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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Die Grafen von Altenschrverdt.
August Niemnnn Roman von(Gotha).
(Fortsetzung.)

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M^T^aron Sextus kam nun auf den gestrigen Abend zurück und er¬
zählte dem Grafen Franeker alles, was er wußte, vermutete und
befürchtete. Er teilte ihm mit, was die Gräfin ihm bis jetzt über
Eberhardt gesagt, was der Freiherr von Valdeghem berichtet hatte,
und zuletzt das Unglück in Scholldorf, den Besuch des Pfarrers
und alles, was dieser erzählt hatte. Sie können sich denken, mein
lieber Freund, in welcher entsetzlich peinlichen Lage ich mich befinde, sagte er
zum Schlüsse. Bald denke ich, es könnten nur Spiele meiner erhitzten Phan¬
tasie sein, die mich quälen, bald erscheinen mir wieder alle diese Thatsachen als
eine zusammenhängende Kette, die auf eine furchtbare Geschichte schließen lassen.
Aber welche Person müßte die Gräfin sein, wenn das letztere wahr wäre! Man
hat freilich von eleganten und geistreichen Damen gehört, die ihre Fehler auf eine
umso höhere Stufe zu treiben wußten, von je größern Geistesgaben sie waren.
Aber diese Erzählung des Pfarrers? Ich habe eine wahre Angst, wenn mich
der Gedanke überkommt, daß sie das Haus in Brand gesteckt haben könnte.
Und doch -- es war einmal ein Kerl bei meinem Regiments, der auch eine Fuß-
verletzung simulirte, um Nachts auszureißen und einen andern totzuschlagen.
Aber es wird mir schwer, es wird mir unmöglich, das von ihr zu glauben.
Sie müßte den Satan im Leibe haben. Sie müßte eine Verbrecherin oder eine
Wahnsinnige sein.

Der General hörte gedankenvoll zu. Und sollte das nicht schließlich das¬
selbe sein? fragte er.

Dasselbe? Wenn sie eine Verbrecherin wäre, so würde ich das meinige
dazu thun, sie der wohlverdienten Strafe zu überliefern, obwohl es eine Schande
nicht nur für unsre Familie, sondern für den Adel überhaupt wäre. Wenn sie
aber eine Wahnsinnige wäre, so könnte ich doch Mitleid mit ihr haben.

Wir müßten wohl in jedem Falle Mitleid
neral. Denken Sie, welche Qualen sie erlitten
Dinge in böser Absicht wohlbedacht gethan hätte,
jeder Mensch, der etwas Böses thut, thut es
das Gute nicht kennt. Denn wer das Gute recht kennt, der wird es auch lieben.mit ihr haben, sagte der Ge¬
haben müßte, wenn sie solche
Nein, mein Freund, ich denke,
aus dem Grunde, daß ernur




Die Grafen von Altenschrverdt.
August Niemnnn Roman von(Gotha).
(Fortsetzung.)

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M^T^aron Sextus kam nun auf den gestrigen Abend zurück und er¬
zählte dem Grafen Franeker alles, was er wußte, vermutete und
befürchtete. Er teilte ihm mit, was die Gräfin ihm bis jetzt über
Eberhardt gesagt, was der Freiherr von Valdeghem berichtet hatte,
und zuletzt das Unglück in Scholldorf, den Besuch des Pfarrers
und alles, was dieser erzählt hatte. Sie können sich denken, mein
lieber Freund, in welcher entsetzlich peinlichen Lage ich mich befinde, sagte er
zum Schlüsse. Bald denke ich, es könnten nur Spiele meiner erhitzten Phan¬
tasie sein, die mich quälen, bald erscheinen mir wieder alle diese Thatsachen als
eine zusammenhängende Kette, die auf eine furchtbare Geschichte schließen lassen.
Aber welche Person müßte die Gräfin sein, wenn das letztere wahr wäre! Man
hat freilich von eleganten und geistreichen Damen gehört, die ihre Fehler auf eine
umso höhere Stufe zu treiben wußten, von je größern Geistesgaben sie waren.
Aber diese Erzählung des Pfarrers? Ich habe eine wahre Angst, wenn mich
der Gedanke überkommt, daß sie das Haus in Brand gesteckt haben könnte.
Und doch — es war einmal ein Kerl bei meinem Regiments, der auch eine Fuß-
verletzung simulirte, um Nachts auszureißen und einen andern totzuschlagen.
Aber es wird mir schwer, es wird mir unmöglich, das von ihr zu glauben.
Sie müßte den Satan im Leibe haben. Sie müßte eine Verbrecherin oder eine
Wahnsinnige sein.

