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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

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Ein Reichsmonopol auf Getreide-Einfuhr.

Hauptagenten von den geschehenen Verkäufen, durch die Depotverwaltungen von
der Ausführung der Lieferungen benachrichtigt werden. Die Verkäufe würden
nur gegen Barzahlung erfolgen. Den Agenten würde der Geldeinzug obliegen,
und sie würden der Zentralstelle für die richtige Einlieferung der Gelder haften,
gleich als ob sie Selbstkäufer wären.

Die Befürchtung, daß etwa gewissenlose Spekulanten die importirten Vor¬
räte aufkaufen könnten, in der Hoffnung, durch zeitweiliges Zurückhalten den
Preis bedeutend steigern und dann bei dergestalt erhöhten Preisen verkaufen zu
können, dürfte wohl grundlos sein; denn durch eine solche Manipulation würde
lediglich der inländische Produzent in die Lage kommen, seine Vorräte rasch und
vorteilhaft zu verwerten, den Spekulanten aber müßte der erhoffte Gewinn ent¬
gehen, da die Zentralstelle für den Vertrieb des importirten Getreides eine
abnorme Preissteigerung sofort durch vermehrte Angebote beantworten würde.
Zum Überfluß könnte den Agenten ein- für allemal die Instruktion erteilt werden,
unter sonst gleichen Bedingungen den Konsumenten (bez. Müller, Bäcker) als
Käufer dem Händler vorzuziehen.

Was die Regulirung der Brottaxe anlangt, so müßten durch Anhörung
solider Geschäftsleute aus dem Müller- und Bäckergewerbe zunächst das nor¬
male Verhältnis zwischen Brot- und Gctreidepreisen einigermaßen festgestellt
werde". Denn es handelt sich keineswegs um Schmälerung des redlichen Ver¬
dienstes dieser beiden Gewerbe, sondern um thunlichste Verdrängung der zahl-"
losen müßigen Hände, die sich unter den gegenwärtigen Verhältnissen durch
den Zwischenhandel bereichern. Auf Grund solcher Aufstellung, welche je nach
gewissen Zeiträumen zu erneuern wäre, könnte eine Tabelle angefertigt werden,
nach welcher die mit der Regulirung der Brvttaxe betrauten Behörden zu Ver¬
fahren haben würden. Die Notirungen der Getreidepreise für die betreffenden
Bezirke würden den Behörden durch die Agenten der Monopolverwaltuug ge¬
liefert werden.

Ans dem Gesagten wird zur Genüge ersichtlich sein, daß es keineswegs
der Zweck des Monopols sein würde, die deutschen Getreideproduzcnten auf
Kosten der Konsumenten zu bereichern. Was die Landwirtschaft verlangt und
verlangen kann, ist nicht glänzender Verdienst, sondern lediglich der Schutz vor
völligem Ruin. Und dieser Schutz wird ihr wohl durch das Monopol werden
können.

Zum Schluß mag es nicht unerwähnt bleiben, daß mit den staatlichen
Maßregeln, welche die Landwirtschaft heben sollen, auch die eigne verbessernde
Thätigkeit der deutschen Landwirte Hand in Hand gehen muß/") Es liegt da



*) Namentlich muß -- neben der Steigerung der Produktionsfähigkeit -- auch die Ver¬
ringerung der Produktionskosten als Ziel ins Ange gefaßt werden. Die bekannten und er¬
folgreichen Versuche des preußischen Gutsbesitzers Schultz-Lupitz auf diesem Gebiete siud sehr
bemerkenswert. Aber wenn auch Herr Schultz sich in der Lage sieht, sein Getreide wesent-
Grcnzbotm IV. 1883. 30
Ein Reichsmonopol auf Getreide-Einfuhr.

Hauptagenten von den geschehenen Verkäufen, durch die Depotverwaltungen von
der Ausführung der Lieferungen benachrichtigt werden. Die Verkäufe würden
nur gegen Barzahlung erfolgen. Den Agenten würde der Geldeinzug obliegen,
und sie würden der Zentralstelle für die richtige Einlieferung der Gelder haften,
gleich als ob sie Selbstkäufer wären.

Die Befürchtung, daß etwa gewissenlose Spekulanten die importirten Vor¬
räte aufkaufen könnten, in der Hoffnung, durch zeitweiliges Zurückhalten den
Preis bedeutend steigern und dann bei dergestalt erhöhten Preisen verkaufen zu
können, dürfte wohl grundlos sein; denn durch eine solche Manipulation würde
lediglich der inländische Produzent in die Lage kommen, seine Vorräte rasch und
vorteilhaft zu verwerten, den Spekulanten aber müßte der erhoffte Gewinn ent¬
gehen, da die Zentralstelle für den Vertrieb des importirten Getreides eine
abnorme Preissteigerung sofort durch vermehrte Angebote beantworten würde.
Zum Überfluß könnte den Agenten ein- für allemal die Instruktion erteilt werden,
unter sonst gleichen Bedingungen den Konsumenten (bez. Müller, Bäcker) als
Käufer dem Händler vorzuziehen.

