Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Höhe der Prozeßkosten.

dadurch, daß Zuschlage von einem Zehntel bis fünf Zehntel zu diesen einzelnen
Sätzen kommen, die Kostenrechnung aufbaut. Es ist also der Z 9 der Rechts-
amvaltstaxe derjenige, welcher zunächst zu revidiren ist. Es stellen sich dann
auch einzelne andre Punkte heraus, die in der Praxis bisher ganz ungemein
drückend befunden worden sind. Namentlich die Anwaltskostenberechnung in den Ali¬
mentenklagen. Während früher diese Art Klagen sehr wenig Kosten verursacht
haben, sind sie jetzt so verteuert worden, daß, wenn es zu einem Prozeß kommt,
schon durch den Prozeß selbst mindestens einige Jahre an Alimenten aufgezehrt
sind. Es ist ferner bei den Privatklngen der Ansatz für die Verhandlungen
vor den Schöffengerichten, ebenso bei der Strafkammer in der Berufungsinstanz,
ein so unverhältnismäßig hoher gegen die geringe Bemühung, die der Anwalt
bei solchen Klagen zu entwickeln hat, daß, wenn eine Beweiserhebung durch
Zeugen hinzukommt, eine solche Verteuerung entsteht, daß derjenige, welcher das
Unglück hat, einen hartnäckigen Gegner einmal beleidigt zu haben und in Strafe
und Kosten verurteilt zu werden, dann geradezu ruinirt werden kann, wenn er
nicht ein reicher Mann ist. Anlangend die Gebühr für Erteilung eines Rates,
so sollten nach § 47 der Gebührenordnung drei Zehntel des Satzes der Proze߬
gebühr in § 9 des Gesetzes zu zahlen sein. Dieser Ansatz hat sich jedoch als
so exorbitant herausgestellt, daß es wenigstens in der Praxis nicht vorkommen
wird, daß der Gebührenbetrng wirklich erhoben werden wird, und ich habe selbst
die Erfahrung gemacht, ebenso ist mir von andern Kollegen versichert worden,
daß die fragliche Bestimmung nur deshalb in der Praxis unschädlich ist, weil
man überhaupt auf Grund dieser Position nicht liquidiren kann, ohne gegen
die Standesehre zu verstoßen. Es würde einen ganz merkwürdigen Eindruck
machen, wenn man jemandem, der einen Anwalt über eine Angelegenheit im
Werte von 16- oder 26 666 Mark gefragt har, eine Liquidation zuschicken würde
für die Kosten einer Unterhaltung, die vielleicht zehn Minuten oder eine Viertel¬
stunde gedauert hat und die sehr bedeutende Summe von 26 resp. 23 Mark
ausmachen würde.*) Endlich sind die Reise- oder Fuhrkosten für die Anwälte,
namentlich die Fuhrkosten auf Landstraßen, nicht die mit Dampfschiffen und
Eisenbahnen, viel zu hoch gegriffen; sie sind gegen die früheren um fast 166 Pro¬
zent erhöht; wenn man sie um die Hälfte erhöht hätte, so würde man als
Anwalt immer noch sehr gut damit auskommen können. Anlangend die Schreib¬
gebühren, so würde es jedenfalls am besten sein, wenn diese ganz beseitigt
werden könnten. Es ist das Unangenehmste, was in einer Liquidation vor¬
kommen kann, wenn erst der Ansatz der Gebühr kommt, das Bauschquantum,
und dann 24 bis 36 Positionen für Schreibgebühr, die dann zusammen summirt
nahe an die Bauschsumme heranreichen. Wenigstens müßte es dahin gebracht



Bergl. jedoch die Anmerkung aus S. 608,
Die Höhe der Prozeßkosten.

