Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.Francesca von Rimini. Aus Bologna. "Sag, wo find' ich, Cameriere,Deutsche Studien. Wohl die Schönen von Bologna, Denn zu Gottes größrer Ehre Neben' ich, daß sie schön sind, an. Hier, wo Kardinalslegaten Einst das krumme Szepter führten, Wo Abbaten und Prälaten In der Stadt einherstolzirten, Wo viel eifrige Juristen, Des Wursius Säle füllten Und, indem sie Mädchen küßten, Ihres Herzens Sehnsucht stillten. Hier ist guter, fetter Boden, Wo die Schönen recht gedeihen, Die sich nicht, wie Sankt Kathrine, Bloß zu Buß' und Fasten weihen. Ach, wie mancher deutsche Jüngling, Den das Jus Hieher getrieben, Sah zwei dunkle Feueraugen Und ist haften dort geblieben. Wandelnd unter den Arkaden Hat die Glosse er verachtet, Und in Seufzern, Serenaden Nach Erhörung bang geschmachtet. Und an seines Liebchens Seite Hat er schnell das Jus vergessen Und die Eltern und die Heimat, Deutschen Trunk und deutsches Essen. Und studirte Jahr auf Jahre, Konnt' zu Ende nie gelangen, Deß zu Urkund sieht man heute Noch im Hof sein Wappen prangen." Aus Florenz. Fürchte die Götter!Ein neuer Amphion. Sie strafen die Hoffart, Sie rächen den Treubruch, Sie treffen das sündenbeladne Gewissen, Auch wenn's vor sich selber den Frevel verbirgt. Hochmut der Menschen, Er ist's, der von allen Francesca von Rimini. Aus Bologna. „Sag, wo find' ich, Cameriere,Deutsche Studien. Wohl die Schönen von Bologna, Denn zu Gottes größrer Ehre Neben' ich, daß sie schön sind, an. Hier, wo Kardinalslegaten Einst das krumme Szepter führten, Wo Abbaten und Prälaten In der Stadt einherstolzirten, Wo viel eifrige Juristen, Des Wursius Säle füllten Und, indem sie Mädchen küßten, Ihres Herzens Sehnsucht stillten. Hier ist guter, fetter Boden, Wo die Schönen recht gedeihen, Die sich nicht, wie Sankt Kathrine, Bloß zu Buß' und Fasten weihen. Ach, wie mancher deutsche Jüngling, Den das Jus Hieher getrieben, Sah zwei dunkle Feueraugen Und ist haften dort geblieben. Wandelnd unter den Arkaden Hat die Glosse er verachtet, Und in Seufzern, Serenaden Nach Erhörung bang geschmachtet. Und an seines Liebchens Seite Hat er schnell das Jus vergessen Und die Eltern und die Heimat, Deutschen Trunk und deutsches Essen. Und studirte Jahr auf Jahre, Konnt' zu Ende nie gelangen, Deß zu Urkund sieht man heute Noch im Hof sein Wappen prangen." Aus Florenz. Fürchte die Götter!Ein neuer Amphion. Sie strafen die Hoffart, Sie rächen den Treubruch, Sie treffen das sündenbeladne Gewissen, Auch wenn's vor sich selber den Frevel verbirgt. Hochmut der Menschen, Er ist's, der von allen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0335" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/154500"/> <fw type="header" place="top"> Francesca von Rimini.</fw><lb/> <lg xml:id="POEMID_37" type="poem"> <head> Aus Bologna.<lb/> Deutsche Studien.</head> <l> „Sag, wo find' ich, Cameriere,<lb/> Wohl die Schönen von Bologna,<lb/> Denn zu Gottes größrer Ehre<lb/> Neben' ich, daß sie schön sind, an. Hier, wo Kardinalslegaten<lb/> Einst das krumme Szepter führten,<lb/> Wo Abbaten und Prälaten<lb/> In der Stadt einherstolzirten, Wo viel eifrige Juristen,<lb/> Des Wursius Säle füllten<lb/> Und, indem sie Mädchen küßten,<lb/> Ihres Herzens Sehnsucht stillten. Hier ist guter, fetter Boden,<lb/> Wo die Schönen recht gedeihen,<lb/> Die sich nicht, wie Sankt Kathrine,<lb/> Bloß zu Buß' und Fasten weihen. Ach, wie mancher deutsche Jüngling,<lb/> Den das Jus Hieher getrieben,<lb/> Sah zwei dunkle Feueraugen<lb/> Und ist haften dort geblieben. Wandelnd unter den Arkaden<lb/> Hat die Glosse er verachtet,<lb/> Und in Seufzern, Serenaden<lb/> Nach Erhörung bang geschmachtet. Und an seines Liebchens Seite<lb/> Hat er schnell das Jus vergessen<lb/> Und die Eltern und die Heimat,<lb/> Deutschen Trunk und deutsches Essen. Und studirte Jahr auf Jahre,<lb/> Konnt' zu Ende nie gelangen,<lb/> Deß zu Urkund sieht man heute<lb/> Noch im Hof sein Wappen prangen." </l> </lg><lb/> <lg xml:id="POEMID_38" type="poem"> <head> Aus Florenz.<lb/> Ein neuer Amphion.</head> <l> Fürchte die Götter!<lb/> Sie strafen die Hoffart,<lb/> Sie rächen den Treubruch,<lb/> Sie treffen das sündenbeladne Gewissen,<lb/> Auch wenn's vor sich selber den Frevel verbirgt. Hochmut der Menschen,<lb/> Er ist's, der von allen </l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0335]
Francesca von Rimini.
Aus Bologna.
Deutsche Studien. „Sag, wo find' ich, Cameriere,
Wohl die Schönen von Bologna,
Denn zu Gottes größrer Ehre
Neben' ich, daß sie schön sind, an. Hier, wo Kardinalslegaten
Einst das krumme Szepter führten,
Wo Abbaten und Prälaten
In der Stadt einherstolzirten, Wo viel eifrige Juristen,
Des Wursius Säle füllten
Und, indem sie Mädchen küßten,
Ihres Herzens Sehnsucht stillten. Hier ist guter, fetter Boden,
Wo die Schönen recht gedeihen,
Die sich nicht, wie Sankt Kathrine,
Bloß zu Buß' und Fasten weihen. Ach, wie mancher deutsche Jüngling,
Den das Jus Hieher getrieben,
Sah zwei dunkle Feueraugen
Und ist haften dort geblieben. Wandelnd unter den Arkaden
Hat die Glosse er verachtet,
Und in Seufzern, Serenaden
Nach Erhörung bang geschmachtet. Und an seines Liebchens Seite
Hat er schnell das Jus vergessen
Und die Eltern und die Heimat,
Deutschen Trunk und deutsches Essen. Und studirte Jahr auf Jahre,
Konnt' zu Ende nie gelangen,
Deß zu Urkund sieht man heute
Noch im Hof sein Wappen prangen."
Aus Florenz.
Ein neuer Amphion. Fürchte die Götter!
Sie strafen die Hoffart,
Sie rächen den Treubruch,
Sie treffen das sündenbeladne Gewissen,
Auch wenn's vor sich selber den Frevel verbirgt. Hochmut der Menschen,
Er ist's, der von allen
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