Was die Regulirung der Brottaxe anlangt, so müßten durch Anhörung
solider Geschäftsleute aus dem Müller- und Bäckergewerbe zunächst das nor¬
male Verhältnis zwischen Brot- und Gctreidepreisen einigermaßen festgestellt
werde». Denn es handelt sich keineswegs um Schmälerung des redlichen Ver¬
dienstes dieser beiden Gewerbe, sondern um thunlichste Verdrängung der zahl-"
losen müßigen Hände, die sich unter den gegenwärtigen Verhältnissen durch
den Zwischenhandel bereichern. Auf Grund solcher Aufstellung, welche je nach
gewissen Zeiträumen zu erneuern wäre, könnte eine Tabelle angefertigt werden,
nach welcher die mit der Regulirung der Brvttaxe betrauten Behörden zu Ver¬
fahren haben würden. Die Notirungen der Getreidepreise für die betreffenden
Bezirke würden den Behörden durch die Agenten der Monopolverwaltuug ge¬
liefert werden.

Ans dem Gesagten wird zur Genüge ersichtlich sein, daß es keineswegs
der Zweck des Monopols sein würde, die deutschen Getreideproduzcnten auf
Kosten der Konsumenten zu bereichern. Was die Landwirtschaft verlangt und
verlangen kann, ist nicht glänzender Verdienst, sondern lediglich der Schutz vor
völligem Ruin. Und dieser Schutz wird ihr wohl durch das Monopol werden
können.

Zum Schluß mag es nicht unerwähnt bleiben, daß mit den staatlichen
Maßregeln, welche die Landwirtschaft heben sollen, auch die eigne verbessernde
Thätigkeit der deutschen Landwirte Hand in Hand gehen muß/") Es liegt da



*) Namentlich muß — neben der Steigerung der Produktionsfähigkeit — auch die Ver¬
ringerung der Produktionskosten als Ziel ins Ange gefaßt werden. Die bekannten und er¬
folgreichen Versuche des preußischen Gutsbesitzers Schultz-Lupitz auf diesem Gebiete siud sehr
bemerkenswert. Aber wenn auch Herr Schultz sich in der Lage sieht, sein Getreide wesent-
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[0243] Ein Reichsmonopol auf Getreide-Einfuhr. Hauptagenten von den geschehenen Verkäufen, durch die Depotverwaltungen von der Ausführung der Lieferungen benachrichtigt werden. Die Verkäufe würden nur gegen Barzahlung erfolgen. Den Agenten würde der Geldeinzug obliegen, und sie würden der Zentralstelle für die richtige Einlieferung der Gelder haften, gleich als ob sie Selbstkäufer wären. Die Befürchtung, daß etwa gewissenlose Spekulanten die importirten Vor¬ räte aufkaufen könnten, in der Hoffnung, durch zeitweiliges Zurückhalten den Preis bedeutend steigern und dann bei dergestalt erhöhten Preisen verkaufen zu können, dürfte wohl grundlos sein; denn durch eine solche Manipulation würde lediglich der inländische Produzent in die Lage kommen, seine Vorräte rasch und vorteilhaft zu verwerten, den Spekulanten aber müßte der erhoffte Gewinn ent¬ gehen, da die Zentralstelle für den Vertrieb des importirten Getreides eine abnorme Preissteigerung sofort durch vermehrte Angebote beantworten würde. Zum Überfluß könnte den Agenten ein- für allemal die Instruktion erteilt werden, unter sonst gleichen Bedingungen den Konsumenten (bez. Müller, Bäcker) als Käufer dem Händler vorzuziehen. Was die Regulirung der Brottaxe anlangt, so müßten durch Anhörung solider Geschäftsleute aus dem Müller- und Bäckergewerbe zunächst das nor¬ male Verhältnis zwischen Brot- und Gctreidepreisen einigermaßen festgestellt werde». Denn es handelt sich keineswegs um Schmälerung des redlichen Ver¬ dienstes dieser beiden Gewerbe, sondern um thunlichste Verdrängung der zahl-" losen müßigen Hände, die sich unter den gegenwärtigen Verhältnissen durch den Zwischenhandel bereichern. Auf Grund solcher Aufstellung, welche je nach gewissen Zeiträumen zu erneuern wäre, könnte eine Tabelle angefertigt werden, nach welcher die mit der Regulirung der Brvttaxe betrauten Behörden zu Ver¬ fahren haben würden. Die Notirungen der Getreidepreise für die betreffenden Bezirke würden den Behörden durch die Agenten der Monopolverwaltuug ge¬ liefert werden. Ans dem Gesagten wird zur Genüge ersichtlich sein, daß es keineswegs der Zweck des Monopols sein würde, die deutschen Getreideproduzcnten auf Kosten der Konsumenten zu bereichern. Was die Landwirtschaft verlangt und verlangen kann, ist nicht glänzender Verdienst, sondern lediglich der Schutz vor völligem Ruin. Und dieser Schutz wird ihr wohl durch das Monopol werden können. Zum Schluß mag es nicht unerwähnt bleiben, daß mit den staatlichen Maßregeln, welche die Landwirtschaft heben sollen, auch die eigne verbessernde Thätigkeit der deutschen Landwirte Hand in Hand gehen muß/") Es liegt da *) Namentlich muß — neben der Steigerung der Produktionsfähigkeit — auch die Ver¬ ringerung der Produktionskosten als Ziel ins Ange gefaßt werden. Die bekannten und er¬ folgreichen Versuche des preußischen Gutsbesitzers Schultz-Lupitz auf diesem Gebiete siud sehr bemerkenswert. Aber wenn auch Herr Schultz sich in der Lage sieht, sein Getreide wesent- Grcnzbotm IV. 1883. 30

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/243>, abgerufen am 01.09.2024.