dadurch, daß Zuschlage von einem Zehntel bis fünf Zehntel zu diesen einzelnen
Sätzen kommen, die Kostenrechnung aufbaut. Es ist also der Z 9 der Rechts-
amvaltstaxe derjenige, welcher zunächst zu revidiren ist. Es stellen sich dann
auch einzelne andre Punkte heraus, die in der Praxis bisher ganz ungemein
drückend befunden worden sind. Namentlich die Anwaltskostenberechnung in den Ali¬
mentenklagen. Während früher diese Art Klagen sehr wenig Kosten verursacht
haben, sind sie jetzt so verteuert worden, daß, wenn es zu einem Prozeß kommt,
schon durch den Prozeß selbst mindestens einige Jahre an Alimenten aufgezehrt
sind. Es ist ferner bei den Privatklngen der Ansatz für die Verhandlungen
vor den Schöffengerichten, ebenso bei der Strafkammer in der Berufungsinstanz,
ein so unverhältnismäßig hoher gegen die geringe Bemühung, die der Anwalt
bei solchen Klagen zu entwickeln hat, daß, wenn eine Beweiserhebung durch
Zeugen hinzukommt, eine solche Verteuerung entsteht, daß derjenige, welcher das
Unglück hat, einen hartnäckigen Gegner einmal beleidigt zu haben und in Strafe
und Kosten verurteilt zu werden, dann geradezu ruinirt werden kann, wenn er
nicht ein reicher Mann ist. Anlangend die Gebühr für Erteilung eines Rates,
so sollten nach § 47 der Gebührenordnung drei Zehntel des Satzes der Proze߬
gebühr in § 9 des Gesetzes zu zahlen sein. Dieser Ansatz hat sich jedoch als
so exorbitant herausgestellt, daß es wenigstens in der Praxis nicht vorkommen
wird, daß der Gebührenbetrng wirklich erhoben werden wird, und ich habe selbst
die Erfahrung gemacht, ebenso ist mir von andern Kollegen versichert worden,
daß die fragliche Bestimmung nur deshalb in der Praxis unschädlich ist, weil
man überhaupt auf Grund dieser Position nicht liquidiren kann, ohne gegen
die Standesehre zu verstoßen. Es würde einen ganz merkwürdigen Eindruck
machen, wenn man jemandem, der einen Anwalt über eine Angelegenheit im
Werte von 16- oder 26 666 Mark gefragt har, eine Liquidation zuschicken würde
für die Kosten einer Unterhaltung, die vielleicht zehn Minuten oder eine Viertel¬
stunde gedauert hat und die sehr bedeutende Summe von 26 resp. 23 Mark
ausmachen würde.*) Endlich sind die Reise- oder Fuhrkosten für die Anwälte,
namentlich die Fuhrkosten auf Landstraßen, nicht die mit Dampfschiffen und
Eisenbahnen, viel zu hoch gegriffen; sie sind gegen die früheren um fast 166 Pro¬
zent erhöht; wenn man sie um die Hälfte erhöht hätte, so würde man als
Anwalt immer noch sehr gut damit auskommen können. Anlangend die Schreib¬
gebühren, so würde es jedenfalls am besten sein, wenn diese ganz beseitigt
werden könnten. Es ist das Unangenehmste, was in einer Liquidation vor¬
kommen kann, wenn erst der Ansatz der Gebühr kommt, das Bauschquantum,
und dann 24 bis 36 Positionen für Schreibgebühr, die dann zusammen summirt
nahe an die Bauschsumme heranreichen. Wenigstens müßte es dahin gebracht



Bergl. jedoch die Anmerkung aus S. 608,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0666" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/154113"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Höhe der Prozeßkosten.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2851" prev="#ID_2850" next="#ID_2852"> dadurch, daß Zuschlage von einem Zehntel bis fünf Zehntel zu diesen einzelnen<lb/>
Sätzen kommen, die Kostenrechnung aufbaut. Es ist also der Z 9 der Rechts-<lb/>
amvaltstaxe derjenige, welcher zunächst zu revidiren ist. Es stellen sich dann<lb/>
auch einzelne andre Punkte heraus, die in der Praxis bisher ganz ungemein<lb/>
drückend befunden worden sind. Namentlich die Anwaltskostenberechnung in den Ali¬<lb/>
mentenklagen. Während früher diese Art Klagen sehr wenig Kosten verursacht<lb/>
haben, sind sie jetzt so verteuert worden, daß, wenn es zu einem Prozeß kommt,<lb/>
schon durch den Prozeß selbst mindestens einige Jahre an Alimenten aufgezehrt<lb/>
sind. Es ist ferner bei den Privatklngen der Ansatz für die Verhandlungen<lb/>
vor den Schöffengerichten, ebenso bei der Strafkammer in der Berufungsinstanz,<lb/>
ein so unverhältnismäßig hoher gegen die geringe Bemühung, die der Anwalt<lb/>
bei solchen Klagen zu entwickeln hat, daß, wenn eine Beweiserhebung durch<lb/>
Zeugen hinzukommt, eine solche Verteuerung entsteht, daß derjenige, welcher das<lb/>
Unglück hat, einen hartnäckigen Gegner einmal beleidigt zu haben und in Strafe<lb/>
und Kosten verurteilt zu werden, dann geradezu ruinirt werden kann, wenn er<lb/>
nicht ein reicher Mann ist. Anlangend die Gebühr für Erteilung eines Rates,<lb/>
so sollten nach § 47 der Gebührenordnung drei Zehntel des Satzes der Proze߬<lb/>
gebühr in § 9 des Gesetzes zu zahlen sein. Dieser Ansatz hat sich jedoch als<lb/>
so exorbitant herausgestellt, daß es wenigstens in der Praxis nicht vorkommen<lb/>
