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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Lonrcid Ferdinand Meyers kleine Novellen.

größer" Truppeukörperu zugeteilt, und die eigenartige, historische Uniform, der
schwarze Schnürrvck, ist ihnen gelassen worden.

Zu diesen gewiß recht wenig einheitlichen lind verworrenen Verhältnissen
steht die Organisation der deutschen Kriegsflotte in erfreulichem Gegensatze.
Ganz Deutschland trägt anteilig die Kosten und Lasten für dieselbe, die see¬
männische Bevölkerung aller deutschen Staaten stellt die Bemannung der Schiffe,
und die kaiserliche Admiralität bildet eine oberste Kommando- und Verwaltungs¬
behörde. Der Chef der Admiralität führt den Oberbefehl über die deutsche See¬
macht nach den Anordnungen des Kaisers und leitet die Verwaltung unter Ver¬
antwortlichkeit des Reichskanzlers.




(Lonrad Ferdinand Meyers kleine Novellen.

is die Grenzboten vor wenigen Jahren die größeren Dichtungen
des farbenreichen und in seiner Weise künstlerisch reifen Schweizer
Balladendichters und Novellisten besprachen, betonten sie aus¬
drücklich, daß C. F. Meyer unbedingt zu denjenigen Erscheinungen
der gegenwärtigen Literatur zähle, von denen man gern ein Buch
zur Hand nehme und deren künftigen Leistungen man mit Anteil und Erwartung
entgegenzusehen habe. Seitdem hat der Dichter, welcher nicht zu den hastig
produzirenden Naturen zu gehören scheint, nur weniges veröffentlicht: neben seinen
originellen, hie und da kapriziösen "Gedichten" vor allem die hübsche Sammlung,
die sich Kleine Novellen*) betitelt, zu vier Bändchen oder einem sehr staatlichen
Bande angewachsen ist und die vier Erzählungen "Das Amulet," "Der Schuß
von der Kanzel," "Plautus im Nonnenkloster" und "Gustav Adolfs Page"
enthält. Sie gehören sämtlich zu den besten Erzählungen, welche in jüngster
Zeit aus der großen Flut der Belletristik emporgetaucht sind, und zu den
wenigen, die mit Genuß und wachsender Frende wieder und wieder gelesen
werden können, wie wir selbst soeben an ihnen erfahren haben.

Es ist auch in diesen Novellen vor allem das Kolorit, was anzieht und
fesselt, aber es ist unverkennbar, daß die psychologische Vertiefung und die echt
Poetische, nicht nur die malerische Stimmung in demselben Verhältnis zwischen
den früheren und den neueren Erzählungen gewahrt erscheint wie zwischen dem



*) Kleine Novellen von Conrad Ferdinand Meyer. Erster bis vierter Bond.
Leipzig, H. Haessel, 1832--1383.
Lonrcid Ferdinand Meyers kleine Novellen.

größer» Truppeukörperu zugeteilt, und die eigenartige, historische Uniform, der
schwarze Schnürrvck, ist ihnen gelassen worden.

Zu diesen gewiß recht wenig einheitlichen lind verworrenen Verhältnissen
steht die Organisation der deutschen Kriegsflotte in erfreulichem Gegensatze.
Ganz Deutschland trägt anteilig die Kosten und Lasten für dieselbe, die see¬
männische Bevölkerung aller deutschen Staaten stellt die Bemannung der Schiffe,
und die kaiserliche Admiralität bildet eine oberste Kommando- und Verwaltungs¬
behörde. Der Chef der Admiralität führt den Oberbefehl über die deutsche See¬
macht nach den Anordnungen des Kaisers und leitet die Verwaltung unter Ver¬
antwortlichkeit des Reichskanzlers.




