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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Graf Chambord ^

in 24. August ist das Haupt des großen alten Hauses Bourbon,
der gesetzliche Erbe des französischen Thrones, zu seinen Vätern
versammelt worden. Er war keine bedeutende Persönlichkeit, aber
er vertrat ein Prinzip, das der erblichen Monarchie. Wenn also
von seinen Thaten fast nichts zu berichten ist, so scheint es an¬
gemessen, zunächst einige Worte über seine Abstammung von dem Stifter der
bourbonischen Dynastie zu sagen, eine Abstammung, die länger als ein halbes
Jahrhundert seinen unbestreitbaren, aber praktisch wenig bedeutenden Anspruch
auf die Krone des heiligen Ludwig begründete.

Jener Stifter war Heinrich von Navarra, später Heinrich IV. von Frank¬
reich, der kraft des salischen Gesetzes und seiner Abstammung von Prinz Robert,
dem sechsten Sohne des heiligen Ludwig, uach der Ermordung Heinrichs III.
auf den französischen Thron gelangte. Heinrich, der Roi Veüllüiit in Gretrys
Rondeau, das zwei Jahrhunderte lang das Nationallied der Franzosen war,
hinterließ bei seinem Ableben zwei Söhne, deren älterer ihm 1610 als Ludwig XIII.
auf dem Throne folgte, während der jüngere, Gaston d'Orleans, 1660 ohne
Nachkommen starb. Ludwig XIII. hinterließ aus seiner Ehe mit Anna von
Österreich ebenfalls zwei Söhne, Ludwig XIV. und Philipp von Orleans, den
Ahnherrn der sogenannten jüngern Linie der Bourbonen, deren Haupt jetzt Louis
Philipp Albert, der Graf von Paris, ist. Der älteste Sohn Ludwigs XIV,
der Dauphin Louis, der vier Jahre vor dem Tode des Zranä Nonarquiz starb,
hatte von seiner Gemahlin Maria Anna von Baiern drei Söhne. Der älteste
derselben schied ebenfalls noch während des Lebens Ludwigs XIV. aus dieser
Zeitlichkeit. Dieser Prinz hatte von Maria Adela von Savoyen drei Söhne,
von denen zwei in früher Jugend starben, während der dritte seinem Großvater


Grenzboten III. 1883. 61


Graf Chambord ^

in 24. August ist das Haupt des großen alten Hauses Bourbon,
der gesetzliche Erbe des französischen Thrones, zu seinen Vätern
versammelt worden. Er war keine bedeutende Persönlichkeit, aber
er vertrat ein Prinzip, das der erblichen Monarchie. Wenn also
von seinen Thaten fast nichts zu berichten ist, so scheint es an¬
gemessen, zunächst einige Worte über seine Abstammung von dem Stifter der
bourbonischen Dynastie zu sagen, eine Abstammung, die länger als ein halbes
Jahrhundert seinen unbestreitbaren, aber praktisch wenig bedeutenden Anspruch
auf die Krone des heiligen Ludwig begründete.

Jener Stifter war Heinrich von Navarra, später Heinrich IV. von Frank¬
reich, der kraft des salischen Gesetzes und seiner Abstammung von Prinz Robert,
dem sechsten Sohne des heiligen Ludwig, uach der Ermordung Heinrichs III.
auf den französischen Thron gelangte. Heinrich, der Roi Veüllüiit in Gretrys
Rondeau, das zwei Jahrhunderte lang das Nationallied der Franzosen war,
hinterließ bei seinem Ableben zwei Söhne, deren älterer ihm 1610 als Ludwig XIII.
auf dem Throne folgte, während der jüngere, Gaston d'Orleans, 1660 ohne
Nachkommen starb. Ludwig XIII. hinterließ aus seiner Ehe mit Anna von
Österreich ebenfalls zwei Söhne, Ludwig XIV. und Philipp von Orleans, den
Ahnherrn der sogenannten jüngern Linie der Bourbonen, deren Haupt jetzt Louis
Philipp Albert, der Graf von Paris, ist. Der älteste Sohn Ludwigs XIV,
der Dauphin Louis, der vier Jahre vor dem Tode des Zranä Nonarquiz starb,
hatte von seiner Gemahlin Maria Anna von Baiern drei Söhne. Der älteste
derselben schied ebenfalls noch während des Lebens Ludwigs XIV. aus dieser
Zeitlichkeit. Dieser Prinz hatte von Maria Adela von Savoyen drei Söhne,
von denen zwei in früher Jugend starben, während der dritte seinem Großvater


Grenzboten III. 1883. 61
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[0489] [Abbildung] Graf Chambord ^ in 24. August ist das Haupt des großen alten Hauses Bourbon, der gesetzliche Erbe des französischen Thrones, zu seinen Vätern versammelt worden. Er war keine bedeutende Persönlichkeit, aber er vertrat ein Prinzip, das der erblichen Monarchie. Wenn also von seinen Thaten fast nichts zu berichten ist, so scheint es an¬ gemessen, zunächst einige Worte über seine Abstammung von dem Stifter der bourbonischen Dynastie zu sagen, eine Abstammung, die länger als ein halbes Jahrhundert seinen unbestreitbaren, aber praktisch wenig bedeutenden Anspruch auf die Krone des heiligen Ludwig begründete. Jener Stifter war Heinrich von Navarra, später Heinrich IV. von Frank¬ reich, der kraft des salischen Gesetzes und seiner Abstammung von Prinz Robert, dem sechsten Sohne des heiligen Ludwig, uach der Ermordung Heinrichs III. auf den französischen Thron gelangte. Heinrich, der Roi Veüllüiit in Gretrys Rondeau, das zwei Jahrhunderte lang das Nationallied der Franzosen war, hinterließ bei seinem Ableben zwei Söhne, deren älterer ihm 1610 als Ludwig XIII. auf dem Throne folgte, während der jüngere, Gaston d'Orleans, 1660 ohne Nachkommen starb. Ludwig XIII. hinterließ aus seiner Ehe mit Anna von Österreich ebenfalls zwei Söhne, Ludwig XIV. und Philipp von Orleans, den Ahnherrn der sogenannten jüngern Linie der Bourbonen, deren Haupt jetzt Louis Philipp Albert, der Graf von Paris, ist. Der älteste Sohn Ludwigs XIV, der Dauphin Louis, der vier Jahre vor dem Tode des Zranä Nonarquiz starb, hatte von seiner Gemahlin Maria Anna von Baiern drei Söhne. Der älteste derselben schied ebenfalls noch während des Lebens Ludwigs XIV. aus dieser Zeitlichkeit. Dieser Prinz hatte von Maria Adela von Savoyen drei Söhne, von denen zwei in früher Jugend starben, während der dritte seinem Großvater Grenzboten III. 1883. 61

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/489>, abgerufen am 08.09.2024.