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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Die Grafen von Altenschwerdt.
August Niemann Roman von (Gotha),
(Fin-lsetzmis,,)

is Eberhardt zuriickkehrte, stellte sich ihm seine Wirtin, Fran Zeysing,
als geschähe es zufällig, in den Weg, und sprach ihre Verwun-
derung dariiber ans, daß der gnädige Herr bei dem schlechten
Wetter spazieren ginge, Fran Zeysing hatte, seitdem der Baron
in ihrem Hanse Besuch gemacht hatte, ihren Ton geändert. Eber¬
hard! war ihr nicht mehr der liebe Herr, der Bilder ver¬
kaufte, sondern eine geheimnisvolle und hochverehrte Persönlichkeit, Wie konnte
ein Mann, der von einem Neger bedient wurde und mit Schloß Eichhausen
verkehrte, etwas andres sein als eine Art von verzauberten Prinzen? Die
vornehme Dame, welche einst droben Geheimnisse mit dem Neger verhandelt
hatte, sowie der nächtliche Einbruch kurz nachher gaben ihr viel zu denken.
Sie glaubte uicht mehr an die Malerei, und sie würde sich nicht gewundert
haben, wenn plötzlich eine vergoldete Kutsche erschienen wäre, um den rätsel¬
haften Besuch, der Monate lang regelmäßig seine Zeche im frischen Hering be
zahlte, in sein Königreich zu holen. Bei alledem hatte Fran Zeysing offene
Augen und Ohren für die Wirklichkeit, und Eberhardt bemerkte mehr als ein¬
mal mit Mißvergnügen, daß sie ungemein viel Anteil an seineu Angelegenheiten
nahm und sich ganz besonders für die Familie des Barons Sextus interessirte.
Dies letztere war ihr nicht zu verdenken, da sie früher Köchin im Schlosse
gewesen war; dennoch wäre es Eberhardt lieber gewesen, wenn sie des jungen
Degenhard Gänge und seine eignen Wege weniger scharf beobachtet hätte. Er mußte
zuweilen wahrnehmen, daß die gute Frau, welche sich so gern mit ihm unter¬
hielt, eine sehr genaue Kenntnis der Ereignisse der ganzen Umgegend, besonders
aber der Ereignisse im Schlosse hatte, und es war ihm schon so vorgekommen,
als wundere sie sich darüber, daß er dort nicht mehr verkehre.

Sie fragte ihn hente, nachdem sie den Regen beklagt hatte, ob er zu
Mittag jungen Steinbutt mit Hummersauce essen und dazu des kühlen Wetters
wegen ein Gläschen ostpreußischen Maitranks trinken wolle, den sie gar treff¬
lich aus echtem Arrae, altem Sherry, Rotwein und Citronensyrnp zu bereiten
verstehe. Aber Eberhardt entdeckte, daß es der gute" Frau Zeysing noch auf
etwas andres ankam, denn sie kramte alsbald allerhand Betrachtungen über




Die Grafen von Altenschwerdt.
August Niemann Roman von (Gotha),
(Fin-lsetzmis,,)

is Eberhardt zuriickkehrte, stellte sich ihm seine Wirtin, Fran Zeysing,
als geschähe es zufällig, in den Weg, und sprach ihre Verwun-
derung dariiber ans, daß der gnädige Herr bei dem schlechten
Wetter spazieren ginge, Fran Zeysing hatte, seitdem der Baron
in ihrem Hanse Besuch gemacht hatte, ihren Ton geändert. Eber¬
hard! war ihr nicht mehr der liebe Herr, der Bilder ver¬
kaufte, sondern eine geheimnisvolle und hochverehrte Persönlichkeit, Wie konnte
ein Mann, der von einem Neger bedient wurde und mit Schloß Eichhausen
verkehrte, etwas andres sein als eine Art von verzauberten Prinzen? Die
vornehme Dame, welche einst droben Geheimnisse mit dem Neger verhandelt
hatte, sowie der nächtliche Einbruch kurz nachher gaben ihr viel zu denken.
Sie glaubte uicht mehr an die Malerei, und sie würde sich nicht gewundert
haben, wenn plötzlich eine vergoldete Kutsche erschienen wäre, um den rätsel¬
haften Besuch, der Monate lang regelmäßig seine Zeche im frischen Hering be
zahlte, in sein Königreich zu holen. Bei alledem hatte Fran Zeysing offene
Augen und Ohren für die Wirklichkeit, und Eberhardt bemerkte mehr als ein¬
mal mit Mißvergnügen, daß sie ungemein viel Anteil an seineu Angelegenheiten
nahm und sich ganz besonders für die Familie des Barons Sextus interessirte.
Dies letztere war ihr nicht zu verdenken, da sie früher Köchin im Schlosse
gewesen war; dennoch wäre es Eberhardt lieber gewesen, wenn sie des jungen
Degenhard Gänge und seine eignen Wege weniger scharf beobachtet hätte. Er mußte
zuweilen wahrnehmen, daß die gute Frau, welche sich so gern mit ihm unter¬
hielt, eine sehr genaue Kenntnis der Ereignisse der ganzen Umgegend, besonders
aber der Ereignisse im Schlosse hatte, und es war ihm schon so vorgekommen,
als wundere sie sich darüber, daß er dort nicht mehr verkehre.