(Lonrad Ferdinand Meyers kleine Novellen.

is die Grenzboten vor wenigen Jahren die größeren Dichtungen
des farbenreichen und in seiner Weise künstlerisch reifen Schweizer
Balladendichters und Novellisten besprachen, betonten sie aus¬
drücklich, daß C. F. Meyer unbedingt zu denjenigen Erscheinungen
der gegenwärtigen Literatur zähle, von denen man gern ein Buch
zur Hand nehme und deren künftigen Leistungen man mit Anteil und Erwartung
entgegenzusehen habe. Seitdem hat der Dichter, welcher nicht zu den hastig
produzirenden Naturen zu gehören scheint, nur weniges veröffentlicht: neben seinen
originellen, hie und da kapriziösen „Gedichten" vor allem die hübsche Sammlung,
die sich Kleine Novellen*) betitelt, zu vier Bändchen oder einem sehr staatlichen
Bande angewachsen ist und die vier Erzählungen „Das Amulet," „Der Schuß
von der Kanzel," „Plautus im Nonnenkloster" und „Gustav Adolfs Page"
enthält. Sie gehören sämtlich zu den besten Erzählungen, welche in jüngster
Zeit aus der großen Flut der Belletristik emporgetaucht sind, und zu den
wenigen, die mit Genuß und wachsender Frende wieder und wieder gelesen
werden können, wie wir selbst soeben an ihnen erfahren haben.

Es ist auch in diesen Novellen vor allem das Kolorit, was anzieht und
fesselt, aber es ist unverkennbar, daß die psychologische Vertiefung und die echt
Poetische, nicht nur die malerische Stimmung in demselben Verhältnis zwischen
den früheren und den neueren Erzählungen gewahrt erscheint wie zwischen dem



*) Kleine Novellen von Conrad Ferdinand Meyer. Erster bis vierter Bond.
Leipzig, H. Haessel, 1832—1383.
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[0621] Lonrcid Ferdinand Meyers kleine Novellen. größer» Truppeukörperu zugeteilt, und die eigenartige, historische Uniform, der schwarze Schnürrvck, ist ihnen gelassen worden. Zu diesen gewiß recht wenig einheitlichen lind verworrenen Verhältnissen steht die Organisation der deutschen Kriegsflotte in erfreulichem Gegensatze. Ganz Deutschland trägt anteilig die Kosten und Lasten für dieselbe, die see¬ männische Bevölkerung aller deutschen Staaten stellt die Bemannung der Schiffe, und die kaiserliche Admiralität bildet eine oberste Kommando- und Verwaltungs¬ behörde. Der Chef der Admiralität führt den Oberbefehl über die deutsche See¬ macht nach den Anordnungen des Kaisers und leitet die Verwaltung unter Ver¬ antwortlichkeit des Reichskanzlers. (Lonrad Ferdinand Meyers kleine Novellen. is die Grenzboten vor wenigen Jahren die größeren Dichtungen des farbenreichen und in seiner Weise künstlerisch reifen Schweizer Balladendichters und Novellisten besprachen, betonten sie aus¬ drücklich, daß C. F. Meyer unbedingt zu denjenigen Erscheinungen der gegenwärtigen Literatur zähle, von denen man gern ein Buch zur Hand nehme und deren künftigen Leistungen man mit Anteil und Erwartung entgegenzusehen habe. Seitdem hat der Dichter, welcher nicht zu den hastig produzirenden Naturen zu gehören scheint, nur weniges veröffentlicht: neben seinen originellen, hie und da kapriziösen „Gedichten" vor allem die hübsche Sammlung, die sich Kleine Novellen*) betitelt, zu vier Bändchen oder einem sehr staatlichen Bande angewachsen ist und die vier Erzählungen „Das Amulet," „Der Schuß von der Kanzel," „Plautus im Nonnenkloster" und „Gustav Adolfs Page" enthält. Sie gehören sämtlich zu den besten Erzählungen, welche in jüngster Zeit aus der großen Flut der Belletristik emporgetaucht sind, und zu den wenigen, die mit Genuß und wachsender Frende wieder und wieder gelesen werden können, wie wir selbst soeben an ihnen erfahren haben. Es ist auch in diesen Novellen vor allem das Kolorit, was anzieht und fesselt, aber es ist unverkennbar, daß die psychologische Vertiefung und die echt Poetische, nicht nur die malerische Stimmung in demselben Verhältnis zwischen den früheren und den neueren Erzählungen gewahrt erscheint wie zwischen dem *) Kleine Novellen von Conrad Ferdinand Meyer. Erster bis vierter Bond. Leipzig, H. Haessel, 1832—1383.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/621>, abgerufen am 08.09.2024.