wird, daß der Gebührenbetrng wirklich erhoben werden wird, und ich habe selbst<lb/>
die Erfahrung gemacht, ebenso ist mir von andern Kollegen versichert worden,<lb/>
daß die fragliche Bestimmung nur deshalb in der Praxis unschädlich ist, weil<lb/>
man überhaupt auf Grund dieser Position nicht liquidiren kann, ohne gegen<lb/>
die Standesehre zu verstoßen. Es würde einen ganz merkwürdigen Eindruck<lb/>
machen, wenn man jemandem, der einen Anwalt über eine Angelegenheit im<lb/>
Werte von 16- oder 26 666 Mark gefragt har, eine Liquidation zuschicken würde<lb/>
für die Kosten einer Unterhaltung, die vielleicht zehn Minuten oder eine Viertel¬<lb/>
stunde gedauert hat und die sehr bedeutende Summe von 26 resp. 23 Mark<lb/>
ausmachen würde.*) Endlich sind die Reise- oder Fuhrkosten für die Anwälte,<lb/>
namentlich die Fuhrkosten auf Landstraßen, nicht die mit Dampfschiffen und<lb/>
Eisenbahnen, viel zu hoch gegriffen; sie sind gegen die früheren um fast 166 Pro¬<lb/>
zent erhöht; wenn man sie um die Hälfte erhöht hätte, so würde man als<lb/>
Anwalt immer noch sehr gut damit auskommen können. Anlangend die Schreib¬<lb/>
gebühren, so würde es jedenfalls am besten sein, wenn diese ganz beseitigt<lb/>
werden könnten. Es ist das Unangenehmste, was in einer Liquidation vor¬<lb/>
kommen kann, wenn erst der Ansatz der Gebühr kommt, das Bauschquantum,<lb/>
und dann 24 bis 36 Positionen für Schreibgebühr, die dann zusammen summirt<lb/>
nahe an die Bauschsumme heranreichen.  Wenigstens müßte es dahin gebracht</p><lb/>
          <note xml:id="FID_63" place="foot"> Bergl. jedoch die Anmerkung aus S. 608,</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0666] Die Höhe der Prozeßkosten. dadurch, daß Zuschlage von einem Zehntel bis fünf Zehntel zu diesen einzelnen Sätzen kommen, die Kostenrechnung aufbaut. Es ist also der Z 9 der Rechts- amvaltstaxe derjenige, welcher zunächst zu revidiren ist. Es stellen sich dann auch einzelne andre Punkte heraus, die in der Praxis bisher ganz ungemein drückend befunden worden sind. Namentlich die Anwaltskostenberechnung in den Ali¬ mentenklagen. Während früher diese Art Klagen sehr wenig Kosten verursacht haben, sind sie jetzt so verteuert worden, daß, wenn es zu einem Prozeß kommt, schon durch den Prozeß selbst mindestens einige Jahre an Alimenten aufgezehrt sind. Es ist ferner bei den Privatklngen der Ansatz für die Verhandlungen vor den Schöffengerichten, ebenso bei der Strafkammer in der Berufungsinstanz, ein so unverhältnismäßig hoher gegen die geringe Bemühung, die der Anwalt bei solchen Klagen zu entwickeln hat, daß, wenn eine Beweiserhebung durch Zeugen hinzukommt, eine solche Verteuerung entsteht, daß derjenige, welcher das Unglück hat, einen hartnäckigen Gegner einmal beleidigt zu haben und in Strafe und Kosten verurteilt zu werden, dann geradezu ruinirt werden kann, wenn er nicht ein reicher Mann ist. Anlangend die Gebühr für Erteilung eines Rates, so sollten nach § 47 der Gebührenordnung drei Zehntel des Satzes der Proze߬ gebühr in § 9 des Gesetzes zu zahlen sein. Dieser Ansatz hat sich jedoch als so exorbitant herausgestellt, daß es wenigstens in der Praxis nicht vorkommen wird, daß der Gebührenbetrng wirklich erhoben werden wird, und ich habe selbst die Erfahrung gemacht, ebenso ist mir von andern Kollegen versichert worden, daß die fragliche Bestimmung nur deshalb in der Praxis unschädlich ist, weil man überhaupt auf Grund dieser Position nicht liquidiren kann, ohne gegen die Standesehre zu verstoßen. Es würde einen ganz merkwürdigen Eindruck machen, wenn man jemandem, der einen Anwalt über eine Angelegenheit im Werte von 16- oder 26 666 Mark gefragt har, eine Liquidation zuschicken würde für die Kosten einer Unterhaltung, die vielleicht zehn Minuten oder eine Viertel¬ stunde gedauert hat und die sehr bedeutende Summe von 26 resp. 23 Mark ausmachen würde.*) Endlich sind die Reise- oder Fuhrkosten für die Anwälte, namentlich die Fuhrkosten auf Landstraßen, nicht die mit Dampfschiffen und Eisenbahnen, viel zu hoch gegriffen; sie sind gegen die früheren um fast 166 Pro¬ zent erhöht; wenn man sie um die Hälfte erhöht hätte, so würde man als Anwalt immer noch sehr gut damit auskommen können. Anlangend die Schreib¬ gebühren, so würde es jedenfalls am besten sein, wenn diese ganz beseitigt werden könnten. Es ist das Unangenehmste, was in einer Liquidation vor¬ kommen kann, wenn erst der Ansatz der Gebühr kommt, das Bauschquantum, und dann 24 bis 36 Positionen für Schreibgebühr, die dann zusammen summirt nahe an die Bauschsumme heranreichen. Wenigstens müßte es dahin gebracht Bergl. jedoch die Anmerkung aus S. 608,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/666
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/666>, abgerufen am 08.09.2024.