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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Die Ausstellung in Amsterdam und das Projekt einer Weltausstellung in Berlin.

Man macht auf den deutschen Ausstellungen sowohl wie in den Haupt¬
städten der deutschen Industrie die wohlthuende Beobachtung, daß trotz der un¬
leugbaren Erfolge der letzten sieben Jahre nirgends eine Überhebung bemerkbar
wird. Bei der berechtigten Freude über das Errungene eine gemessene Be¬
scheidenheit und das Bewußtsein, nur in dem beständigen Streben nach weiterer
Vervollkommnung auch die Bürgschaft für neue Erfolge zu besitzen. Die Be¬
scheidenheit ist aber eine Blume, die nur im Verborgenen gedeiht, und schon
deshalb wäre der Lärm einer Weltausstellung von der deutschen Industrie fern¬
zuhalten, wenigstens solange dieselbe in dem Kampfe begriffen ist, welcher sich
jetzt unter für sie so günstigen Auspizien um die Herrschaft auf dem Weltmärkte
entsponnen hat.

Der Reichskanzler soll sich, wie man sagt, auch heute noch ablehnend gegen
das Projekt einer Weltausstellung in Deutschland verhalten. Alle diejenigen,
denen eine ruhige Entwicklung unsrer Industrie am Herzen liegt, stimmen dieser
Haltung vollkommen bei. Mit einer Ablehnung von Projekten ist es aber allein
noch nicht gethan. Wer bürgt dafür, daß nicht in irgend einem Nachbarland":
über kurz oder laug wieder ein paar "Unternehmer" zusammentreten, um eine pri¬
vate "Weltausstellung" im Stile der Amsterdamer ins Leben zu rufen? Deutsch¬
land hätte dann entweder im eignen Interesse die Pflicht, sein ganzes moralisches
und materielles Gewicht in die Wagschale zu werfen, um ein solches Unter¬
nehmen zu verhindern, oder aber die Regierung müßte, wenn sie sich nicht in
eiuer solchen Weise engagiren will, prinzipiell jede Beteiligung Deutschlands an
einer fremden Weltausstellung verweigern.

Fühlt aber unsre Industrie das Bedürfnis, einmal die Resultate ihrer
jüngsten Anstrengungen zu einem übersichtlichen Gesamtbilde zu vereinigen, so
würde dies ohne Risiko am ehesten in dem kleinen Rahmen einer deutsch-öster¬
reichischen Kunstilldustrieausstellung geschehen können, welche von der oben er¬
wähnten Berliner Vereinigung geplant wird. Auf dieses Projekt sowie auf die
Amsterdamer Ausstellung werden wir in einem zweiten Artikel noch näher
eingehen.




Die Ausstellung in Amsterdam und das Projekt einer Weltausstellung in Berlin.

Man macht auf den deutschen Ausstellungen sowohl wie in den Haupt¬
städten der deutschen Industrie die wohlthuende Beobachtung, daß trotz der un¬
leugbaren Erfolge der letzten sieben Jahre nirgends eine Überhebung bemerkbar
wird. Bei der berechtigten Freude über das Errungene eine gemessene Be¬
scheidenheit und das Bewußtsein, nur in dem beständigen Streben nach weiterer
Vervollkommnung auch die Bürgschaft für neue Erfolge zu besitzen. Die Be¬
scheidenheit ist aber eine Blume, die nur im Verborgenen gedeiht, und schon
deshalb wäre der Lärm einer Weltausstellung von der deutschen Industrie fern¬
zuhalten, wenigstens solange dieselbe in dem Kampfe begriffen ist, welcher sich
jetzt unter für sie so günstigen Auspizien um die Herrschaft auf dem Weltmärkte
entsponnen hat.