Sie fragte ihn hente, nachdem sie den Regen beklagt hatte, ob er zu
Mittag jungen Steinbutt mit Hummersauce essen und dazu des kühlen Wetters
wegen ein Gläschen ostpreußischen Maitranks trinken wolle, den sie gar treff¬
lich aus echtem Arrae, altem Sherry, Rotwein und Citronensyrnp zu bereiten
verstehe. Aber Eberhardt entdeckte, daß es der gute« Frau Zeysing noch auf
etwas andres ankam, denn sie kramte alsbald allerhand Betrachtungen über


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[0680] [Abbildung] Die Grafen von Altenschwerdt. August Niemann Roman von (Gotha), (Fin-lsetzmis,,) is Eberhardt zuriickkehrte, stellte sich ihm seine Wirtin, Fran Zeysing, als geschähe es zufällig, in den Weg, und sprach ihre Verwun- derung dariiber ans, daß der gnädige Herr bei dem schlechten Wetter spazieren ginge, Fran Zeysing hatte, seitdem der Baron in ihrem Hanse Besuch gemacht hatte, ihren Ton geändert. Eber¬ hard! war ihr nicht mehr der liebe Herr, der Bilder ver¬ kaufte, sondern eine geheimnisvolle und hochverehrte Persönlichkeit, Wie konnte ein Mann, der von einem Neger bedient wurde und mit Schloß Eichhausen verkehrte, etwas andres sein als eine Art von verzauberten Prinzen? Die vornehme Dame, welche einst droben Geheimnisse mit dem Neger verhandelt hatte, sowie der nächtliche Einbruch kurz nachher gaben ihr viel zu denken. Sie glaubte uicht mehr an die Malerei, und sie würde sich nicht gewundert haben, wenn plötzlich eine vergoldete Kutsche erschienen wäre, um den rätsel¬ haften Besuch, der Monate lang regelmäßig seine Zeche im frischen Hering be zahlte, in sein Königreich zu holen. Bei alledem hatte Fran Zeysing offene Augen und Ohren für die Wirklichkeit, und Eberhardt bemerkte mehr als ein¬ mal mit Mißvergnügen, daß sie ungemein viel Anteil an seineu Angelegenheiten nahm und sich ganz besonders für die Familie des Barons Sextus interessirte. Dies letztere war ihr nicht zu verdenken, da sie früher Köchin im Schlosse gewesen war; dennoch wäre es Eberhardt lieber gewesen, wenn sie des jungen Degenhard Gänge und seine eignen Wege weniger scharf beobachtet hätte. Er mußte zuweilen wahrnehmen, daß die gute Frau, welche sich so gern mit ihm unter¬ hielt, eine sehr genaue Kenntnis der Ereignisse der ganzen Umgegend, besonders aber der Ereignisse im Schlosse hatte, und es war ihm schon so vorgekommen, als wundere sie sich darüber, daß er dort nicht mehr verkehre. Sie fragte ihn hente, nachdem sie den Regen beklagt hatte, ob er zu Mittag jungen Steinbutt mit Hummersauce essen und dazu des kühlen Wetters wegen ein Gläschen ostpreußischen Maitranks trinken wolle, den sie gar treff¬ lich aus echtem Arrae, altem Sherry, Rotwein und Citronensyrnp zu bereiten verstehe. Aber Eberhardt entdeckte, daß es der gute« Frau Zeysing noch auf etwas andres ankam, denn sie kramte alsbald allerhand Betrachtungen über

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/680>, abgerufen am 03.07.2024.