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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Fritz Reuters Haushund.

Tau Dorndorf was 't in 'ne Jubelliel,
As >öl nah Jena logen.
Twöls Johr, dar is 'ne ariue Tick,
Wenn man sei hätt' verslnpeu --
Du barst dei Ogeu so hell un Iviet
Un lebcnSfröhlich aper!
Twölf Johr, dat is 'ne riete Tick
In 'n ar>ne>l Minschcnleben:
Wenn man derwicl nut Hari um Filet
Wie du för Johrhnnuerte schrebeil!

Dorndorf, August 1358, Eisenach, Juni 1870.

Noch ein zweites Wort im Dialekte findet sich etliche Blätter weiter. Auch
dies stammt ans dem Jahre 1870 und erinnert zugleich an die kriegerische Be¬
deutung desselben, uicht nur weil es von einem Soldaten herrührt, sondern anch
weil es ans die Samariterdicnste hinweist, welche in jener großen, ewig denk¬
würdigen Zeit Frau Reuter im Lnzareth und am Bahnhof von Eisenach mit
aufopferndster Thätigkeit und Freudigkeit übte. Der damalige Oberst E. vou
Conrady spielt auf eine Episode in dem Buche "Ut illine Festungstid" um
und schreibt mit einer kleinen Variante:

Ick was so nor un so lederwik, dat ick mi nich rögeu kam, awer jetee Ding het er'
End, me W>tst het ehre loci. Ick kam rut ut dat Bett, un denn Stunn de gaude Fru
Rüterir vor mi un hatt den glasürlen Pott iir de Hand un saubere un proppt mi mit sihr
gaude Supp un hat: Eden S' doch, wem: Sei nich eden, warten Sei nich wedder beler!

Und besser und gesund bin ich durch die Suppen, die mir die "garde Fru Niitern"
täglich geschickt, geworden, und daran werden wir in dankbarer Erinnerung an die lieben
guten Reuters zeitlebens gedenken.

Ja, wieviel Magenstärkendes kam 1870 und schon früher 1866 hier "ut
Keil un Keller," wie viel Liebesspcndcn im kleinen und großen! Wer hat damals
nicht von den plattdeutschen Ausrufer gehört, die Reuter in mecklenburgischen
Zeitungen an seine Landsleute erließ; wer kennt nicht auch die beiden wunder¬
samen Dichtungen, seinen Schwanengesang "Ol 'ne lütte Gaw' för Dütschland"
und "Großmutting, hei is dod!"

Das waren gewaltige Jahre, 1866 und 1870, in denen Reuters warmes
deutsches Herz in jugendlicher Begeisterung schlug, in denen der erste Minister
Preußens, Bismarck, dem "Hochverräter" jenen denkwürdigen Brief schrieb und
Felix Eberty dem deutschen Volksdichter seine Geschichte des preußischen Staats
als Zeichen der Dankbarkeit für tausend genußreiche Stunden widmete. Eberty,
welcher 1872 mit seiner Familie seinen Lieblingsautor besuchte, hat in das
Stammbuch eingetragen:


Götter bestrafen die Lüge, doch Menschen bestrafen die Wahrheit.

Des Vaterlandes Größe und Einheit hat der Dichter erlebt, er, der daran
hervorragenden Anteil hat. Dann blieben ihm uoch ein paar Jahre hienieden


Fritz Reuters Haushund.

Tau Dorndorf was 't in 'ne Jubelliel,
As >öl nah Jena logen.
Twöls Johr, dar is 'ne ariue Tick,
Wenn man sei hätt' verslnpeu —
Du barst dei Ogeu so hell un Iviet
Un lebcnSfröhlich aper!
Twölf Johr, dat is 'ne riete Tick
In 'n ar>ne>l Minschcnleben:
Wenn man derwicl nut Hari um Filet
Wie du för Johrhnnuerte schrebeil!

Dorndorf, August 1358, Eisenach, Juni 1870.

Noch ein zweites Wort im Dialekte findet sich etliche Blätter weiter. Auch
dies stammt ans dem Jahre 1870 und erinnert zugleich an die kriegerische Be¬
deutung desselben, uicht nur weil es von einem Soldaten herrührt, sondern anch
weil es ans die Samariterdicnste hinweist, welche in jener großen, ewig denk¬
würdigen Zeit Frau Reuter im Lnzareth und am Bahnhof von Eisenach mit
aufopferndster Thätigkeit und Freudigkeit übte. Der damalige Oberst E. vou
Conrady spielt auf eine Episode in dem Buche „Ut illine Festungstid" um
und schreibt mit einer kleinen Variante:

Ick was so nor un so lederwik, dat ick mi nich rögeu kam, awer jetee Ding het er'
End, me W>tst het ehre loci. Ick kam rut ut dat Bett, un denn Stunn de gaude Fru
Rüterir vor mi un hatt den glasürlen Pott iir de Hand un saubere un proppt mi mit sihr
gaude Supp un hat: Eden S' doch, wem: Sei nich eden, warten Sei nich wedder beler!

