Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Publikationen der Berliner Museen.

wissenschaftlichen Kongreß in Wien festgestellten Grundsätzen und auf Grund
der Resultate der neuesten Forschungen bearbeitet worden war und namentlich
in Bezug auf die niederländischen Schulen viel neues und wertvolles Material
beibrachte. Die Direktoren des Münzkabinets folgten mit einer Geschichte und
einer Übersicht der Sammlung, von denen die letztere die Stelle des Katalogs ver¬
treten muß, da sich ein solcher bei einem Bestände von 200000 Nummern naturgemäß
nicht anfertigen oder doch wenigstens nicht gedruckt in den Verkehr bringe" läßt.
Auch das Münzkabinet, welches im Jahre 1840 mir 100000 Nummer" zählte,
ist während der neuen Ära so ansehnlich gewachsen, daß es heute nicht mehr
hinter den Sammlungen von London und Paris zurücksteht.

Ein neuer Katalog der Gemäldegalerie war seit dem Jahre 1860 nicht er¬
schiene", anch eine Folge des gespannten Verhältnisses zwischen Waagen und
dem damaligen Generaldirektor, welcher die wissenschaftliche Autorität Waagens
mit allen Kräften unterdrücken zu müssen glaubte und deshalb die Herausgabe
einer neuen Auflage des Katalogs verhinderte, welche mit einer Reihe herge¬
brachter Bezeichnungen aufgeräumt haben würde. Ein neuer Katalog war dem¬
nach eine der Hauptsorgen der neuen Direktoren. Schon im Herbst 1878 konnte
derselbe erscheinen, nach dem damaligen Stande der Forschungen eine musterhafte
Arbeit, welche nur den einen Mangel zu haben schien, daß die Monogramme
und Künstlerinschriften nicht in Facsimilenachbildungen beigegeben waren. In
diesen Tage" ist nun eine zweite Auflage des Katalogs*) erschienen, welche sich
äußerlich von der ersten dadurch unterscheidet, daß sie diesem Mangel abgeholfen
hat. Aber dieser äußerliche Unterschied ist nur gering im Verhältnis zu der Um¬
gestaltung, welche der Text erfahren hat. In die Zwischenzeit fallen zwei wichtige
Ereignisse auf dem Gebiete der kunstwissenschaftlicher Forschungen, das Erscheinen
der Untersuchungen des feinsinnigen Bilderkenners I. B. Morelli über Gemälde
italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin, und
die Durchforschung der belgische" und holländischen Archive, welche zwar bei
weitem noch nicht zum Abschluß gelangt ist, aber doch schon so bedeutende
Ergebnisse gebracht hat, daß nicht nur eine Anzahl neuer Künstler in die Kunst¬
geschichte eingeführt, sondern auch über bekannte ein neues Licht verbreitet, eine
Reihe von Pseudo Existenzen ausgemerzt worden ist. Ein Blick in den neuen
Berliner Katalog lehrt, welch eine Fülle von Urkunden über die Lebensverhältnisse
niederländischer Künstler, namentlich durch die Bemühnngc" des Herr" Abraham
Bredins im Haag, ans Tageslicht gezogen worden ist. Da der letztere einen
Teil seiner Forschungen dem Direktor Meyer uneigennützig zur Verfügung ge¬
stellt Hut, gewinnt der neue Katalog eine doppelte Bedeuttmg. Als ein besondrer



*) Königliche Museen zu Berlin. Beschreibendes Verzeichnis der Gemälde. Zweite
Auflage. Unter Mitwirkung von L. Scheibler und W. Bode bearbeitet von Julius
Meyer, Direktor der Gemäldegalerie. Berlin, Weidmanusche Buchhandlung.
Die Publikationen der Berliner Museen.

wissenschaftlichen Kongreß in Wien festgestellten Grundsätzen und auf Grund
der Resultate der neuesten Forschungen bearbeitet worden war und namentlich
in Bezug auf die niederländischen Schulen viel neues und wertvolles Material
beibrachte. Die Direktoren des Münzkabinets folgten mit einer Geschichte und
einer Übersicht der Sammlung, von denen die letztere die Stelle des Katalogs ver¬
treten muß, da sich ein solcher bei einem Bestände von 200000 Nummern naturgemäß
nicht anfertigen oder doch wenigstens nicht gedruckt in den Verkehr bringe» läßt.
Auch das Münzkabinet, welches im Jahre 1840 mir 100000 Nummer» zählte,
ist während der neuen Ära so ansehnlich gewachsen, daß es heute nicht mehr
hinter den Sammlungen von London und Paris zurücksteht.

