Ko¬ telette ist? Dieses Wort kommt vom lateinischen oosta,, die Rippe, her und be¬ deutet eine einzelne gebratene Rippe meist vom Kalb, Lamm oder Schwein; man könnte also deutsch sagen: Kalbsrippe, Hammelsrippchen, Bratrippchen oder etwas ähnliches. Aber man sagt auch „Rippen-Kotelette," ohne zu bedenken, daß man Rippen doch nicht gut aus dem Schulterblatte oder der Keule schneiden kann. Wem es nach einem solchen „Rippen-Kotelette," also einem Rippenrippchen, gelüstet, der gehe nach Karlsbad, Marienbad oder sonstwohin in Österreich. In einem Vortrage hörte ich vor kurzem von „Säulcnkolounaden" sprechen, also von Säulen- säulcnstellungen, und den „imposanten und bedeutenden Eindruck" eines Kirchen¬ gebäudes rühmen; der Redner hatte wohl nicht daran gedacht, daß „imponiren" schon soviel sagt wie „einen bedeutenden Eindruck machen." In Hamburg machte ich die Bekanntschaft mit „regelmäßigen Extrafahrten"; was „extra" ist, kann aber nicht regelmäßig sein, denn das Regelmäßige ist eben nicht außerordentlich, man hatte regelmäßige Sountngs- oder Vergnügungsfahrten im Sinne. Wie viele tausend male wird von einem „solennen Festdincr" gesprochen, also einem festlichen Festmahl. Von einer österreichischen Behörde erging neulich ein Schreiben „endlich mit der Affäre zu finalisiren," also ein Ende zu machen, und der Stadtmagistrat in Braunschweig rühmte in einem Ehrenbürgerbricfe die Verdienste des von ihm ausgezeichneten Mannes „um das kommunale Gemeindewesen" dieser Stadt. Was ist denn Gemeindewesen? was ist kommunal? Gemeindliches Gemeindewesen! „Herz¬ liche Kordialität," „gewählte Eleganz" und dergleichen mehr sproßt und wuchert allerorten; auch der Ausdruck „im eventuellen Falle," d. h. im Falle des Falles, ist nicht selten. Das Braunschweiger Tageblatt berichtete neulich von der Rück¬ reise des Kaisers ans Baden nach Berlin und erzählte dabei, daß „der Train des kaiserlichen Extraznges" aus soundsoviel Wagen bestanden habe. Der Zug eines Zuges! O Gedankenlosigkeit, o Eilfertigkeit! Die Magdeburgische Zeitung hatte einmal eine „dekorative Ausschmückung," also eine zur Ausschmückung dienende Ausschmückung erfunden. In der Gartenlaube erfreute sich jemand „beim Volke großer Popularität," also beim Volke großer Volksgunst. Mehr kann man nicht verlangen. Selbst Leute, die griechisch verstehen, quatschen von „nervöser Neuralgie" und von „neuralgischen Schmerzen." Wer mit aller Gewalt nicht davon lassen kann, fortwährend unnötige Fremd¬ wörter in den Mund zu nehmen oder in die Feder zu bringen, der sei wenigstens

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/429>, abgerufen am 27.07.2024.