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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Zur Dialektschreibung.

Verwendbaren zu der Ansicht gelangt, daß wir keinen Grund haben, uns in der
Wahl der Stoffe, sei es durch eine Theorie, sei es durch ein erfolgreiches ein¬
seitiges Beispiel, Beschränkung auf irgend ein bestimmtes Gebiet der Literatur
oder Geschichte auferlegen zu lassen. Es kann in dieser Hinsicht nur die per¬
sönliche Vorliebe des Dichters oder Komponisten entscheiden, aber keine Theorie.
Für die letztere kommt es nur darauf an, daß die Handlung durch die Fülle
innern Lebens interessant sei, damit es dadurch auch die äußern Begeben¬
heiten werden.

Ferner sind wir zu der Überzeugung gelangt, daß für die künftige Opern¬
komposition die Forderung nach individueller Charakteristik der Person wieder
mehr in den Vordergrund treten müsse, und endlich haben wir gewagt, die
Wiedereinführung der Musik als selbständige Kunst in die Oper zu fordern.
Es kommt nur darauf an, daß wir ihren wundervollen technischen Apparat
künstlerisch, organisch, nicht unkünstlerisch und mechanisch, wie es zuweilen in
frühern Opern geschehen ist, verwenden. Wie dies zu bewerkstelligen sei, ist
Sache der schaffenden Kunst, die zum Vollbringen des Werkes eines Talentes
mit sicherm künstlerischen Instinkt bedarf. Ebenso ist das Verhältnis des Textes,
die Gestalt, in der er seinen Inhalt der Musik zur Vollendung des künstlerischen
Gesamtbildes darzubieten hat, eine Frage der Praxis, die wir hier nicht weiter
zu verfolgen brauchen. Wir haben nur die Richtung andeuten wollen, in welcher
der schaffende Künstler sein Opernideal in Zukunft suchen müsse, und sind über¬
zeugt, daß in dieser Richtung der Oper uoch so manche neue und ideale Auf¬
gabe zur Lösung sich darbieten wird.



Zur Dialektschreibung.

er "alte Leibz'ger," Edwin Bormann, der im Laufe der letzte"
Jahre durch seine ergötzlichen "Boesieen" sich rasch einen großen
Freundeskreis erworben hat, hat kürzlich unter dem Titel Herr
Engemaun ein Bändchen Humoresken in Prosa veröffentlicht,
die durch ihren köstlichen Humor jene "Boesieen" sast uoch über¬
treffen.*) Der Held dieser Geschichten und zugleich ihr Erzähler, Herr Enge¬
mann, bekleidet einen wichtigen Posten; er ist "Ufwärder an der Dhomasschule
in Leibzig" und beschäftigt sich in seinen Mußestunden mit der "Ahnferdignngk



") Herr Eugemann. Nach authentischen Quellen von Edwin Bormann. Erschdes
Tausend' Leipzig, 18W. Bei A. G. Liebcskind.
Zur Dialektschreibung.

Verwendbaren zu der Ansicht gelangt, daß wir keinen Grund haben, uns in der
Wahl der Stoffe, sei es durch eine Theorie, sei es durch ein erfolgreiches ein¬
seitiges Beispiel, Beschränkung auf irgend ein bestimmtes Gebiet der Literatur
oder Geschichte auferlegen zu lassen. Es kann in dieser Hinsicht nur die per¬
sönliche Vorliebe des Dichters oder Komponisten entscheiden, aber keine Theorie.
Für die letztere kommt es nur darauf an, daß die Handlung durch die Fülle
innern Lebens interessant sei, damit es dadurch auch die äußern Begeben¬
heiten werden.

Ferner sind wir zu der Überzeugung gelangt, daß für die künftige Opern¬
komposition die Forderung nach individueller Charakteristik der Person wieder
mehr in den Vordergrund treten müsse, und endlich haben wir gewagt, die
Wiedereinführung der Musik als selbständige Kunst in die Oper zu fordern.
Es kommt nur darauf an, daß wir ihren wundervollen technischen Apparat
künstlerisch, organisch, nicht unkünstlerisch und mechanisch, wie es zuweilen in
frühern Opern geschehen ist, verwenden. Wie dies zu bewerkstelligen sei, ist
Sache der schaffenden Kunst, die zum Vollbringen des Werkes eines Talentes
mit sicherm künstlerischen Instinkt bedarf. Ebenso ist das Verhältnis des Textes,
die Gestalt, in der er seinen Inhalt der Musik zur Vollendung des künstlerischen
Gesamtbildes darzubieten hat, eine Frage der Praxis, die wir hier nicht weiter
zu verfolgen brauchen. Wir haben nur die Richtung andeuten wollen, in welcher
der schaffende Künstler sein Opernideal in Zukunft suchen müsse, und sind über¬
zeugt, daß in dieser Richtung der Oper uoch so manche neue und ideale Auf¬
gabe zur Lösung sich darbieten wird.



