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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Die Ausstellung in Amsterdam und das Projekt einer Weltausstellung in Berlin.

letztern auf dem Weltmarkte vollzieht, geht deutlich aus den Berichten unsrer
Handelskammern hervor. In dem Berichte der Ältesten der Berliner Kaufmann¬
schaft für das Jahr 1882, der sich also nur auf die Berliner Fabrikation be¬
zieht, heißt es u. a., daß sich Berlin in der Bronze-Kunstindustrie "eine ge¬
achtete Stellung errungen hat und sich darin immer mehr befestigt." Mit
Brouzewaaren, welche mit Email dekorirt sind, wurden bereits Geschäfte mit
England und Österreich gemacht, und in Bezug auf die Silberwaarenbranche
lesen wir zu unsrer Überraschung: "Italien, Spanien, die Schweiz, Schweden
und Norwegen sind bedeutende Abnehmer unsrer Fabrikate, und selbst Frank¬
reich und Belgien bemühen sich um verschiedne Artikel trotz des hohen Eingangs¬
zolles, der dort auf unsrer Waare lastet. Bei der dauernd steigenden Nach¬
frage in genannten Ländern ist es natürlich, daß die hiesigen Fabrikanten Reisende
und Agenten dort dauernd unterhalten." Diese Erscheinung ist deshalb so über¬
raschend, weil die deutsche Silberwaarenindustrie, insbesondre die Berliner, in
Wien die schwerste Niederlage erlitten hat. In Betreff der Neusilber- und
Alfenidewaareu heißt es: "Einheimische Eßbestecke und sonstige Gebrauchsgegen-
stcindc halten jetzt jeden Vergleich mit denen des Auslandes aus, während die
Dekorationsstücke, uach eignen stilvollen Modellen hergestellt, die fremdländischen,
soweit sie Verkaufswaare betreffen, beinahe vollständig verdrängt haben und
vermöge des nationalen Charakters ihres Stils Spezialitäten für den Export
geworden sind." Auf dem Gebiete der Kuustschlosserei gelang es, "amerikanische
und englische Käufer für Berliner Kunstschmiedewerke zu interessiren." Am
günstigsten und verheißungsvollsten lautet jedoch der Bericht über die Möbel¬
tischlerei, in welchem es zum Schlüsse heißt: "Wie im vorigen Jahre ist eine
entschiedne Besserung im Export von Möbeln zu konstatiren. Die Nachfrage
mehrt sich von Tag zu Tag, und der überseeische Verkehr scheint in diesem Jahre
größere Dimensionen annehmen zu wollen. Das europäische Geschäft hat sich
auch gebessert, Holland, die Schweiz, Rumänien treten mit größern Ordres an uns
heran, ebenso England, Schweden, Dünemark, wenn auch in kleinerm Maßstabe.
Die Lebhaftigkeit schreibt sich von der kuustgewerlllicheu Richtung her, welche
seit der Berliner Ausstellung unsrer Fabrikation neue und schönere Aufgaben gestellt
hat. Auch ist unverkennbar, daß das bisher von Paris sich versorgende
Ausland andreBezugsquellen, darunter auch Berlin, aufgesuchthat."
Diese letztere Annahme hat eine schlagende Bestätigung durch die vor kurzem aus¬
gegebenen Berichte der Pariser Handelskammer erfahren. In demselben wird die
Thatsache unumwunden eingestanden, daß der Absatz der französischen Jndustrie-
erzeugnisse, insbesondre derjenigen der Möbelindustrie, erheblich nachgelassen, und
daß namentlich die deutsche Konkurrenz der französischen Industrie empfindlichen
Schaden gethan hat. Man sucht diese Thatsache teils durch die hohen Arbeits¬
löhne, durch den schlechten theoretischen Unterricht und die Mangelhaftigkeit der
Werkzeuge, teils durch die geringe technische Befähigung der Fabrikbesitzer zu


Die Ausstellung in Amsterdam und das Projekt einer Weltausstellung in Berlin.

