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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Die Ausstellung in Amsterdam und das Projekt einer Weltausstellung in Berlin.

Raumes die mächtigen Ausbauten der Firmen Barbedienne und Christofle:
dort die Erzeugnisse des Bronzekunstgusses in ihrem bestrickenden Farbenreiz
und der herausfordernden Keckheit der Komposition, hier die Silber- und Alfenide-
wcmren, die Imitationen antiker und Renaissancegercite und die Resultate des
Wetteifers mit der japanischen Metalltechnik. In der Mitte ist die Ausstellung
des ersten Juweliers von Paris, Fromme-Meurice, welche freilich nach unserm
Geschmack sich einerseits zu stark an die schwülstigen Formen des Barockstils,
andrerseits zu sehr an die zahmen und nüchternen Vorbilder des ersten Kaiser¬
reichs anschließt. Dann weiter zur Rechten die imposante Ausstellung der
Figuren, Architekturstücke und Fontänen aus bronzirtem Zinkguß von der Societe
du Val d'Ohne und auf der andern Seite die Majolikavasen der Thonfabrik in
Choish-le-Roidet mit ihren wild naturalistischen, aber mit bewunderungswürdiger
Technik ausgeführten, üppig um das Gefäß herumwuchernden Blumen. In den
Seitengalerien die Ausstellung der vereinigten Pariser Damenschneider, die
natürlich alles aufgeboten haben, um die Geldbeutel der holländischen Nabobs
aus den indischen Kolonien zu erleichtern, die Kabinette der Dekorateure, welche
in der Etalage von glänzenden und kostbaren Stoffen mit einander gewetteifert
haben, die Teppich- und Seidenwaarenfabrikanten u. s, w. In allen diesen Räumen
wird der Aufsichtsdienst durch französische Marinesvldaten versehen, wodurch der
Aplomb der Ausstellung nicht wenig verstärkt wird. Aber trotz der Protektion
der französischen Regierung muß das Unternehmen auch in Frankreich mit Mi߬
trauen aufgenommen worden sein, da einzelne Industriezweige, in welchen
Frankreich eines bedeutenden Ansehens genießt, wie z. B. die keramische und
die Glaswaarenindustrie, auffallend schwach vertreten waren.

Nichtsdestoweniger überstrahlt in dieser Ausstellung, welche man als eine
lächerliche Parodie ans eine Weltausstellung bezeichnen muß, die französische Abtei¬
lung bei weitem alle übrigen, am meisten aber die deutsche, welche ein boshaftes
Verhängnis dicht hinter die französische placirt hat. Für die Feinde und Neider
Deutschlands giebt dieses unglückliche Zusammentreffen genug Stoff zu satirischen
Ausfällen. Wird doch die Mitte der deutschen Abteilung von der Firma Krupp
in Essen mit ihren Kanonen, ihren eisernen Brückenbalken und dem riesigen
Hinterteile für ein Kriegsschiff der holländischen Marine eingenommen! Wer
sich aber durch die rauhe und unansehnliche Schale nicht abschrecken läßt, in
den Kern einzudringen, wer sich durch den dekorativen Plunder nicht blenden
läßt und den Wert solider Arbeit, die Beweglichkeit der rastlos schaffenden In¬
telligenz zu schätzen weiß und die vorhandenen klaffenden Lücken durch das von
den deutscheu Provinzial- und Lokalausstellungen' gelieferte Material ausfüllt,
der wird auch aus dem äußerst mangelhaften und unvollständigen Bilde, welches
die Amsterdamer Ausstellung von der deutschen Industrie entwirft, den Eindruck
vollster Hochachtung vor derselben empfangen.


Die Ausstellung in Amsterdam und das Projekt einer Weltausstellung in Berlin.

Raumes die mächtigen Ausbauten der Firmen Barbedienne und Christofle:
dort die Erzeugnisse des Bronzekunstgusses in ihrem bestrickenden Farbenreiz
und der herausfordernden Keckheit der Komposition, hier die Silber- und Alfenide-
wcmren, die Imitationen antiker und Renaissancegercite und die Resultate des
Wetteifers mit der japanischen Metalltechnik. In der Mitte ist die Ausstellung
des ersten Juweliers von Paris, Fromme-Meurice, welche freilich nach unserm
Geschmack sich einerseits zu stark an die schwülstigen Formen des Barockstils,
andrerseits zu sehr an die zahmen und nüchternen Vorbilder des ersten Kaiser¬
reichs anschließt. Dann weiter zur Rechten die imposante Ausstellung der
Figuren, Architekturstücke und Fontänen aus bronzirtem Zinkguß von der Societe
du Val d'Ohne und auf der andern Seite die Majolikavasen der Thonfabrik in
Choish-le-Roidet mit ihren wild naturalistischen, aber mit bewunderungswürdiger
Technik ausgeführten, üppig um das Gefäß herumwuchernden Blumen. In den
Seitengalerien die Ausstellung der vereinigten Pariser Damenschneider, die
natürlich alles aufgeboten haben, um die Geldbeutel der holländischen Nabobs
aus den indischen Kolonien zu erleichtern, die Kabinette der Dekorateure, welche
in der Etalage von glänzenden und kostbaren Stoffen mit einander gewetteifert
haben, die Teppich- und Seidenwaarenfabrikanten u. s, w. In allen diesen Räumen
wird der Aufsichtsdienst durch französische Marinesvldaten versehen, wodurch der
Aplomb der Ausstellung nicht wenig verstärkt wird. Aber trotz der Protektion
der französischen Regierung muß das Unternehmen auch in Frankreich mit Mi߬
trauen aufgenommen worden sein, da einzelne Industriezweige, in welchen
Frankreich eines bedeutenden Ansehens genießt, wie z. B. die keramische und
die Glaswaarenindustrie, auffallend schwach vertreten waren.

