Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Franzosen in Madagaskar.

gebornen bilden zwei oder drei gerade Straßen, die sich auf einer sandigen
Landzunge hinziehen, und an deren südlichem Ende die Wohnungen der euro¬
päischen Kaufleute liegen. Jene Hütten sind von Holz oder Bambus erbaut
und mit Gras oder Baumblättern gedeckt. Sie enthalten nur ein einziges
Gemach. Die Häuser der Reichen sind geräumiger, aber nicht viel besser aus¬
gestattet. Das Fort oder die Batterie des Ortes befindet sich im Norden, etwa
300 Meter von der See, n"d hat kreisrunde Gestalt. Es ist mit einer Bastion
gekrönt. Der Graben ist dnrch den Sand geführt und nicht gemauert, die
Thore sind verfallen, das Ganze kann kaum als Festungswerk gelten. Die
Nachbarschaft zeigt kleine Gehölze, aber weder Gärten noch Getreidefelder; denn
die ganze Gegend ist eine dürre Sandfläche. Tamatave führt Reis und Ochsen
aus, der Export von Kühen ist unter der jetzigen Königin von der Regierung
verboten worden.

Madschouga liegt an der vortrefflichen und sehr breiten Bucht von Bom-
betvk. Die Ufer dieser Bai sind anmutig und vielgestaltig, nach Südosten hin
ist die Küste niedrig und mit einer reichen Vegetation bedeckt, die am Rande
mit den Dolden des Leuchterbaumes geschmückt ist. Im Westen ziehen sich
Hügelketten von mäßiger Höhe hin, die oben bewaldet und vom Fuße an bis
gegen die Mitte hin kahl sind. Die Stadt oder das Dorf Madschonga liegt
im Norden der Bucht auf einer kleinen Anhöhe und hat 70 bis 80 Häuser
oder Hütten. Sie ist mit einer Palissadenbefestigung umgeben, der sich im
Süden eine Mauer anschließt. Außerdem wird sie im Südwesten dnrch eine
kleine Bastion und im Nordwesten durch ein kreisrundes Fort verteidigt, welches
ungefähr 900 Meter vom Thore der Stadt liegt und den Eingang in den
Fluß beherrscht, der von der Hauptstadt herabkommt. Die letztere wird von
hier aus in sechzehn Tagereisen erreicht.

"Es giebt niemand, der nicht bedauert, in Madagaskar eine brillante
Kolonie zu finden," sagt sehr charakteristisch die Uno^olopsäi?, instlioäicsus.
"Wollte doch Frankreich Leute hinschicken unter einem selbstlosen, thätigen, hu¬
manen, friedfertigen Führer, der nichts erstrebte als die Ehre, eine solche Kolonie
gegründet zu haben. Man würde dann bald eine Stadt sich erheben sehen
gleich der auf dem Kap der guten Hoffnung." Wir haben oben gesagt, was
für Leute dazu gehören würden, aber es scheint, daß solche unter den Franzosen
selten oder garnicht vorhanden sind, und so ist kaum eine Verwirklichung dieser
Voraussagung zu hoffen.




Die Franzosen in Madagaskar.

gebornen bilden zwei oder drei gerade Straßen, die sich auf einer sandigen
Landzunge hinziehen, und an deren südlichem Ende die Wohnungen der euro¬
päischen Kaufleute liegen. Jene Hütten sind von Holz oder Bambus erbaut
und mit Gras oder Baumblättern gedeckt. Sie enthalten nur ein einziges
Gemach. Die Häuser der Reichen sind geräumiger, aber nicht viel besser aus¬
gestattet. Das Fort oder die Batterie des Ortes befindet sich im Norden, etwa
300 Meter von der See, n»d hat kreisrunde Gestalt. Es ist mit einer Bastion
gekrönt. Der Graben ist dnrch den Sand geführt und nicht gemauert, die
Thore sind verfallen, das Ganze kann kaum als Festungswerk gelten. Die
Nachbarschaft zeigt kleine Gehölze, aber weder Gärten noch Getreidefelder; denn
die ganze Gegend ist eine dürre Sandfläche. Tamatave führt Reis und Ochsen
aus, der Export von Kühen ist unter der jetzigen Königin von der Regierung
verboten worden.

