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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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!Vas im Lolleginm Germanicum gelehrt wird.

Wenn schon der Name Loyola für den Geist birgt, welcher im Collegium
Germanicnm herrscht, so ist es doch der Mühe wert, sich einmal zu vergegen¬
wärtigen, was dort auf demjenigen Gebiete gelehrt und gelernt wird, auf welchem
der päpstliche Stuhl immer häufiger in Zerwürfnisse mit den Staaten gerät,
und was man dort namentlich unter dem "Nutzen des Vaterlandes" versteht.
Einen Weg zu dieser Kenntnis bieten die Lehrbücher, die beim Studium be¬
nutzt werden. Es sind uns deren zwei zugänglich: 1.-Juris seeloLig-Stiel xnMei
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Louolg, lusMutionum (üg-nonieg-ruro. in ?vntilioig. Universitats (Fi'6Aoria.ng,. ^ur>.
Leu. 1881 (594 Seiten).^) Das zweite Lehrbuch ist nicht gedruckt und nicht
in den Buchhandel gegeben, sondern nur lithographirt zum Gebrauche der Stu-
direnden. Es unterliegt von Zeit zu Zeit einer neuen Bearbeitung. Mehrere
Stellen in demselben lassen vermuten, daß die ursprüngliche Redaktion dieses
zweiten Werkes vom Verfasser des ersten, dem Jesuiten Tarquini, herrührt.
Einige Stellen, in welchen von ihm als von einem Dritten gesprochen wird,
sind offenbar spätere, nach seinem Tode gemachte Einschaltungen.

Aus diesen Büchern lernen wir, was die Kurie und der für die große
Karriere ausgebildete Klerus sich bei gewissen Kunstausdrücken denken, deren sie
sich in ihren Kundgebungen gern bedienen, von denen sie aber eine Definition
zu geben vermeiden. Schritt für Schritt werden wir überrascht, nicht durch Neues,
sondern durch Altes, ganz Altes, durch Dinge, die wir in der Schule hörten und
lasen, etwa mit der Empfindung, mit welcher wir heute eine Sammlung prä¬
historischer Funde betrachten. Aber die Ansprüche, welche die Päpste in den
Zeiten ihrer größten Überhebung geltend machten und einfach daraus ableiteten,
daß sie die Statthalter Christi seien, werden, in ein Gewand von Wissenschaft
gekleidet, als geltendes Recht hingestellt.

Zunächst ein Wort über diese Art von Wissenschaftliche. In dem -Ins
övelsslÄstionin xuvlioum behandelt Tarquini die Verfassung der Kirche; im
Widerspruche mit der deutschen Wissenschaft trennt er davon das Privatkirchcn-
recht, unter welchem er die Gesetze versteht, nach welchen die Mitglieder der
Kirche regiert und dem Ziele der letztern entgegengeführt werden. Er erwähnt,
daß diese Sonderung von den deutschen Gelehrten, namentlich von Philipps,
verworfen wird, meint aber, daß der letztere, ein so ausgezeichneter Schriftsteller
er auch sei, in diesem Punkte durch "eine vielleicht in Deutschland herrschende
absurde Vorstellung" irregeführt sei. Das öffentliche Kirchenrecht nun ist durch-



*) Das erst,: Buch ist in den weiterhin folgenden Zitaten middah zweite mit
?rio. bezeichnet.
!Vas im Lolleginm Germanicum gelehrt wird.

Wenn schon der Name Loyola für den Geist birgt, welcher im Collegium
Germanicnm herrscht, so ist es doch der Mühe wert, sich einmal zu vergegen¬
wärtigen, was dort auf demjenigen Gebiete gelehrt und gelernt wird, auf welchem
der päpstliche Stuhl immer häufiger in Zerwürfnisse mit den Staaten gerät,
und was man dort namentlich unter dem „Nutzen des Vaterlandes" versteht.
Einen Weg zu dieser Kenntnis bieten die Lehrbücher, die beim Studium be¬
nutzt werden. Es sind uns deren zwei zugänglich: 1.-Juris seeloLig-Stiel xnMei
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Leu. 1881 (594 Seiten).^) Das zweite Lehrbuch ist nicht gedruckt und nicht
in den Buchhandel gegeben, sondern nur lithographirt zum Gebrauche der Stu-
direnden. Es unterliegt von Zeit zu Zeit einer neuen Bearbeitung. Mehrere
Stellen in demselben lassen vermuten, daß die ursprüngliche Redaktion dieses
zweiten Werkes vom Verfasser des ersten, dem Jesuiten Tarquini, herrührt.
Einige Stellen, in welchen von ihm als von einem Dritten gesprochen wird,
sind offenbar spätere, nach seinem Tode gemachte Einschaltungen.

Aus diesen Büchern lernen wir, was die Kurie und der für die große
Karriere ausgebildete Klerus sich bei gewissen Kunstausdrücken denken, deren sie
sich in ihren Kundgebungen gern bedienen, von denen sie aber eine Definition
zu geben vermeiden. Schritt für Schritt werden wir überrascht, nicht durch Neues,
sondern durch Altes, ganz Altes, durch Dinge, die wir in der Schule hörten und
lasen, etwa mit der Empfindung, mit welcher wir heute eine Sammlung prä¬
historischer Funde betrachten. Aber die Ansprüche, welche die Päpste in den
Zeiten ihrer größten Überhebung geltend machten und einfach daraus ableiteten,
daß sie die Statthalter Christi seien, werden, in ein Gewand von Wissenschaft
gekleidet, als geltendes Recht hingestellt.

Zunächst ein Wort über diese Art von Wissenschaftliche. In dem -Ins
övelsslÄstionin xuvlioum behandelt Tarquini die Verfassung der Kirche; im
Widerspruche mit der deutschen Wissenschaft trennt er davon das Privatkirchcn-
recht, unter welchem er die Gesetze versteht, nach welchen die Mitglieder der
Kirche regiert und dem Ziele der letztern entgegengeführt werden. Er erwähnt,
daß diese Sonderung von den deutschen Gelehrten, namentlich von Philipps,
verworfen wird, meint aber, daß der letztere, ein so ausgezeichneter Schriftsteller
er auch sei, in diesem Punkte durch „eine vielleicht in Deutschland herrschende
absurde Vorstellung" irregeführt sei. Das öffentliche Kirchenrecht nun ist durch-



*) Das erst,: Buch ist in den weiterhin folgenden Zitaten middah zweite mit
?rio. bezeichnet.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/642>, abgerufen am 22.07.2024.