Der Reichskanzler soll sich, wie man sagt, auch heute noch ablehnend gegen
das Projekt einer Weltausstellung in Deutschland verhalten. Alle diejenigen,
denen eine ruhige Entwicklung unsrer Industrie am Herzen liegt, stimmen dieser
Haltung vollkommen bei. Mit einer Ablehnung von Projekten ist es aber allein
noch nicht gethan. Wer bürgt dafür, daß nicht in irgend einem Nachbarland«:
über kurz oder laug wieder ein paar „Unternehmer" zusammentreten, um eine pri¬
vate „Weltausstellung" im Stile der Amsterdamer ins Leben zu rufen? Deutsch¬
land hätte dann entweder im eignen Interesse die Pflicht, sein ganzes moralisches
und materielles Gewicht in die Wagschale zu werfen, um ein solches Unter¬
nehmen zu verhindern, oder aber die Regierung müßte, wenn sie sich nicht in
eiuer solchen Weise engagiren will, prinzipiell jede Beteiligung Deutschlands an
einer fremden Weltausstellung verweigern.

Fühlt aber unsre Industrie das Bedürfnis, einmal die Resultate ihrer
jüngsten Anstrengungen zu einem übersichtlichen Gesamtbilde zu vereinigen, so
würde dies ohne Risiko am ehesten in dem kleinen Rahmen einer deutsch-öster¬
reichischen Kunstilldustrieausstellung geschehen können, welche von der oben er¬
wähnten Berliner Vereinigung geplant wird. Auf dieses Projekt sowie auf die
Amsterdamer Ausstellung werden wir in einem zweiten Artikel noch näher
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[0406] Die Ausstellung in Amsterdam und das Projekt einer Weltausstellung in Berlin. Man macht auf den deutschen Ausstellungen sowohl wie in den Haupt¬ städten der deutschen Industrie die wohlthuende Beobachtung, daß trotz der un¬ leugbaren Erfolge der letzten sieben Jahre nirgends eine Überhebung bemerkbar wird. Bei der berechtigten Freude über das Errungene eine gemessene Be¬ scheidenheit und das Bewußtsein, nur in dem beständigen Streben nach weiterer Vervollkommnung auch die Bürgschaft für neue Erfolge zu besitzen. Die Be¬ scheidenheit ist aber eine Blume, die nur im Verborgenen gedeiht, und schon deshalb wäre der Lärm einer Weltausstellung von der deutschen Industrie fern¬ zuhalten, wenigstens solange dieselbe in dem Kampfe begriffen ist, welcher sich jetzt unter für sie so günstigen Auspizien um die Herrschaft auf dem Weltmärkte entsponnen hat. Der Reichskanzler soll sich, wie man sagt, auch heute noch ablehnend gegen das Projekt einer Weltausstellung in Deutschland verhalten. Alle diejenigen, denen eine ruhige Entwicklung unsrer Industrie am Herzen liegt, stimmen dieser Haltung vollkommen bei. Mit einer Ablehnung von Projekten ist es aber allein noch nicht gethan. Wer bürgt dafür, daß nicht in irgend einem Nachbarland«: über kurz oder laug wieder ein paar „Unternehmer" zusammentreten, um eine pri¬ vate „Weltausstellung" im Stile der Amsterdamer ins Leben zu rufen? Deutsch¬ land hätte dann entweder im eignen Interesse die Pflicht, sein ganzes moralisches und materielles Gewicht in die Wagschale zu werfen, um ein solches Unter¬ nehmen zu verhindern, oder aber die Regierung müßte, wenn sie sich nicht in eiuer solchen Weise engagiren will, prinzipiell jede Beteiligung Deutschlands an einer fremden Weltausstellung verweigern. Fühlt aber unsre Industrie das Bedürfnis, einmal die Resultate ihrer jüngsten Anstrengungen zu einem übersichtlichen Gesamtbilde zu vereinigen, so würde dies ohne Risiko am ehesten in dem kleinen Rahmen einer deutsch-öster¬ reichischen Kunstilldustrieausstellung geschehen können, welche von der oben er¬ wähnten Berliner Vereinigung geplant wird. Auf dieses Projekt sowie auf die Amsterdamer Ausstellung werden wir in einem zweiten Artikel noch näher eingehen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/406>, abgerufen am 08.09.2024.