letztern auf dem Weltmarkte vollzieht, geht deutlich aus den Berichten unsrer
Handelskammern hervor. In dem Berichte der Ältesten der Berliner Kaufmann¬
schaft für das Jahr 1882, der sich also nur auf die Berliner Fabrikation be¬
zieht, heißt es u. a., daß sich Berlin in der Bronze-Kunstindustrie „eine ge¬
achtete Stellung errungen hat und sich darin immer mehr befestigt." Mit
Brouzewaaren, welche mit Email dekorirt sind, wurden bereits Geschäfte mit
England und Österreich gemacht, und in Bezug auf die Silberwaarenbranche
lesen wir zu unsrer Überraschung: „Italien, Spanien, die Schweiz, Schweden
und Norwegen sind bedeutende Abnehmer unsrer Fabrikate, und selbst Frank¬
reich und Belgien bemühen sich um verschiedne Artikel trotz des hohen Eingangs¬
zolles, der dort auf unsrer Waare lastet. Bei der dauernd steigenden Nach¬
frage in genannten Ländern ist es natürlich, daß die hiesigen Fabrikanten Reisende
und Agenten dort dauernd unterhalten." Diese Erscheinung ist deshalb so über¬
raschend, weil die deutsche Silberwaarenindustrie, insbesondre die Berliner, in
Wien die schwerste Niederlage erlitten hat. In Betreff der Neusilber- und
Alfenidewaareu heißt es: „Einheimische Eßbestecke und sonstige Gebrauchsgegen-
stcindc halten jetzt jeden Vergleich mit denen des Auslandes aus, während die
Dekorationsstücke, uach eignen stilvollen Modellen hergestellt, die fremdländischen,
soweit sie Verkaufswaare betreffen, beinahe vollständig verdrängt haben und
vermöge des nationalen Charakters ihres Stils Spezialitäten für den Export
geworden sind." Auf dem Gebiete der Kuustschlosserei gelang es, „amerikanische
und englische Käufer für Berliner Kunstschmiedewerke zu interessiren." Am
günstigsten und verheißungsvollsten lautet jedoch der Bericht über die Möbel¬
tischlerei, in welchem es zum Schlüsse heißt: „Wie im vorigen Jahre ist eine
entschiedne Besserung im Export von Möbeln zu konstatiren. Die Nachfrage
mehrt sich von Tag zu Tag, und der überseeische Verkehr scheint in diesem Jahre
größere Dimensionen annehmen zu wollen. Das europäische Geschäft hat sich
auch gebessert, Holland, die Schweiz, Rumänien treten mit größern Ordres an uns
heran, ebenso England, Schweden, Dünemark, wenn auch in kleinerm Maßstabe.
Die Lebhaftigkeit schreibt sich von der kuustgewerlllicheu Richtung her, welche
seit der Berliner Ausstellung unsrer Fabrikation neue und schönere Aufgaben gestellt
hat. Auch ist unverkennbar, daß das bisher von Paris sich versorgende
Ausland andreBezugsquellen, darunter auch Berlin, aufgesuchthat."