Zur Dialektschreibung.

er „alte Leibz'ger," Edwin Bormann, der im Laufe der letzte»
Jahre durch seine ergötzlichen „Boesieen" sich rasch einen großen
Freundeskreis erworben hat, hat kürzlich unter dem Titel Herr
Engemaun ein Bändchen Humoresken in Prosa veröffentlicht,
die durch ihren köstlichen Humor jene „Boesieen" sast uoch über¬
treffen.*) Der Held dieser Geschichten und zugleich ihr Erzähler, Herr Enge¬
mann, bekleidet einen wichtigen Posten; er ist „Ufwärder an der Dhomasschule
in Leibzig" und beschäftigt sich in seinen Mußestunden mit der „Ahnferdignngk



") Herr Eugemann. Nach authentischen Quellen von Edwin Bormann. Erschdes
Tausend' Leipzig, 18W. Bei A. G. Liebcskind.
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[0247] Zur Dialektschreibung. Verwendbaren zu der Ansicht gelangt, daß wir keinen Grund haben, uns in der Wahl der Stoffe, sei es durch eine Theorie, sei es durch ein erfolgreiches ein¬ seitiges Beispiel, Beschränkung auf irgend ein bestimmtes Gebiet der Literatur oder Geschichte auferlegen zu lassen. Es kann in dieser Hinsicht nur die per¬ sönliche Vorliebe des Dichters oder Komponisten entscheiden, aber keine Theorie. Für die letztere kommt es nur darauf an, daß die Handlung durch die Fülle innern Lebens interessant sei, damit es dadurch auch die äußern Begeben¬ heiten werden. Ferner sind wir zu der Überzeugung gelangt, daß für die künftige Opern¬ komposition die Forderung nach individueller Charakteristik der Person wieder mehr in den Vordergrund treten müsse, und endlich haben wir gewagt, die Wiedereinführung der Musik als selbständige Kunst in die Oper zu fordern. Es kommt nur darauf an, daß wir ihren wundervollen technischen Apparat künstlerisch, organisch, nicht unkünstlerisch und mechanisch, wie es zuweilen in frühern Opern geschehen ist, verwenden. Wie dies zu bewerkstelligen sei, ist Sache der schaffenden Kunst, die zum Vollbringen des Werkes eines Talentes mit sicherm künstlerischen Instinkt bedarf. Ebenso ist das Verhältnis des Textes, die Gestalt, in der er seinen Inhalt der Musik zur Vollendung des künstlerischen Gesamtbildes darzubieten hat, eine Frage der Praxis, die wir hier nicht weiter zu verfolgen brauchen. Wir haben nur die Richtung andeuten wollen, in welcher der schaffende Künstler sein Opernideal in Zukunft suchen müsse, und sind über¬ zeugt, daß in dieser Richtung der Oper uoch so manche neue und ideale Auf¬ gabe zur Lösung sich darbieten wird. [Abbildung] Zur Dialektschreibung. er „alte Leibz'ger," Edwin Bormann, der im Laufe der letzte» Jahre durch seine ergötzlichen „Boesieen" sich rasch einen großen Freundeskreis erworben hat, hat kürzlich unter dem Titel Herr Engemaun ein Bändchen Humoresken in Prosa veröffentlicht, die durch ihren köstlichen Humor jene „Boesieen" sast uoch über¬ treffen.*) Der Held dieser Geschichten und zugleich ihr Erzähler, Herr Enge¬ mann, bekleidet einen wichtigen Posten; er ist „Ufwärder an der Dhomasschule in Leibzig" und beschäftigt sich in seinen Mußestunden mit der „Ahnferdignngk ") Herr Eugemann. Nach authentischen Quellen von Edwin Bormann. Erschdes Tausend' Leipzig, 18W. Bei A. G. Liebcskind.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/247>, abgerufen am 08.09.2024.