Der General hörte gedankenvoll zu. Und sollte das nicht schließlich das¬
selbe sein? fragte er.

Dasselbe? Wenn sie eine Verbrecherin wäre, so würde ich das meinige
dazu thun, sie der wohlverdienten Strafe zu überliefern, obwohl es eine Schande
nicht nur für unsre Familie, sondern für den Adel überhaupt wäre. Wenn sie
aber eine Wahnsinnige wäre, so könnte ich doch Mitleid mit ihr haben.

Wir müßten wohl in jedem Falle Mitleid
neral. Denken Sie, welche Qualen sie erlitten
Dinge in böser Absicht wohlbedacht gethan hätte,
jeder Mensch, der etwas Böses thut, thut es
das Gute nicht kennt. Denn wer das Gute recht kennt, der wird es auch lieben.mit ihr haben, sagte der Ge¬
haben müßte, wenn sie solche
Nein, mein Freund, ich denke,
aus dem Grunde, daß ernur


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[0474] Die Grafen von Altenschrverdt. August Niemnnn Roman von(Gotha). (Fortsetzung.) /^^F^'^ ü^MZQ^D M^T^aron Sextus kam nun auf den gestrigen Abend zurück und er¬ zählte dem Grafen Franeker alles, was er wußte, vermutete und befürchtete. Er teilte ihm mit, was die Gräfin ihm bis jetzt über Eberhardt gesagt, was der Freiherr von Valdeghem berichtet hatte, und zuletzt das Unglück in Scholldorf, den Besuch des Pfarrers und alles, was dieser erzählt hatte. Sie können sich denken, mein lieber Freund, in welcher entsetzlich peinlichen Lage ich mich befinde, sagte er zum Schlüsse. Bald denke ich, es könnten nur Spiele meiner erhitzten Phan¬ tasie sein, die mich quälen, bald erscheinen mir wieder alle diese Thatsachen als eine zusammenhängende Kette, die auf eine furchtbare Geschichte schließen lassen. Aber welche Person müßte die Gräfin sein, wenn das letztere wahr wäre! Man hat freilich von eleganten und geistreichen Damen gehört, die ihre Fehler auf eine umso höhere Stufe zu treiben wußten, von je größern Geistesgaben sie waren. Aber diese Erzählung des Pfarrers? Ich habe eine wahre Angst, wenn mich der Gedanke überkommt, daß sie das Haus in Brand gesteckt haben könnte. Und doch — es war einmal ein Kerl bei meinem Regiments, der auch eine Fuß- verletzung simulirte, um Nachts auszureißen und einen andern totzuschlagen. Aber es wird mir schwer, es wird mir unmöglich, das von ihr zu glauben. Sie müßte den Satan im Leibe haben. Sie müßte eine Verbrecherin oder eine Wahnsinnige sein. Der General hörte gedankenvoll zu. Und sollte das nicht schließlich das¬ selbe sein? fragte er. Dasselbe? Wenn sie eine Verbrecherin wäre, so würde ich das meinige dazu thun, sie der wohlverdienten Strafe zu überliefern, obwohl es eine Schande nicht nur für unsre Familie, sondern für den Adel überhaupt wäre. Wenn sie aber eine Wahnsinnige wäre, so könnte ich doch Mitleid mit ihr haben. Wir müßten wohl in jedem Falle Mitleid neral. Denken Sie, welche Qualen sie erlitten Dinge in böser Absicht wohlbedacht gethan hätte, jeder Mensch, der etwas Böses thut, thut es das Gute nicht kennt. Denn wer das Gute recht kennt, der wird es auch lieben.mit ihr haben, sagte der Ge¬ haben müßte, wenn sie solche Nein, mein Freund, ich denke, aus dem Grunde, daß ernur

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/474>, abgerufen am 08.09.2024.