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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Der Streitfall von Tamatave.

er Anlaß zu einem Zerwürfnis zwischen England und Frankreich,
der in dem Verhalten des die französischen Schiffe an der Küste
von Madagaskar kommandirenden Admirals Pierre liegt, scheint,
obwohl sich die ersten Nachrichten von der Sache inzwischen in
allem wesentlichen bestätigt haben, bis jetzt nicht die Folgen haben
zu sollen, welche viele davon fürchteten. Zwar hat die französische Regierung
die sehnlichst erwarteten Depeschen aus Madagaskar, oder vielmehr von dem
zur Aufklärung der Angelegenheit dorthin gesandten Konsul für Zanzibar, sonder¬
barerweise noch nicht erhalten, aber es liegen verschiedne Privatbriefe aus
Tamatave vor, die, teils von Engländern, teils von Franzosen geschrieben, uns
in den Stand setzen, uns eine ziemlich deutliche Vorstellung von den betreffenden
Vorfällen und von den Zuständen zu machen, die seit der Besetzung der Stadt
durch die Franzosen eingetreten sind.

Ein offenbar unparteiischer Korrespondent der Mssteru NornluAs Nsvs
in Tamatave schreibt unterm 12. Juli:

Das erwartete Ableben Mr. Pakenhams, des Konsuls, hat stattgefunden. Er
war sechzig Jahre alt, etwas wohlbeleibt und bis in die letzte Zeit ziemlich bei
Kräften. Zweifelsohne hat Ärger über die neuliche Verdrießlichkeit mit den Fran¬
zosen sein Ende beschleunigt. Die französischen Behörden glaubten nicht an seine
Krankheit und bestanden infolge dessen darauf, daß er sich binnen vierundzwanzig
Stunden entferne. Man behauptete, daß seine Fortschaffung nach der Dryad ^dem
vor der Stadt ankernden englischen Kriegsschiffe) wahrscheinlich sein Tod sein werde,
es wurde jedoch keine Notiz von dieser Behauptung genommen, und die Franzosen
trafen Vorkehrungen, ihn abzuholen, aber der zu dem Zwecke abgeschickte Offizier
kehrte mit der Nachricht zurück, daß es zu spät sei. Zwei Tage nachher fand das
Begräbnis des verstorbenen Konsuls statt. Von Ihrer Majestät Schiff Dryad


Grenzboten III. 1883. S4


Der Streitfall von Tamatave.

er Anlaß zu einem Zerwürfnis zwischen England und Frankreich,
der in dem Verhalten des die französischen Schiffe an der Küste
von Madagaskar kommandirenden Admirals Pierre liegt, scheint,
obwohl sich die ersten Nachrichten von der Sache inzwischen in
allem wesentlichen bestätigt haben, bis jetzt nicht die Folgen haben
zu sollen, welche viele davon fürchteten. Zwar hat die französische Regierung
die sehnlichst erwarteten Depeschen aus Madagaskar, oder vielmehr von dem
zur Aufklärung der Angelegenheit dorthin gesandten Konsul für Zanzibar, sonder¬
barerweise noch nicht erhalten, aber es liegen verschiedne Privatbriefe aus
Tamatave vor, die, teils von Engländern, teils von Franzosen geschrieben, uns
in den Stand setzen, uns eine ziemlich deutliche Vorstellung von den betreffenden
Vorfällen und von den Zuständen zu machen, die seit der Besetzung der Stadt
durch die Franzosen eingetreten sind.

Ein offenbar unparteiischer Korrespondent der Mssteru NornluAs Nsvs
in Tamatave schreibt unterm 12. Juli:

Das erwartete Ableben Mr. Pakenhams, des Konsuls, hat stattgefunden. Er
war sechzig Jahre alt, etwas wohlbeleibt und bis in die letzte Zeit ziemlich bei
Kräften. Zweifelsohne hat Ärger über die neuliche Verdrießlichkeit mit den Fran¬
zosen sein Ende beschleunigt. Die französischen Behörden glaubten nicht an seine
Krankheit und bestanden infolge dessen darauf, daß er sich binnen vierundzwanzig
Stunden entferne. Man behauptete, daß seine Fortschaffung nach der Dryad ^dem
vor der Stadt ankernden englischen Kriegsschiffe) wahrscheinlich sein Tod sein werde,
es wurde jedoch keine Notiz von dieser Behauptung genommen, und die Franzosen
trafen Vorkehrungen, ihn abzuholen, aber der zu dem Zwecke abgeschickte Offizier
kehrte mit der Nachricht zurück, daß es zu spät sei. Zwei Tage nachher fand das
Begräbnis des verstorbenen Konsuls statt. Von Ihrer Majestät Schiff Dryad


Grenzboten III. 1883. S4
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[0433] [Abbildung] Der Streitfall von Tamatave. er Anlaß zu einem Zerwürfnis zwischen England und Frankreich, der in dem Verhalten des die französischen Schiffe an der Küste von Madagaskar kommandirenden Admirals Pierre liegt, scheint, obwohl sich die ersten Nachrichten von der Sache inzwischen in allem wesentlichen bestätigt haben, bis jetzt nicht die Folgen haben zu sollen, welche viele davon fürchteten. Zwar hat die französische Regierung die sehnlichst erwarteten Depeschen aus Madagaskar, oder vielmehr von dem zur Aufklärung der Angelegenheit dorthin gesandten Konsul für Zanzibar, sonder¬ barerweise noch nicht erhalten, aber es liegen verschiedne Privatbriefe aus Tamatave vor, die, teils von Engländern, teils von Franzosen geschrieben, uns in den Stand setzen, uns eine ziemlich deutliche Vorstellung von den betreffenden Vorfällen und von den Zuständen zu machen, die seit der Besetzung der Stadt durch die Franzosen eingetreten sind. Ein offenbar unparteiischer Korrespondent der Mssteru NornluAs Nsvs in Tamatave schreibt unterm 12. Juli: Das erwartete Ableben Mr. Pakenhams, des Konsuls, hat stattgefunden. Er war sechzig Jahre alt, etwas wohlbeleibt und bis in die letzte Zeit ziemlich bei Kräften. Zweifelsohne hat Ärger über die neuliche Verdrießlichkeit mit den Fran¬ zosen sein Ende beschleunigt. Die französischen Behörden glaubten nicht an seine Krankheit und bestanden infolge dessen darauf, daß er sich binnen vierundzwanzig Stunden entferne. Man behauptete, daß seine Fortschaffung nach der Dryad ^dem vor der Stadt ankernden englischen Kriegsschiffe) wahrscheinlich sein Tod sein werde, es wurde jedoch keine Notiz von dieser Behauptung genommen, und die Franzosen trafen Vorkehrungen, ihn abzuholen, aber der zu dem Zwecke abgeschickte Offizier kehrte mit der Nachricht zurück, daß es zu spät sei. Zwei Tage nachher fand das Begräbnis des verstorbenen Konsuls statt. Von Ihrer Majestät Schiff Dryad Grenzboten III. 1883. S4

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/433>, abgerufen am 08.09.2024.