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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

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Fmncesca von Rimini.
Da trat ich hinter sie, und leise,
Begann ich: "Für so große Schmerzen
Kennt die Madonna nicht die rechte Weise,
Nur Liebe heilt, was Liebe schlug dein Herzen,
Ich aber habe Venus' Gunst empfangen,
Und täglich lese ich ihr Liebesinessen,
Treibt dich der Liebe heftiges Verlangen,
Bei ihr erlangst du Sühne und Vergessen.
Russe du in ihres Dieners heil'gen Armen,
Und schlägt dein Herz an seinem großen Herzen,
Dann fühlt Frau Venus himmlisches Erbarmen
Und senkt in Lethe alte Liebesschmerzcn."
Da sprang sie auf, und ihre weichen Hände
Umflügen mir das Haupt, mit Bittgeberden
Rief sie: "Zur Göttin meine Schritte wende,
Vergessen such' ich!" -- "Wohl, es soll dir werden."
Aus Ferrarci.
Des Rätsels Lösung. (An Harolds Schwester.)
"Das Zimmer hier gehörte Leonoren,
Die euch, Tedeschi, ist so wohlbekannt,
An die Torquato einst sein Herz verloren,
Als Wahnsinn seinen edlen Geist gebannt." So der Custode im Kastell Ferrara,
Wahnsinnig war nicht damals Liebe nur,
Sie ist's auch heute uoch, Signora Cara,
Und manches Antlitz trägt davon die Spur. Doch ist's die beste Lösung der Charade:
War je ein Mann von einem Weib entzückt,
Deß' Trug ihn lockte zu der Liebe Pfade,
Man sagt von ihm mit Recht: "Er war verrückt."
Aus Modena.
?Alfr pktrig,o.
Auf manchen Sarkophagen, auf manchem Denkmal von Stein
Gräbt man viel schöne Worte und Lvbcssprüche ein.
Wär' Herrscher ich von Modena, nichts könnte mir mehr behagen,
Als könnte von mir man auf einem Stein "Vater des Vaterlands" sagen. Die Mädchen sind schön gestaltet, madonnenhaft von Gesicht,
Wie Dosso Dossi sie malte, umstrahlt von göttlichem Licht.
Wär' Herrscher ich von Modena, ganz sollte das Volk mir gehören,
Es würde als "Vater des Vaterlands" mit Fug und Recht mich verehren.

Fmncesca von Rimini.
Da trat ich hinter sie, und leise,
Begann ich: „Für so große Schmerzen
Kennt die Madonna nicht die rechte Weise,
Nur Liebe heilt, was Liebe schlug dein Herzen,
Ich aber habe Venus' Gunst empfangen,
Und täglich lese ich ihr Liebesinessen,
Treibt dich der Liebe heftiges Verlangen,
Bei ihr erlangst du Sühne und Vergessen.
Russe du in ihres Dieners heil'gen Armen,
Und schlägt dein Herz an seinem großen Herzen,
Dann fühlt Frau Venus himmlisches Erbarmen
Und senkt in Lethe alte Liebesschmerzcn."
Da sprang sie auf, und ihre weichen Hände
Umflügen mir das Haupt, mit Bittgeberden
Rief sie: „Zur Göttin meine Schritte wende,
Vergessen such' ich!" — „Wohl, es soll dir werden."
Aus Ferrarci.
Des Rätsels Lösung. (An Harolds Schwester.)
„Das Zimmer hier gehörte Leonoren,
Die euch, Tedeschi, ist so wohlbekannt,
An die Torquato einst sein Herz verloren,
Als Wahnsinn seinen edlen Geist gebannt." So der Custode im Kastell Ferrara,
Wahnsinnig war nicht damals Liebe nur,
Sie ist's auch heute uoch, Signora Cara,
Und manches Antlitz trägt davon die Spur. Doch ist's die beste Lösung der Charade:
War je ein Mann von einem Weib entzückt,
Deß' Trug ihn lockte zu der Liebe Pfade,
Man sagt von ihm mit Recht: „Er war verrückt."
Aus Modena.
?Alfr pktrig,o.
Auf manchen Sarkophagen, auf manchem Denkmal von Stein
Gräbt man viel schöne Worte und Lvbcssprüche ein.
Wär' Herrscher ich von Modena, nichts könnte mir mehr behagen,
Als könnte von mir man auf einem Stein „Vater des Vaterlands" sagen. Die Mädchen sind schön gestaltet, madonnenhaft von Gesicht,
Wie Dosso Dossi sie malte, umstrahlt von göttlichem Licht.
Wär' Herrscher ich von Modena, ganz sollte das Volk mir gehören,
Es würde als „Vater des Vaterlands" mit Fug und Recht mich verehren.

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[0333] Fmncesca von Rimini. Da trat ich hinter sie, und leise, Begann ich: „Für so große Schmerzen Kennt die Madonna nicht die rechte Weise, Nur Liebe heilt, was Liebe schlug dein Herzen, Ich aber habe Venus' Gunst empfangen, Und täglich lese ich ihr Liebesinessen, Treibt dich der Liebe heftiges Verlangen, Bei ihr erlangst du Sühne und Vergessen. Russe du in ihres Dieners heil'gen Armen, Und schlägt dein Herz an seinem großen Herzen, Dann fühlt Frau Venus himmlisches Erbarmen Und senkt in Lethe alte Liebesschmerzcn." Da sprang sie auf, und ihre weichen Hände Umflügen mir das Haupt, mit Bittgeberden Rief sie: „Zur Göttin meine Schritte wende, Vergessen such' ich!" — „Wohl, es soll dir werden." Aus Ferrarci. Des Rätsels Lösung. (An Harolds Schwester.) „Das Zimmer hier gehörte Leonoren, Die euch, Tedeschi, ist so wohlbekannt, An die Torquato einst sein Herz verloren, Als Wahnsinn seinen edlen Geist gebannt." So der Custode im Kastell Ferrara, Wahnsinnig war nicht damals Liebe nur, Sie ist's auch heute uoch, Signora Cara, Und manches Antlitz trägt davon die Spur. Doch ist's die beste Lösung der Charade: War je ein Mann von einem Weib entzückt, Deß' Trug ihn lockte zu der Liebe Pfade, Man sagt von ihm mit Recht: „Er war verrückt." Aus Modena. ?Alfr pktrig,o. Auf manchen Sarkophagen, auf manchem Denkmal von Stein Gräbt man viel schöne Worte und Lvbcssprüche ein. Wär' Herrscher ich von Modena, nichts könnte mir mehr behagen, Als könnte von mir man auf einem Stein „Vater des Vaterlands" sagen. Die Mädchen sind schön gestaltet, madonnenhaft von Gesicht, Wie Dosso Dossi sie malte, umstrahlt von göttlichem Licht. Wär' Herrscher ich von Modena, ganz sollte das Volk mir gehören, Es würde als „Vater des Vaterlands" mit Fug und Recht mich verehren.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/333>, abgerufen am 28.07.2024.