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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Vom alten und neuen Griechenland.

baksmonopol beigewohnt hätte, welches er wie alle weitblickenden Politiker
entschieden billigte.

Von konservativer Seite hatte man mir während der ersten Märztage vor¬
geplaudert, als wolle man bis zu einem gewissen Grade für den Monopolsgedanken
eintreten, allein ich hatte nichts davon geglaubt. Und ich muß bekennen, daß mir
in der Folge die badische Abgeordnetenkammer in der Seele leid gethan hat, als
sie einstimmig, unter dein Feldgeschrei der ordinärsten Redensarten und den ober¬
flächlichsten Erwägungen sich ins Geschirr legte gegen einen großen staatsmännischen
Gedanken, der wahrlich geeignet war, nicht nur auf verhältnismäßig mühelose
Weise die finanzielle Größe Deutschlands zu begründen, sondern auch wie ein
mächtiger eiserner Reif der Einheit die deutschen Völker zu umschlingen, einen
Gedanken, dem ich von dem ersten Augenblicke seines Auftauchens in der Zeit¬
geschichte unbedingt und energisch ergeben war. Doch wer diese Dinge einmal
nicht begreift, dem kann man sie nicht einreden, und bei aller Achtung vor ent¬
gegengesetzten Überzeugungen wird es doch erlaubt sein, gerade bei diesem Gegen¬
stande auf jene alte Wahrheit hinzuweisen, die lautet: Einen Politischen Schwätzer
zum Denker umzuformen, wird ewig ein vergebliches Bemühen sein.

Noch mancherlei interessante Stellen ließen sich aus dem Buche anführen,
aber wir müssen davon absehen und uns begnügen, noch auf zwei davon auf¬
merksam zu machen. Es sind der 16. Paragraph des 4. Kapitels, wo der
Verfasser seine Erlebnisse als Reiseprediger schildert, und sodann seine Ansicht
über Janssens Geschichtswerk. Dort ist namentlich der Bericht über die Stim¬
mung der süddeutschen und rheinischen Katholiken während des Kulturkampfs
lesenswert und für die billigdenkende und versöhnliche Anschauung des Autors
charakteristisch, hier begegnet uns das wohlmotivirte Urteil, Janssen sei "ein
tendenziöser Parteischriststeller des bornirtesten Ultramontanismus," und es
handle sich bei ihm lediglich "um geistreiche und kunstvolle Bearbeitung des ge¬
schichtlichen Stoffes zu einem vorgefaßten Zwecke und um Verwertung des
Quellenmaterials für eine schon im voraus feststehende Tendenz -- gerade so,
wie es Karl von Rotteck im fortschrittlich-liberalen Sinne gemacht hat."




Vom alten und neuen Griechenland.

enden gegründete Aussicht vorhanden ist, daß ein unter der Höhe
von Druwa, am rechten Ufer des Kladeos, erbautes Museum
die Kunstschätze aufnehmen werde, die man den deutschen Aus¬
grabungen in Olympia verdankt, ist die Streitfrage, wo dieselben
am besten aufgehoben seien, gegenstandslos geworden. Sie ist
entschieden durch die Freigebigkeit eines reichen Bürgers, die in solchen Fällen


Vom alten und neuen Griechenland.

baksmonopol beigewohnt hätte, welches er wie alle weitblickenden Politiker
entschieden billigte.

Von konservativer Seite hatte man mir während der ersten Märztage vor¬
geplaudert, als wolle man bis zu einem gewissen Grade für den Monopolsgedanken
eintreten, allein ich hatte nichts davon geglaubt. Und ich muß bekennen, daß mir
in der Folge die badische Abgeordnetenkammer in der Seele leid gethan hat, als
sie einstimmig, unter dein Feldgeschrei der ordinärsten Redensarten und den ober¬
flächlichsten Erwägungen sich ins Geschirr legte gegen einen großen staatsmännischen
Gedanken, der wahrlich geeignet war, nicht nur auf verhältnismäßig mühelose
Weise die finanzielle Größe Deutschlands zu begründen, sondern auch wie ein
mächtiger eiserner Reif der Einheit die deutschen Völker zu umschlingen, einen
Gedanken, dem ich von dem ersten Augenblicke seines Auftauchens in der Zeit¬
geschichte unbedingt und energisch ergeben war. Doch wer diese Dinge einmal
nicht begreift, dem kann man sie nicht einreden, und bei aller Achtung vor ent¬
gegengesetzten Überzeugungen wird es doch erlaubt sein, gerade bei diesem Gegen¬
stande auf jene alte Wahrheit hinzuweisen, die lautet: Einen Politischen Schwätzer
zum Denker umzuformen, wird ewig ein vergebliches Bemühen sein.

