Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.Zur Geschichte der Gegenreformation. sich i" die Länge zogen -- denn der Herzog wollte auch jetzt noch mindestens Die kirchliche Haltung des Herzogs wurde dadurch freilich nicht berührt. Wie hätten auch die niederrheinischen Protestanten die Hoffnung auf eine Zur Geschichte der Gegenreformation. sich i» die Länge zogen — denn der Herzog wollte auch jetzt noch mindestens Die kirchliche Haltung des Herzogs wurde dadurch freilich nicht berührt. Wie hätten auch die niederrheinischen Protestanten die Hoffnung auf eine <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0298" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/153745"/> <fw type="header" place="top"> Zur Geschichte der Gegenreformation.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1257" prev="#ID_1256"> sich i» die Länge zogen — denn der Herzog wollte auch jetzt noch mindestens<lb/> den Laieukclch für seine Unterthanen behaupten —, starb Johann von Hoya<lb/> (5. April 1574), und Johann Wilhelm wurde jetzt nicht zum Koadjutor, soudern<lb/> zum Bischof postulirt (23. April). Die klevische Politik schien am Ziel zu<lb/> stehen, da öffnete der Tod des Erbprinzen in Rom (9. Februar 1575) dem<lb/> junger» Bruder den Weg zum Throne und machte ihn damit unfähig zum<lb/> Bischofsamte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1258"> Die kirchliche Haltung des Herzogs wurde dadurch freilich nicht berührt.<lb/> Vielmehr ließ er jetzt unter Groppcrs Leitung in Düsseldorf, Orsoy, Büderich,<lb/> Hamm u. a. O. die evangelischen Prediger und Lehrer entfernen, stellte<lb/> die Pfarrer nichthcrzoglichcr Kollatur unter die Aufsicht seiner Amtsleute, wies<lb/> aus Jülich die evangelischen Einwohner aus, befahl denen, welche sich der<lb/> katholischen Sakramente enthielten, das kirchliche Begräbnis zu verweigern. Und<lb/> doch erlebte er, daß seine eignen Töchter Magdalena (geb. 1553) und Sibylle<lb/> (geb. 1557) ihre evangelische Überzeugung, allen Bekehrungsversuchen und dem<lb/> Zorne des Vaters trotzend, behaupteten; nur die Genugthuung wurde ihm<lb/> zu Teil, daß sein Lehrer Konrad v, Heresbach sich am Abende seines Lebens<lb/> Rom unterwarf und von Papst Gregor XIII. Absolution erhielt für seine<lb/> Vermählung als Geistlicher (24. August 1574). Auch im Lande blieb das Resultat<lb/> unvollständig. In starken Stadtgemeinden wie Wesel und Soest waren die<lb/> herzoglichen Edikte überhaupt nicht durchzusetzen; sonst wurde allerdings die<lb/> öffentliche Übung protestantischen Gottesdienstes unterdrückt, und ständige Prediger<lb/> konnten sich nicht behaupten, aber damit war die Organisation der reformirten<lb/> Kirche des Niederrheins keineswegs zerstört, ja die „Klassikalkonvente" fanden<lb/> regelmäßig statt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1259" next="#ID_1260"> Wie hätten auch die niederrheinischen Protestanten die Hoffnung auf eine<lb/> bessere Zukunft jetzt aufgeben sollen, wo in den Niederlanden der Kampf<lb/> lichterloh entbrannte und die Sache der Aufständischen glücklich genug verfochten<lb/> wurde! Als deshalb die Regierung sich der vom Reichstage 1576 bewilligten<lb/> Türkensteuer wegen genötigt sah, den klevisch-märkischen Landtag nach Essen zu<lb/> berufen (September 1577), da bewilligten die Stände zwar die geforderte<lb/> Steuer, forderten aber Achtung des Religionsfriedens und wollten die an¬<lb/> gekündigte „Examination" der kirchlichen Zustände nur gegen „Wiedertäufer"<lb/> und „Sakramentirer" zulassen, ja sie verpflichteten sich gegenseitig auf die Augs¬<lb/> burger Konfession und versprachen, sie wollten „bei einander ästsnsivö se non,<lb/> cMnsivz halten und darüber Leib und Leben anwagen, auch Liebes und Leides<lb/> abwarten." Bei dieser Stimmung hintertrieb natürlich der Nuntius Gropper<lb/> die Einberufung der Stände so lange wie irgend möglich, bis die Notwendigkeit,<lb/> eine Aussteuer für die Prinzessin Magdalena aufzubringen und die Ausgaben,<lb/> welche der Grenzschutz verursachte, den Herzog doch zwang, seine getreuen Stände<lb/> nach Duisburg zu laden (August 1580). Diesmal erreichten sie wenigstens</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0298]
Zur Geschichte der Gegenreformation.