Madschouga liegt an der vortrefflichen und sehr breiten Bucht von Bom-
betvk. Die Ufer dieser Bai sind anmutig und vielgestaltig, nach Südosten hin
ist die Küste niedrig und mit einer reichen Vegetation bedeckt, die am Rande
mit den Dolden des Leuchterbaumes geschmückt ist. Im Westen ziehen sich
Hügelketten von mäßiger Höhe hin, die oben bewaldet und vom Fuße an bis
gegen die Mitte hin kahl sind. Die Stadt oder das Dorf Madschonga liegt
im Norden der Bucht auf einer kleinen Anhöhe und hat 70 bis 80 Häuser
oder Hütten. Sie ist mit einer Palissadenbefestigung umgeben, der sich im
Süden eine Mauer anschließt. Außerdem wird sie im Südwesten dnrch eine
kleine Bastion und im Nordwesten durch ein kreisrundes Fort verteidigt, welches
ungefähr 900 Meter vom Thore der Stadt liegt und den Eingang in den
Fluß beherrscht, der von der Hauptstadt herabkommt. Die letztere wird von
hier aus in sechzehn Tagereisen erreicht.

„Es giebt niemand, der nicht bedauert, in Madagaskar eine brillante
Kolonie zu finden," sagt sehr charakteristisch die Uno^olopsäi?, instlioäicsus.
„Wollte doch Frankreich Leute hinschicken unter einem selbstlosen, thätigen, hu¬
manen, friedfertigen Führer, der nichts erstrebte als die Ehre, eine solche Kolonie
gegründet zu haben. Man würde dann bald eine Stadt sich erheben sehen
gleich der auf dem Kap der guten Hoffnung." Wir haben oben gesagt, was
für Leute dazu gehören würden, aber es scheint, daß solche unter den Franzosen
selten oder garnicht vorhanden sind, und so ist kaum eine Verwirklichung dieser
Voraussagung zu hoffen.