Nichtsdestoweniger überstrahlt in dieser Ausstellung, welche man als eine
lächerliche Parodie ans eine Weltausstellung bezeichnen muß, die französische Abtei¬
lung bei weitem alle übrigen, am meisten aber die deutsche, welche ein boshaftes
Verhängnis dicht hinter die französische placirt hat. Für die Feinde und Neider
Deutschlands giebt dieses unglückliche Zusammentreffen genug Stoff zu satirischen
Ausfällen. Wird doch die Mitte der deutschen Abteilung von der Firma Krupp
in Essen mit ihren Kanonen, ihren eisernen Brückenbalken und dem riesigen
Hinterteile für ein Kriegsschiff der holländischen Marine eingenommen! Wer
sich aber durch die rauhe und unansehnliche Schale nicht abschrecken läßt, in
den Kern einzudringen, wer sich durch den dekorativen Plunder nicht blenden
läßt und den Wert solider Arbeit, die Beweglichkeit der rastlos schaffenden In¬
telligenz zu schätzen weiß und die vorhandenen klaffenden Lücken durch das von
den deutscheu Provinzial- und Lokalausstellungen' gelieferte Material ausfüllt,
der wird auch aus dem äußerst mangelhaften und unvollständigen Bilde, welches
die Amsterdamer Ausstellung von der deutschen Industrie entwirft, den Eindruck
vollster Hochachtung vor derselben empfangen.


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[0405] Die Ausstellung in Amsterdam und das Projekt einer Weltausstellung in Berlin. Raumes die mächtigen Ausbauten der Firmen Barbedienne und Christofle: dort die Erzeugnisse des Bronzekunstgusses in ihrem bestrickenden Farbenreiz und der herausfordernden Keckheit der Komposition, hier die Silber- und Alfenide- wcmren, die Imitationen antiker und Renaissancegercite und die Resultate des Wetteifers mit der japanischen Metalltechnik. In der Mitte ist die Ausstellung des ersten Juweliers von Paris, Fromme-Meurice, welche freilich nach unserm Geschmack sich einerseits zu stark an die schwülstigen Formen des Barockstils, andrerseits zu sehr an die zahmen und nüchternen Vorbilder des ersten Kaiser¬ reichs anschließt. Dann weiter zur Rechten die imposante Ausstellung der Figuren, Architekturstücke und Fontänen aus bronzirtem Zinkguß von der Societe du Val d'Ohne und auf der andern Seite die Majolikavasen der Thonfabrik in Choish-le-Roidet mit ihren wild naturalistischen, aber mit bewunderungswürdiger Technik ausgeführten, üppig um das Gefäß herumwuchernden Blumen. In den Seitengalerien die Ausstellung der vereinigten Pariser Damenschneider, die natürlich alles aufgeboten haben, um die Geldbeutel der holländischen Nabobs aus den indischen Kolonien zu erleichtern, die Kabinette der Dekorateure, welche in der Etalage von glänzenden und kostbaren Stoffen mit einander gewetteifert haben, die Teppich- und Seidenwaarenfabrikanten u. s, w. In allen diesen Räumen wird der Aufsichtsdienst durch französische Marinesvldaten versehen, wodurch der Aplomb der Ausstellung nicht wenig verstärkt wird. Aber trotz der Protektion der französischen Regierung muß das Unternehmen auch in Frankreich mit Mi߬ trauen aufgenommen worden sein, da einzelne Industriezweige, in welchen Frankreich eines bedeutenden Ansehens genießt, wie z. B. die keramische und die Glaswaarenindustrie, auffallend schwach vertreten waren. Nichtsdestoweniger überstrahlt in dieser Ausstellung, welche man als eine lächerliche Parodie ans eine Weltausstellung bezeichnen muß, die französische Abtei¬ lung bei weitem alle übrigen, am meisten aber die deutsche, welche ein boshaftes Verhängnis dicht hinter die französische placirt hat. Für die Feinde und Neider Deutschlands giebt dieses unglückliche Zusammentreffen genug Stoff zu satirischen Ausfällen. Wird doch die Mitte der deutschen Abteilung von der Firma Krupp in Essen mit ihren Kanonen, ihren eisernen Brückenbalken und dem riesigen Hinterteile für ein Kriegsschiff der holländischen Marine eingenommen! Wer sich aber durch die rauhe und unansehnliche Schale nicht abschrecken läßt, in den Kern einzudringen, wer sich durch den dekorativen Plunder nicht blenden läßt und den Wert solider Arbeit, die Beweglichkeit der rastlos schaffenden In¬ telligenz zu schätzen weiß und die vorhandenen klaffenden Lücken durch das von den deutscheu Provinzial- und Lokalausstellungen' gelieferte Material ausfüllt, der wird auch aus dem äußerst mangelhaften und unvollständigen Bilde, welches die Amsterdamer Ausstellung von der deutschen Industrie entwirft, den Eindruck vollster Hochachtung vor derselben empfangen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/405>, abgerufen am 08.09.2024.