sich i» die Länge zogen — denn der Herzog wollte auch jetzt noch mindestens
den Laieukclch für seine Unterthanen behaupten —, starb Johann von Hoya
(5. April 1574), und Johann Wilhelm wurde jetzt nicht zum Koadjutor, soudern
zum Bischof postulirt (23. April). Die klevische Politik schien am Ziel zu
stehen, da öffnete der Tod des Erbprinzen in Rom (9. Februar 1575) dem
junger» Bruder den Weg zum Throne und machte ihn damit unfähig zum
Bischofsamte.
Die kirchliche Haltung des Herzogs wurde dadurch freilich nicht berührt.
Vielmehr ließ er jetzt unter Groppcrs Leitung in Düsseldorf, Orsoy, Büderich,
Hamm u. a. O. die evangelischen Prediger und Lehrer entfernen, stellte
die Pfarrer nichthcrzoglichcr Kollatur unter die Aufsicht seiner Amtsleute, wies
aus Jülich die evangelischen Einwohner aus, befahl denen, welche sich der
katholischen Sakramente enthielten, das kirchliche Begräbnis zu verweigern. Und
doch erlebte er, daß seine eignen Töchter Magdalena (geb. 1553) und Sibylle
(geb. 1557) ihre evangelische Überzeugung, allen Bekehrungsversuchen und dem
Zorne des Vaters trotzend, behaupteten; nur die Genugthuung wurde ihm
zu Teil, daß sein Lehrer Konrad v, Heresbach sich am Abende seines Lebens
Rom unterwarf und von Papst Gregor XIII. Absolution erhielt für seine
Vermählung als Geistlicher (24. August 1574). Auch im Lande blieb das Resultat
unvollständig. In starken Stadtgemeinden wie Wesel und Soest waren die
herzoglichen Edikte überhaupt nicht durchzusetzen; sonst wurde allerdings die
öffentliche Übung protestantischen Gottesdienstes unterdrückt, und ständige Prediger
konnten sich nicht behaupten, aber damit war die Organisation der reformirten
Kirche des Niederrheins keineswegs zerstört, ja die „Klassikalkonvente" fanden
regelmäßig statt.
Wie hätten auch die niederrheinischen Protestanten die Hoffnung auf eine
bessere Zukunft jetzt aufgeben sollen, wo in den Niederlanden der Kampf
lichterloh entbrannte und die Sache der Aufständischen glücklich genug verfochten
wurde! Als deshalb die Regierung sich der vom Reichstage 1576 bewilligten
Türkensteuer wegen genötigt sah, den klevisch-märkischen Landtag nach Essen zu
berufen (September 1577), da bewilligten die Stände zwar die geforderte
Steuer, forderten aber Achtung des Religionsfriedens und wollten die an¬
gekündigte „Examination" der kirchlichen Zustände nur gegen „Wiedertäufer"
und „Sakramentirer" zulassen, ja sie verpflichteten sich gegenseitig auf die Augs¬
burger Konfession und versprachen, sie wollten „bei einander ästsnsivö se non,
cMnsivz halten und darüber Leib und Leben anwagen, auch Liebes und Leides
abwarten." Bei dieser Stimmung hintertrieb natürlich der Nuntius Gropper
die Einberufung der Stände so lange wie irgend möglich, bis die Notwendigkeit,
eine Aussteuer für die Prinzessin Magdalena aufzubringen und die Ausgaben,
welche der Grenzschutz verursachte, den Herzog doch zwang, seine getreuen Stände
nach Duisburg zu laden (August 1580). Diesmal erreichten sie wenigstens
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