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0158" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/153605"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Franzosen in Madagaskar.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_617" prev="#ID_616"> gebornen bilden zwei oder drei gerade Straßen, die sich auf einer sandigen<lb/>
Landzunge hinziehen, und an deren südlichem Ende die Wohnungen der euro¬<lb/>
päischen Kaufleute liegen. Jene Hütten sind von Holz oder Bambus erbaut<lb/>
und mit Gras oder Baumblättern gedeckt. Sie enthalten nur ein einziges<lb/>
Gemach. Die Häuser der Reichen sind geräumiger, aber nicht viel besser aus¬<lb/>
gestattet. Das Fort oder die Batterie des Ortes befindet sich im Norden, etwa<lb/>
300 Meter von der See, n»d hat kreisrunde Gestalt. Es ist mit einer Bastion<lb/>
gekrönt. Der Graben ist dnrch den Sand geführt und nicht gemauert, die<lb/>
Thore sind verfallen, das Ganze kann kaum als Festungswerk gelten. Die<lb/>
Nachbarschaft zeigt kleine Gehölze, aber weder Gärten noch Getreidefelder; denn<lb/>
die ganze Gegend ist eine dürre Sandfläche. Tamatave führt Reis und Ochsen<lb/>
aus, der Export von Kühen ist unter der jetzigen Königin von der Regierung<lb/>
verboten worden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_618"> Madschouga liegt an der vortrefflichen und sehr breiten Bucht von Bom-<lb/>
betvk. Die Ufer dieser Bai sind anmutig und vielgestaltig, nach Südosten hin<lb/>
ist die Küste niedrig und mit einer reichen Vegetation bedeckt, die am Rande<lb/>
mit den Dolden des Leuchterbaumes geschmückt ist. Im Westen ziehen sich<lb/>
Hügelketten von mäßiger Höhe hin, die oben bewaldet und vom Fuße an bis<lb/>
gegen die Mitte hin kahl sind. Die Stadt oder das Dorf Madschonga liegt<lb/>
im Norden der Bucht auf einer kleinen Anhöhe und hat 70 bis 80 Häuser<lb/>
oder Hütten. Sie ist mit einer Palissadenbefestigung umgeben, der sich im<lb/>
Süden eine Mauer anschließt. Außerdem wird sie im Südwesten dnrch eine<lb/>
kleine Bastion und im Nordwesten durch ein kreisrundes Fort verteidigt, welches<lb/>
ungefähr 900 Meter vom Thore der Stadt liegt und den Eingang in den<lb/>
Fluß beherrscht, der von der Hauptstadt herabkommt. Die letztere wird von<lb/>
hier aus in sechzehn Tagereisen erreicht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_619"> &#x201E;Es giebt niemand, der nicht bedauert, in Madagaskar eine brillante<lb/>
Kolonie zu finden," sagt sehr charakteristisch die Uno^olopsäi?, instlioäicsus.<lb/>
&#x201E;Wollte doch Frankreich Leute hinschicken unter einem selbstlosen, thätigen, hu¬<lb/>
manen, friedfertigen Führer, der nichts erstrebte als die Ehre, eine solche Kolonie<lb/>
gegründet zu haben. Man würde dann bald eine Stadt sich erheben sehen<lb/>
gleich der auf dem Kap der guten Hoffnung." Wir haben oben gesagt, was<lb/>
für Leute dazu gehören würden, aber es scheint, daß solche unter den Franzosen<lb/>
selten oder garnicht vorhanden sind, und so ist kaum eine Verwirklichung dieser<lb/>
Voraussagung zu hoffen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0158] Die Franzosen in Madagaskar. gebornen bilden zwei oder drei gerade Straßen, die sich auf einer sandigen Landzunge hinziehen, und an deren südlichem Ende die Wohnungen der euro¬ päischen Kaufleute liegen. Jene Hütten sind von Holz oder Bambus erbaut und mit Gras oder Baumblättern gedeckt. Sie enthalten nur ein einziges Gemach. Die Häuser der Reichen sind geräumiger, aber nicht viel besser aus¬ gestattet. Das Fort oder die Batterie des Ortes befindet sich im Norden, etwa 300 Meter von der See, n»d hat kreisrunde Gestalt. Es ist mit einer Bastion gekrönt. Der Graben ist dnrch den Sand geführt und nicht gemauert, die Thore sind verfallen, das Ganze kann kaum als Festungswerk gelten. Die Nachbarschaft zeigt kleine Gehölze, aber weder Gärten noch Getreidefelder; denn die ganze Gegend ist eine dürre Sandfläche. Tamatave führt Reis und Ochsen aus, der Export von Kühen ist unter der jetzigen Königin von der Regierung verboten worden. Madschouga liegt an der vortrefflichen und sehr breiten Bucht von Bom- betvk. Die Ufer dieser Bai sind anmutig und vielgestaltig, nach Südosten hin ist die Küste niedrig und mit einer reichen Vegetation bedeckt, die am Rande mit den Dolden des Leuchterbaumes geschmückt ist. Im Westen ziehen sich Hügelketten von mäßiger Höhe hin, die oben bewaldet und vom Fuße an bis gegen die Mitte hin kahl sind. Die Stadt oder das Dorf Madschonga liegt im Norden der Bucht auf einer kleinen Anhöhe und hat 70 bis 80 Häuser oder Hütten. Sie ist mit einer Palissadenbefestigung umgeben, der sich im Süden eine Mauer anschließt. Außerdem wird sie im Südwesten dnrch eine kleine Bastion und im Nordwesten durch ein kreisrundes Fort verteidigt, welches ungefähr 900 Meter vom Thore der Stadt liegt und den Eingang in den Fluß beherrscht, der von der Hauptstadt herabkommt. Die letztere wird von hier aus in sechzehn Tagereisen erreicht. „Es giebt niemand, der nicht bedauert, in Madagaskar eine brillante Kolonie zu finden," sagt sehr charakteristisch die Uno^olopsäi?, instlioäicsus. „Wollte doch Frankreich Leute hinschicken unter einem selbstlosen, thätigen, hu¬ manen, friedfertigen Führer, der nichts erstrebte als die Ehre, eine solche Kolonie gegründet zu haben. Man würde dann bald eine Stadt sich erheben sehen gleich der auf dem Kap der guten Hoffnung." Wir haben oben gesagt, was für Leute dazu gehören würden, aber es scheint, daß solche unter den Franzosen selten oder garnicht vorhanden sind, und so ist kaum eine Verwirklichung dieser Voraussagung zu hoffen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/158
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/158>, abgerufen am 08.09.2024.