Diese letztere Annahme hat eine schlagende Bestätigung durch die vor kurzem aus¬
gegebenen Berichte der Pariser Handelskammer erfahren. In demselben wird die
Thatsache unumwunden eingestanden, daß der Absatz der französischen Jndustrie-
erzeugnisse, insbesondre derjenigen der Möbelindustrie, erheblich nachgelassen, und
daß namentlich die deutsche Konkurrenz der französischen Industrie empfindlichen
Schaden gethan hat. Man sucht diese Thatsache teils durch die hohen Arbeits¬
löhne, durch den schlechten theoretischen Unterricht und die Mangelhaftigkeit der
Werkzeuge, teils durch die geringe technische Befähigung der Fabrikbesitzer zu


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[0403] Die Ausstellung in Amsterdam und das Projekt einer Weltausstellung in Berlin. letztern auf dem Weltmarkte vollzieht, geht deutlich aus den Berichten unsrer Handelskammern hervor. In dem Berichte der Ältesten der Berliner Kaufmann¬ schaft für das Jahr 1882, der sich also nur auf die Berliner Fabrikation be¬ zieht, heißt es u. a., daß sich Berlin in der Bronze-Kunstindustrie „eine ge¬ achtete Stellung errungen hat und sich darin immer mehr befestigt." Mit Brouzewaaren, welche mit Email dekorirt sind, wurden bereits Geschäfte mit England und Österreich gemacht, und in Bezug auf die Silberwaarenbranche lesen wir zu unsrer Überraschung: „Italien, Spanien, die Schweiz, Schweden und Norwegen sind bedeutende Abnehmer unsrer Fabrikate, und selbst Frank¬ reich und Belgien bemühen sich um verschiedne Artikel trotz des hohen Eingangs¬ zolles, der dort auf unsrer Waare lastet. Bei der dauernd steigenden Nach¬ frage in genannten Ländern ist es natürlich, daß die hiesigen Fabrikanten Reisende und Agenten dort dauernd unterhalten." Diese Erscheinung ist deshalb so über¬ raschend, weil die deutsche Silberwaarenindustrie, insbesondre die Berliner, in Wien die schwerste Niederlage erlitten hat. In Betreff der Neusilber- und Alfenidewaareu heißt es: „Einheimische Eßbestecke und sonstige Gebrauchsgegen- stcindc halten jetzt jeden Vergleich mit denen des Auslandes aus, während die Dekorationsstücke, uach eignen stilvollen Modellen hergestellt, die fremdländischen, soweit sie Verkaufswaare betreffen, beinahe vollständig verdrängt haben und vermöge des nationalen Charakters ihres Stils Spezialitäten für den Export geworden sind." Auf dem Gebiete der Kuustschlosserei gelang es, „amerikanische und englische Käufer für Berliner Kunstschmiedewerke zu interessiren." Am günstigsten und verheißungsvollsten lautet jedoch der Bericht über die Möbel¬ tischlerei, in welchem es zum Schlüsse heißt: „Wie im vorigen Jahre ist eine entschiedne Besserung im Export von Möbeln zu konstatiren. Die Nachfrage mehrt sich von Tag zu Tag, und der überseeische Verkehr scheint in diesem Jahre größere Dimensionen annehmen zu wollen. Das europäische Geschäft hat sich auch gebessert, Holland, die Schweiz, Rumänien treten mit größern Ordres an uns heran, ebenso England, Schweden, Dünemark, wenn auch in kleinerm Maßstabe. Die Lebhaftigkeit schreibt sich von der kuustgewerlllicheu Richtung her, welche seit der Berliner Ausstellung unsrer Fabrikation neue und schönere Aufgaben gestellt hat. Auch ist unverkennbar, daß das bisher von Paris sich versorgende Ausland andreBezugsquellen, darunter auch Berlin, aufgesuchthat." Diese letztere Annahme hat eine schlagende Bestätigung durch die vor kurzem aus¬ gegebenen Berichte der Pariser Handelskammer erfahren. In demselben wird die Thatsache unumwunden eingestanden, daß der Absatz der französischen Jndustrie- erzeugnisse, insbesondre derjenigen der Möbelindustrie, erheblich nachgelassen, und daß namentlich die deutsche Konkurrenz der französischen Industrie empfindlichen Schaden gethan hat. Man sucht diese Thatsache teils durch die hohen Arbeits¬ löhne, durch den schlechten theoretischen Unterricht und die Mangelhaftigkeit der Werkzeuge, teils durch die geringe technische Befähigung der Fabrikbesitzer zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/403>, abgerufen am 08.09.2024.