Noch mancherlei interessante Stellen ließen sich aus dem Buche anführen,
aber wir müssen davon absehen und uns begnügen, noch auf zwei davon auf¬
merksam zu machen. Es sind der 16. Paragraph des 4. Kapitels, wo der
Verfasser seine Erlebnisse als Reiseprediger schildert, und sodann seine Ansicht
über Janssens Geschichtswerk. Dort ist namentlich der Bericht über die Stim¬
mung der süddeutschen und rheinischen Katholiken während des Kulturkampfs
lesenswert und für die billigdenkende und versöhnliche Anschauung des Autors
charakteristisch, hier begegnet uns das wohlmotivirte Urteil, Janssen sei „ein
tendenziöser Parteischriststeller des bornirtesten Ultramontanismus," und es
handle sich bei ihm lediglich „um geistreiche und kunstvolle Bearbeitung des ge¬
schichtlichen Stoffes zu einem vorgefaßten Zwecke und um Verwertung des
Quellenmaterials für eine schon im voraus feststehende Tendenz — gerade so,
wie es Karl von Rotteck im fortschrittlich-liberalen Sinne gemacht hat."




Vom alten und neuen Griechenland.

enden gegründete Aussicht vorhanden ist, daß ein unter der Höhe
von Druwa, am rechten Ufer des Kladeos, erbautes Museum
die Kunstschätze aufnehmen werde, die man den deutschen Aus¬
grabungen in Olympia verdankt, ist die Streitfrage, wo dieselben
am besten aufgehoben seien, gegenstandslos geworden. Sie ist
entschieden durch die Freigebigkeit eines reichen Bürgers, die in solchen Fällen


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[0551] Vom alten und neuen Griechenland. baksmonopol beigewohnt hätte, welches er wie alle weitblickenden Politiker entschieden billigte. Von konservativer Seite hatte man mir während der ersten Märztage vor¬ geplaudert, als wolle man bis zu einem gewissen Grade für den Monopolsgedanken eintreten, allein ich hatte nichts davon geglaubt. Und ich muß bekennen, daß mir in der Folge die badische Abgeordnetenkammer in der Seele leid gethan hat, als sie einstimmig, unter dein Feldgeschrei der ordinärsten Redensarten und den ober¬ flächlichsten Erwägungen sich ins Geschirr legte gegen einen großen staatsmännischen Gedanken, der wahrlich geeignet war, nicht nur auf verhältnismäßig mühelose Weise die finanzielle Größe Deutschlands zu begründen, sondern auch wie ein mächtiger eiserner Reif der Einheit die deutschen Völker zu umschlingen, einen Gedanken, dem ich von dem ersten Augenblicke seines Auftauchens in der Zeit¬ geschichte unbedingt und energisch ergeben war. Doch wer diese Dinge einmal nicht begreift, dem kann man sie nicht einreden, und bei aller Achtung vor ent¬ gegengesetzten Überzeugungen wird es doch erlaubt sein, gerade bei diesem Gegen¬ stande auf jene alte Wahrheit hinzuweisen, die lautet: Einen Politischen Schwätzer zum Denker umzuformen, wird ewig ein vergebliches Bemühen sein. Noch mancherlei interessante Stellen ließen sich aus dem Buche anführen, aber wir müssen davon absehen und uns begnügen, noch auf zwei davon auf¬ merksam zu machen. Es sind der 16. Paragraph des 4. Kapitels, wo der Verfasser seine Erlebnisse als Reiseprediger schildert, und sodann seine Ansicht über Janssens Geschichtswerk. Dort ist namentlich der Bericht über die Stim¬ mung der süddeutschen und rheinischen Katholiken während des Kulturkampfs lesenswert und für die billigdenkende und versöhnliche Anschauung des Autors charakteristisch, hier begegnet uns das wohlmotivirte Urteil, Janssen sei „ein tendenziöser Parteischriststeller des bornirtesten Ultramontanismus," und es handle sich bei ihm lediglich „um geistreiche und kunstvolle Bearbeitung des ge¬ schichtlichen Stoffes zu einem vorgefaßten Zwecke und um Verwertung des Quellenmaterials für eine schon im voraus feststehende Tendenz — gerade so, wie es Karl von Rotteck im fortschrittlich-liberalen Sinne gemacht hat." Vom alten und neuen Griechenland. enden gegründete Aussicht vorhanden ist, daß ein unter der Höhe von Druwa, am rechten Ufer des Kladeos, erbautes Museum die Kunstschätze aufnehmen werde, die man den deutschen Aus¬ grabungen in Olympia verdankt, ist die Streitfrage, wo dieselben am besten aufgehoben seien, gegenstandslos geworden. Sie ist entschieden durch die Freigebigkeit eines reichen Bürgers, die in solchen Fällen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/551>, abgerufen am 22.07.2024.