Ein neuer Katalog der Gemäldegalerie war seit dem Jahre 1860 nicht er¬
schiene», anch eine Folge des gespannten Verhältnisses zwischen Waagen und
dem damaligen Generaldirektor, welcher die wissenschaftliche Autorität Waagens
mit allen Kräften unterdrücken zu müssen glaubte und deshalb die Herausgabe
einer neuen Auflage des Katalogs verhinderte, welche mit einer Reihe herge¬
brachter Bezeichnungen aufgeräumt haben würde. Ein neuer Katalog war dem¬
nach eine der Hauptsorgen der neuen Direktoren. Schon im Herbst 1878 konnte
derselbe erscheinen, nach dem damaligen Stande der Forschungen eine musterhafte
Arbeit, welche nur den einen Mangel zu haben schien, daß die Monogramme
und Künstlerinschriften nicht in Facsimilenachbildungen beigegeben waren. In
diesen Tage» ist nun eine zweite Auflage des Katalogs*) erschienen, welche sich
äußerlich von der ersten dadurch unterscheidet, daß sie diesem Mangel abgeholfen
hat. Aber dieser äußerliche Unterschied ist nur gering im Verhältnis zu der Um¬
gestaltung, welche der Text erfahren hat. In die Zwischenzeit fallen zwei wichtige
Ereignisse auf dem Gebiete der kunstwissenschaftlicher Forschungen, das Erscheinen
der Untersuchungen des feinsinnigen Bilderkenners I. B. Morelli über Gemälde
italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin, und
die Durchforschung der belgische» und holländischen Archive, welche zwar bei
weitem noch nicht zum Abschluß gelangt ist, aber doch schon so bedeutende
Ergebnisse gebracht hat, daß nicht nur eine Anzahl neuer Künstler in die Kunst¬
geschichte eingeführt, sondern auch über bekannte ein neues Licht verbreitet, eine
Reihe von Pseudo Existenzen ausgemerzt worden ist. Ein Blick in den neuen
Berliner Katalog lehrt, welch eine Fülle von Urkunden über die Lebensverhältnisse
niederländischer Künstler, namentlich durch die Bemühnngc» des Herr» Abraham
Bredins im Haag, ans Tageslicht gezogen worden ist. Da der letztere einen
Teil seiner Forschungen dem Direktor Meyer uneigennützig zur Verfügung ge¬
stellt Hut, gewinnt der neue Katalog eine doppelte Bedeuttmg. Als ein besondrer



