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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Gemischte Ghen,

sie verkehrt das richtige Verhältnis von Weil, und Mann. "Der Mann ist des
Weibes Haupt," er ist und bleibt Haupt der Familie, deren Versorger und Er¬
nährer. Das Weib giebt seinen Familiennamen auf und nimmt denjenigen des
Mannes an. Uns dünkt es unnatürlich und unrecht, wenn der Mann und der
Vater der Kinder als eine Null angesehen und einfach beiseite geschoben wird.
Ein Maun, der seiner Konfession nicht einmal die Söhne erhält und zuführt,
verdient mit vollem Rechte, daß er der Lächerlichkeit, dem Bedauern und Achsel¬
zucken preisgegeben werde. Wir haben solche charakterstarke Heroen vor Augen
und kennen auch das Urteil des Volkes über ihre unmännliche Schwäche. Leider
sind sie zum Teil in hervorragenden, angesehenen staatlichen Stellungen, und
umso schlimmer und beklagenswerter ist es, wenn sie, als Männer und Faun-
lienväter, den eignen Glauben verleugnen und ihre Kirche hintansetzen.

Trotz des erhobenen Einwandes, daß die Mutter es sei, welche die Kinder
der Regel nach von Jugend auf religiös erziehe und die Glaubenskeime in ihre
empfängliche Seele hineinfenke, vermögen wir doch dem Grundsatze in keiner
Weife beizutreten, die Konfession der Mutter sei bestimmend für die religiöse
Stellung der sämtlichen Kinder. Nur zwei verschiedene Meinungen kommen
in Frage: entweder die Konfession des Vaters ist für alle Kinder maßgebend
oder die Kinder fallen je nach ihrem Geschlechte Vater oder Mutter zu; die
Knaben folgen der Konfession des Vater, die Töchter derjenigen der Mutter.

Die erste Auffassung -- dem Vater folgen alle Kinder, nicht bloß die
Söhne -- ist in manchen Staaten Gesetz; ihr huldigen mit Entschiedenheit
Kirchenrechtslehrer wie Professor v. Scheurl, der diese seine Meinung ganz
neuerdings noch energisch vertreten hat; auch der Erlaß des evangelischen Ober¬
kirchenrath zu Berlin vom 11. April 1883 scheint nach einzelnen Andeutungen
diese Anschauung zu begünstigen.

Die Momente, welche dafür geltend gemacht werden, sind folgende. Nicht
dem Weibe, wohl aber dem Manne geziemt es sich und kommt es zu, die Kon¬
fession seiner Nachkommen zu bestimmen; denn er ist Haupt der Familie, durch
ihn setzt sich sein Geschlecht fort; auch hierin soll das Weib ihrem Manne
Unterthan, er soll ihr Herr sein. Den, Vater liegt es in erster Linie ob, für
die Einheitlichkeit der Kindererziehung und die konfessionelle Harmonie der Fa¬
milie Sorge zu tragen. Dem Haupte sollen die Glieder, auch in seiner per¬
sönlichen Stellung zu Kirche und Konfession, Heerfolge leisten. Aller Zwiespalt,
alle Zertrennung und Zerteilung in der Familie soll dadurch vermieden und
beseitigt werden, daß alle Kinder in einer Konfession erzogen, einer Kirche zu¬
geführt werden. Folgten die Kinder zwei verschiednen Konfessionen, so würde
daraus eine Zertrennung und Zerklüftung in inllniwM hervorgehen. Durch die
Kinder würde sich das Verhältnis zwischen Vater und Mutter, sofern diese ver
schicdneu Kirchen angehören, weiter und weiter spinnen und in andre Genera¬
tionen überpflanzen. Dem muß im Interesse der Einheitlichkeit der Familie


Gemischte Ghen,

sie verkehrt das richtige Verhältnis von Weil, und Mann. „Der Mann ist des
Weibes Haupt," er ist und bleibt Haupt der Familie, deren Versorger und Er¬
nährer. Das Weib giebt seinen Familiennamen auf und nimmt denjenigen des
Mannes an. Uns dünkt es unnatürlich und unrecht, wenn der Mann und der
Vater der Kinder als eine Null angesehen und einfach beiseite geschoben wird.
Ein Maun, der seiner Konfession nicht einmal die Söhne erhält und zuführt,
verdient mit vollem Rechte, daß er der Lächerlichkeit, dem Bedauern und Achsel¬
zucken preisgegeben werde. Wir haben solche charakterstarke Heroen vor Augen
und kennen auch das Urteil des Volkes über ihre unmännliche Schwäche. Leider
sind sie zum Teil in hervorragenden, angesehenen staatlichen Stellungen, und
umso schlimmer und beklagenswerter ist es, wenn sie, als Männer und Faun-
lienväter, den eignen Glauben verleugnen und ihre Kirche hintansetzen.

Trotz des erhobenen Einwandes, daß die Mutter es sei, welche die Kinder
der Regel nach von Jugend auf religiös erziehe und die Glaubenskeime in ihre
empfängliche Seele hineinfenke, vermögen wir doch dem Grundsatze in keiner
Weife beizutreten, die Konfession der Mutter sei bestimmend für die religiöse
Stellung der sämtlichen Kinder. Nur zwei verschiedene Meinungen kommen
in Frage: entweder die Konfession des Vaters ist für alle Kinder maßgebend
oder die Kinder fallen je nach ihrem Geschlechte Vater oder Mutter zu; die
Knaben folgen der Konfession des Vater, die Töchter derjenigen der Mutter.

Die erste Auffassung — dem Vater folgen alle Kinder, nicht bloß die
Söhne — ist in manchen Staaten Gesetz; ihr huldigen mit Entschiedenheit
Kirchenrechtslehrer wie Professor v. Scheurl, der diese seine Meinung ganz
neuerdings noch energisch vertreten hat; auch der Erlaß des evangelischen Ober¬
kirchenrath zu Berlin vom 11. April 1883 scheint nach einzelnen Andeutungen
diese Anschauung zu begünstigen.

Die Momente, welche dafür geltend gemacht werden, sind folgende. Nicht
dem Weibe, wohl aber dem Manne geziemt es sich und kommt es zu, die Kon¬
fession seiner Nachkommen zu bestimmen; denn er ist Haupt der Familie, durch
ihn setzt sich sein Geschlecht fort; auch hierin soll das Weib ihrem Manne
Unterthan, er soll ihr Herr sein. Den, Vater liegt es in erster Linie ob, für
die Einheitlichkeit der Kindererziehung und die konfessionelle Harmonie der Fa¬
milie Sorge zu tragen. Dem Haupte sollen die Glieder, auch in seiner per¬
sönlichen Stellung zu Kirche und Konfession, Heerfolge leisten. Aller Zwiespalt,
alle Zertrennung und Zerteilung in der Familie soll dadurch vermieden und
beseitigt werden, daß alle Kinder in einer Konfession erzogen, einer Kirche zu¬
geführt werden. Folgten die Kinder zwei verschiednen Konfessionen, so würde
daraus eine Zertrennung und Zerklüftung in inllniwM hervorgehen. Durch die
Kinder würde sich das Verhältnis zwischen Vater und Mutter, sofern diese ver
schicdneu Kirchen angehören, weiter und weiter spinnen und in andre Genera¬
tionen überpflanzen. Dem muß im Interesse der Einheitlichkeit der Familie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/133>, abgerufen am 08.09.2024.