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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Seuchen und Tod in den Reihen des Expeditionskorps reißen werden. Sollte
China dann noch gegen die Franzosen marschiren lassen -- woran wir noch
zweifeln dürfen --, so würde man französischcrseits noch weit mehr Truppen
nachsenden müssen. Wenn man sagt, man werde sich mit Aushebungen um Ort
und Stelle helfen können, so hat eine solche Einreihung eingeborner Rekruten
in die französische Kolvnialarmee allerdings schon vor Jahren stattgefunden und
ist in der letzten Zeit in verstärktem Maße fortgesetzt worden, aber einheimische
Soldaten vertragen zwar das Klima besser als europäische, kommen ihnen aber,
zumal wenn sie rasch zusammengerafft und nach kurzer Zeit vor den Feind
gebracht werden, wie in unserm Fall, an militärischer Tüchtigkeit nicht entfernt
gleich. Es scheint daher, daß Tonkin und Arran, vielleicht auch Madagaskar,
in den nächsten Monaten mehr und mehr Mannschaften der in Frankreich
stehenden Armee in Anspruch nehmen werden. Die Franzosen werden aber selbst
am besten wissen, was sie brauchen und was sie daheim entbehren können, und
da sie allen Anzeichen zufolge geneigt sind, auf diese fernen Länder reichliche
militärische Kräfte zu verwenden, so dürfen wir schließen, daß sie bei ihren
Nachbarn in Europa viel Wohlwollen voraussetzen. Auf deutscher Seite werden
sie sich darin -- wir dürfen wohl sagen, selbstverständlich -- nicht täuschen,
und so ist ihre Politik in Ostasien eine weitere Bürgschaft für die Erhaltung
des europäischen Friedens.




Die Vorrechte der Offiziere im Staate
und in der Gesellschaft.

in Schriftchen unter dem obigen Titel, welches kürzlich in Berlin
(bei Walther und Apolant) erschienen ist, hat einiges Aufsehen
erregt und ist in der Presse mehrfach besprochen worden. Es
richtet sich vorzugsweise gegen Aussprüche, welche der bekannte
Militärschriftsteller v. d. Goltz in seinem Werke "Das Volk in
Waffen" gethan hat, und sucht nachzuweisen, daß die mannichfachen Vorrechte,
welche die Offiziere in Staat und Gesellschaft genießen, keine innere Berechtigung
haben. Die Schrift hat in dieser Beziehung ein reiches Material zusammen¬
gestellt. Die Sprache ist bei aller Entschiedenheit maßvoll und in der Form
nicht verletzend. Wir können daher in aller Ruhe auf eine Besprechung mit
dem Verfasser eingehen.


Seuchen und Tod in den Reihen des Expeditionskorps reißen werden. Sollte
China dann noch gegen die Franzosen marschiren lassen — woran wir noch
zweifeln dürfen —, so würde man französischcrseits noch weit mehr Truppen
nachsenden müssen. Wenn man sagt, man werde sich mit Aushebungen um Ort
und Stelle helfen können, so hat eine solche Einreihung eingeborner Rekruten
in die französische Kolvnialarmee allerdings schon vor Jahren stattgefunden und
ist in der letzten Zeit in verstärktem Maße fortgesetzt worden, aber einheimische
Soldaten vertragen zwar das Klima besser als europäische, kommen ihnen aber,
zumal wenn sie rasch zusammengerafft und nach kurzer Zeit vor den Feind
gebracht werden, wie in unserm Fall, an militärischer Tüchtigkeit nicht entfernt
gleich. Es scheint daher, daß Tonkin und Arran, vielleicht auch Madagaskar,
in den nächsten Monaten mehr und mehr Mannschaften der in Frankreich
stehenden Armee in Anspruch nehmen werden. Die Franzosen werden aber selbst
am besten wissen, was sie brauchen und was sie daheim entbehren können, und
da sie allen Anzeichen zufolge geneigt sind, auf diese fernen Länder reichliche
militärische Kräfte zu verwenden, so dürfen wir schließen, daß sie bei ihren
Nachbarn in Europa viel Wohlwollen voraussetzen. Auf deutscher Seite werden
sie sich darin — wir dürfen wohl sagen, selbstverständlich — nicht täuschen,
und so ist ihre Politik in Ostasien eine weitere Bürgschaft für die Erhaltung
des europäischen Friedens.




Die Vorrechte der Offiziere im Staate
und in der Gesellschaft.

in Schriftchen unter dem obigen Titel, welches kürzlich in Berlin
(bei Walther und Apolant) erschienen ist, hat einiges Aufsehen
erregt und ist in der Presse mehrfach besprochen worden. Es
richtet sich vorzugsweise gegen Aussprüche, welche der bekannte
Militärschriftsteller v. d. Goltz in seinem Werke „Das Volk in
Waffen" gethan hat, und sucht nachzuweisen, daß die mannichfachen Vorrechte,
welche die Offiziere in Staat und Gesellschaft genießen, keine innere Berechtigung
haben. Die Schrift hat in dieser Beziehung ein reiches Material zusammen¬
gestellt. Die Sprache ist bei aller Entschiedenheit maßvoll und in der Form
nicht verletzend. Wir können daher in aller Ruhe auf eine Besprechung mit
dem Verfasser eingehen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/503>, abgerufen am 08.09.2024.