Und besser und gesund bin ich durch die Suppen, die mir die „garde Fru Niitern"
täglich geschickt, geworden, und daran werden wir in dankbarer Erinnerung an die lieben
guten Reuters zeitlebens gedenken.

Ja, wieviel Magenstärkendes kam 1870 und schon früher 1866 hier „ut
Keil un Keller," wie viel Liebesspcndcn im kleinen und großen! Wer hat damals
nicht von den plattdeutschen Ausrufer gehört, die Reuter in mecklenburgischen
Zeitungen an seine Landsleute erließ; wer kennt nicht auch die beiden wunder¬
samen Dichtungen, seinen Schwanengesang „Ol 'ne lütte Gaw' för Dütschland"
und „Großmutting, hei is dod!"

Das waren gewaltige Jahre, 1866 und 1870, in denen Reuters warmes
deutsches Herz in jugendlicher Begeisterung schlug, in denen der erste Minister
Preußens, Bismarck, dem „Hochverräter" jenen denkwürdigen Brief schrieb und
Felix Eberty dem deutschen Volksdichter seine Geschichte des preußischen Staats
als Zeichen der Dankbarkeit für tausend genußreiche Stunden widmete. Eberty,
welcher 1872 mit seiner Familie seinen Lieblingsautor besuchte, hat in das
Stammbuch eingetragen:


Götter bestrafen die Lüge, doch Menschen bestrafen die Wahrheit.

Des Vaterlandes Größe und Einheit hat der Dichter erlebt, er, der daran
hervorragenden Anteil hat. Dann blieben ihm uoch ein paar Jahre hienieden


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[0526] Fritz Reuters Haushund. Tau Dorndorf was 't in 'ne Jubelliel, As >öl nah Jena logen. Twöls Johr, dar is 'ne ariue Tick, Wenn man sei hätt' verslnpeu — Du barst dei Ogeu so hell un Iviet Un lebcnSfröhlich aper! Twölf Johr, dat is 'ne riete Tick In 'n ar>ne>l Minschcnleben: Wenn man derwicl nut Hari um Filet Wie du för Johrhnnuerte schrebeil! Dorndorf, August 1358, Eisenach, Juni 1870. Noch ein zweites Wort im Dialekte findet sich etliche Blätter weiter. Auch dies stammt ans dem Jahre 1870 und erinnert zugleich an die kriegerische Be¬ deutung desselben, uicht nur weil es von einem Soldaten herrührt, sondern anch weil es ans die Samariterdicnste hinweist, welche in jener großen, ewig denk¬ würdigen Zeit Frau Reuter im Lnzareth und am Bahnhof von Eisenach mit aufopferndster Thätigkeit und Freudigkeit übte. Der damalige Oberst E. vou Conrady spielt auf eine Episode in dem Buche „Ut illine Festungstid" um und schreibt mit einer kleinen Variante: Ick was so nor un so lederwik, dat ick mi nich rögeu kam, awer jetee Ding het er' End, me W>tst het ehre loci. Ick kam rut ut dat Bett, un denn Stunn de gaude Fru Rüterir vor mi un hatt den glasürlen Pott iir de Hand un saubere un proppt mi mit sihr gaude Supp un hat: Eden S' doch, wem: Sei nich eden, warten Sei nich wedder beler! Und besser und gesund bin ich durch die Suppen, die mir die „garde Fru Niitern" täglich geschickt, geworden, und daran werden wir in dankbarer Erinnerung an die lieben guten Reuters zeitlebens gedenken. Ja, wieviel Magenstärkendes kam 1870 und schon früher 1866 hier „ut Keil un Keller," wie viel Liebesspcndcn im kleinen und großen! Wer hat damals nicht von den plattdeutschen Ausrufer gehört, die Reuter in mecklenburgischen Zeitungen an seine Landsleute erließ; wer kennt nicht auch die beiden wunder¬ samen Dichtungen, seinen Schwanengesang „Ol 'ne lütte Gaw' för Dütschland" und „Großmutting, hei is dod!" Das waren gewaltige Jahre, 1866 und 1870, in denen Reuters warmes deutsches Herz in jugendlicher Begeisterung schlug, in denen der erste Minister Preußens, Bismarck, dem „Hochverräter" jenen denkwürdigen Brief schrieb und Felix Eberty dem deutschen Volksdichter seine Geschichte des preußischen Staats als Zeichen der Dankbarkeit für tausend genußreiche Stunden widmete. Eberty, welcher 1872 mit seiner Familie seinen Lieblingsautor besuchte, hat in das Stammbuch eingetragen: Götter bestrafen die Lüge, doch Menschen bestrafen die Wahrheit. Des Vaterlandes Größe und Einheit hat der Dichter erlebt, er, der daran hervorragenden Anteil hat. Dann blieben ihm uoch ein paar Jahre hienieden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/526>, abgerufen am 08.09.2024.