*) Königliche Museen zu Berlin. Beschreibendes Verzeichnis der Gemälde. Zweite
Auflage. Unter Mitwirkung von L. Scheibler und W. Bode bearbeitet von Julius
Meyer, Direktor der Gemäldegalerie. Berlin, Weidmanusche Buchhandlung.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0208" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/154373"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Publikationen der Berliner Museen.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_578" prev="#ID_577"> wissenschaftlichen Kongreß in Wien festgestellten Grundsätzen und auf Grund<lb/>
der Resultate der neuesten Forschungen bearbeitet worden war und namentlich<lb/>
in Bezug auf die niederländischen Schulen viel neues und wertvolles Material<lb/>
beibrachte. Die Direktoren des Münzkabinets folgten mit einer Geschichte und<lb/>
einer Übersicht der Sammlung, von denen die letztere die Stelle des Katalogs ver¬<lb/>
treten muß, da sich ein solcher bei einem Bestände von 200000 Nummern naturgemäß<lb/>
nicht anfertigen oder doch wenigstens nicht gedruckt in den Verkehr bringe» läßt.<lb/>
Auch das Münzkabinet, welches im Jahre 1840 mir 100000 Nummer» zählte,<lb/>
ist während der neuen Ära so ansehnlich gewachsen, daß es heute nicht mehr<lb/>
hinter den Sammlungen von London und Paris zurücksteht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_579" next="#ID_580"> Ein neuer Katalog der Gemäldegalerie war seit dem Jahre 1860 nicht er¬<lb/>
schiene», anch eine Folge des gespannten Verhältnisses zwischen Waagen und<lb/>
dem damaligen Generaldirektor, welcher die wissenschaftliche Autorität Waagens<lb/>
mit allen Kräften unterdrücken zu müssen glaubte und deshalb die Herausgabe<lb/>
einer neuen Auflage des Katalogs verhinderte, welche mit einer Reihe herge¬<lb/>
brachter Bezeichnungen aufgeräumt haben würde. Ein neuer Katalog war dem¬<lb/>
nach eine der Hauptsorgen der neuen Direktoren. Schon im Herbst 1878 konnte<lb/>
derselbe erscheinen, nach dem damaligen Stande der Forschungen eine musterhafte<lb/>
Arbeit, welche nur den einen Mangel zu haben schien, daß die Monogramme<lb/>
und Künstlerinschriften nicht in Facsimilenachbildungen beigegeben waren. In<lb/>
diesen Tage» ist nun eine zweite Auflage des Katalogs*) erschienen, welche sich<lb/>
äußerlich von der ersten dadurch unterscheidet, daß sie diesem Mangel abgeholfen<lb/>
hat. Aber dieser äußerliche Unterschied ist nur gering im Verhältnis zu der Um¬<lb/>
gestaltung, welche der Text erfahren hat. In die Zwischenzeit fallen zwei wichtige<lb/>
Ereignisse auf dem Gebiete der kunstwissenschaftlicher Forschungen, das Erscheinen<lb/>
der Untersuchungen des feinsinnigen Bilderkenners I. B. Morelli über Gemälde<lb/>
italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin, und<lb/>
die Durchforschung der belgische» und holländischen Archive, welche zwar bei<lb/>
weitem noch nicht zum Abschluß gelangt ist, aber doch schon so bedeutende<lb/>
Ergebnisse gebracht hat, daß nicht nur eine Anzahl neuer Künstler in die Kunst¬<lb/>
geschichte eingeführt, sondern auch über bekannte ein neues Licht verbreitet, eine<lb/>
Reihe von Pseudo Existenzen ausgemerzt worden ist. Ein Blick in den neuen<lb/>
Berliner Katalog lehrt, welch eine Fülle von Urkunden über die Lebensverhältnisse<lb/>
niederländischer Künstler, namentlich durch die Bemühnngc» des Herr» Abraham<lb/>
Bredins im Haag, ans Tageslicht gezogen worden ist. Da der letztere einen<lb/>
Teil seiner Forschungen dem Direktor Meyer uneigennützig zur Verfügung ge¬<lb/>
stellt Hut, gewinnt der neue Katalog eine doppelte Bedeuttmg. Als ein besondrer</p><lb/>
          <note xml:id="FID_13" place="foot"> *) Königliche Museen zu Berlin. Beschreibendes Verzeichnis der Gemälde. Zweite<lb/>
Auflage. Unter Mitwirkung von L. Scheibler und W. Bode bearbeitet von Julius<lb/>
Meyer, Direktor der Gemäldegalerie. Berlin, Weidmanusche Buchhandlung.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0208] Die Publikationen der Berliner Museen. wissenschaftlichen Kongreß in Wien festgestellten Grundsätzen und auf Grund der Resultate der neuesten Forschungen bearbeitet worden war und namentlich in Bezug auf die niederländischen Schulen viel neues und wertvolles Material beibrachte. Die Direktoren des Münzkabinets folgten mit einer Geschichte und einer Übersicht der Sammlung, von denen die letztere die Stelle des Katalogs ver¬ treten muß, da sich ein solcher bei einem Bestände von 200000 Nummern naturgemäß nicht anfertigen oder doch wenigstens nicht gedruckt in den Verkehr bringe» läßt. Auch das Münzkabinet, welches im Jahre 1840 mir 100000 Nummer» zählte, ist während der neuen Ära so ansehnlich gewachsen, daß es heute nicht mehr hinter den Sammlungen von London und Paris zurücksteht. Ein neuer Katalog der Gemäldegalerie war seit dem Jahre 1860 nicht er¬ schiene», anch eine Folge des gespannten Verhältnisses zwischen Waagen und dem damaligen Generaldirektor, welcher die wissenschaftliche Autorität Waagens mit allen Kräften unterdrücken zu müssen glaubte und deshalb die Herausgabe einer neuen Auflage des Katalogs verhinderte, welche mit einer Reihe herge¬ brachter Bezeichnungen aufgeräumt haben würde. Ein neuer Katalog war dem¬ nach eine der Hauptsorgen der neuen Direktoren. Schon im Herbst 1878 konnte derselbe erscheinen, nach dem damaligen Stande der Forschungen eine musterhafte Arbeit, welche nur den einen Mangel zu haben schien, daß die Monogramme und Künstlerinschriften nicht in Facsimilenachbildungen beigegeben waren. In diesen Tage» ist nun eine zweite Auflage des Katalogs*) erschienen, welche sich äußerlich von der ersten dadurch unterscheidet, daß sie diesem Mangel abgeholfen hat. Aber dieser äußerliche Unterschied ist nur gering im Verhältnis zu der Um¬ gestaltung, welche der Text erfahren hat. In die Zwischenzeit fallen zwei wichtige Ereignisse auf dem Gebiete der kunstwissenschaftlicher Forschungen, das Erscheinen der Untersuchungen des feinsinnigen Bilderkenners I. B. Morelli über Gemälde italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin, und die Durchforschung der belgische» und holländischen Archive, welche zwar bei weitem noch nicht zum Abschluß gelangt ist, aber doch schon so bedeutende Ergebnisse gebracht hat, daß nicht nur eine Anzahl neuer Künstler in die Kunst¬ geschichte eingeführt, sondern auch über bekannte ein neues Licht verbreitet, eine Reihe von Pseudo Existenzen ausgemerzt worden ist. Ein Blick in den neuen Berliner Katalog lehrt, welch eine Fülle von Urkunden über die Lebensverhältnisse niederländischer Künstler, namentlich durch die Bemühnngc» des Herr» Abraham Bredins im Haag, ans Tageslicht gezogen worden ist. Da der letztere einen Teil seiner Forschungen dem Direktor Meyer uneigennützig zur Verfügung ge¬ stellt Hut, gewinnt der neue Katalog eine doppelte Bedeuttmg. Als ein besondrer *) Königliche Museen zu Berlin. Beschreibendes Verzeichnis der Gemälde. Zweite Auflage. Unter Mitwirkung von L. Scheibler und W. Bode bearbeitet von Julius Meyer, Direktor der Gemäldegalerie. Berlin, Weidmanusche Buchhandlung.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/208
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/208>, abgerufen am 01.09.2024.