Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.Lin Apostel der Geniezeit. sehen stellt die Zeit der tollen Genies durchaus nicht, wie so oft behauptet worden Seitdem durch Hettner diese Einsicht gewonnen worden ist, hat sich auch Will man aber so recht einen Einblick in das Getriebe und die Wirrsale Wir benutz", diese Gelegenheit, um -- als eine nicht unwichtige Ergänzung zu der
im Texte verzeichneten Literatur über die Stürmer und Dränger -- noch deu soeben er¬ schienenen zehnten Band der "Deutschen Nationalliteratur" zu erwähnen: I. M. R. Lenz und H. L. Wagner. Herausgegeben von Dr. A. Sauer (Berlin und Stuttgart, W. Spe- mann,) Wir haben bisher keine direkte Veranlassung gehabt, des umfänglich angelegten Sammelwerks der Spcmannschen Verlngshandlnng zu gedenken, da die bisher erschienenen neun Bände desselben (1. "ut 6. Simplicissimus. 2. Faust. 3. Räuber und Fiesco. 4. Jov- siade. S, Lessings Gedichte und Jugendtraum. 7. Oberon. 3. Maler Mittlers und Schubarts Dichtungen. 9. Simplieicmischc Schriften) nichts enthielten, was nicht auch bereits in andern, ähnlichen Sammlungen, wie der von I. I. Weber und den bekannten Brocthansschen Serien, in ähnlicher Weise mit Einleitungen und Anmerkungen versehen, vorhanden gewesen wäre. Der vorliegende Band beansprucht jedoch ein besonderes Interesse. Er enthält eine Aus¬ wahl der wichtigsten Schriften von Lenz und Wagner, von ersterem die beiden Komödien "Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung" und "Die Soldaten," die Satire clÄswoniuiu tZormirnivum, das Romnnfragment "Der Waldbruder" und eine Anzahl Ge¬ dichte, von Wagner das Trauerspiel "Die Kiudermörderiu" und die Satire "Prometheus, Dentalivm und seiue Rezensenten." Alle diese Schriften sind, mit Ausnahme des "Wald¬ bruders," der kürzlich auch in der Henniugerschcn Sammlung von Nendruckeu wieder er¬ schienen ist, bisher nicht leicht zugänglich gewesen; ihr Wiederabdruck ist daher sehr dankens¬ wert. Bis wir einmal eine vollständige Gesamtausgabe der Stürmer und Dränger haben werden, die uus über kurz oder laug ja doch werden muß, müssen wir den vorliegenden Band als eine willkommene Abschlagszahlung darauf betrachte". Auf die Fortsetzung der D. Red. Spemcmnschen "Nationalliteratur" gedenken wir gelegentlich zurückzukommen. Lin Apostel der Geniezeit. sehen stellt die Zeit der tollen Genies durchaus nicht, wie so oft behauptet worden Seitdem durch Hettner diese Einsicht gewonnen worden ist, hat sich auch Will man aber so recht einen Einblick in das Getriebe und die Wirrsale Wir benutz«, diese Gelegenheit, um — als eine nicht unwichtige Ergänzung zu der
im Texte verzeichneten Literatur über die Stürmer und Dränger — noch deu soeben er¬ schienenen zehnten Band der „Deutschen Nationalliteratur" zu erwähnen: I. M. R. Lenz und H. L. Wagner. Herausgegeben von Dr. A. Sauer (Berlin und Stuttgart, W. Spe- mann,) Wir haben bisher keine direkte Veranlassung gehabt, des umfänglich angelegten Sammelwerks der Spcmannschen Verlngshandlnng zu gedenken, da die bisher erschienenen neun Bände desselben (1. »ut 6. Simplicissimus. 2. Faust. 3. Räuber und Fiesco. 4. Jov- siade. S, Lessings Gedichte und Jugendtraum. 7. Oberon. 3. Maler Mittlers und Schubarts Dichtungen. 9. Simplieicmischc Schriften) nichts enthielten, was nicht auch bereits in andern, ähnlichen Sammlungen, wie der von I. I. Weber und den bekannten Brocthansschen Serien, in ähnlicher Weise mit Einleitungen und Anmerkungen versehen, vorhanden gewesen wäre. Der vorliegende Band beansprucht jedoch ein besonderes Interesse. Er enthält eine Aus¬ wahl der wichtigsten Schriften von Lenz und Wagner, von ersterem die beiden Komödien „Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung" und „Die Soldaten," die Satire clÄswoniuiu tZormirnivum, das Romnnfragment „Der Waldbruder" und eine Anzahl Ge¬ dichte, von Wagner das Trauerspiel „Die Kiudermörderiu" und die Satire „Prometheus, Dentalivm und seiue Rezensenten." Alle diese Schriften sind, mit Ausnahme des „Wald¬ bruders," der kürzlich auch in der Henniugerschcn Sammlung von Nendruckeu wieder er¬ schienen ist, bisher nicht leicht zugänglich gewesen; ihr Wiederabdruck ist daher sehr dankens¬ wert. Bis wir einmal eine vollständige Gesamtausgabe der Stürmer und Dränger haben werden, die uus über kurz oder laug ja doch werden muß, müssen wir den vorliegenden Band als eine willkommene Abschlagszahlung darauf betrachte». Auf die Fortsetzung der D. Red. Spemcmnschen „Nationalliteratur" gedenken wir gelegentlich zurückzukommen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0235" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/152984"/> <fw type="header" place="top"> Lin Apostel der Geniezeit.</fw><lb/> <p xml:id="ID_953" prev="#ID_952"> sehen stellt die Zeit der tollen Genies durchaus nicht, wie so oft behauptet worden<lb/> ist, einen Rückgang gegenüber der Aufklärungsperiode dar, sondern erscheint<lb/> als ein notwendiger Durchgangspunkt zu der klassischen Vollendung unsrer<lb/> großen Dichter und Denker am Ende des Jahrhunderts.</p><lb/> <p xml:id="ID_954"> Seitdem durch Hettner diese Einsicht gewonnen worden ist, hat sich auch<lb/> die literarhistorische Forschung mit großem Eifer gerade der Zeit des Sturmes<lb/> und Dranges zugewandt. Fast alle in die Bewegung eingreifenden Männer haben<lb/> ihren Biographen gefunden. Klinger ist von Rieger in einer trefflichen größern Arbeit<lb/> behandelt worden. Lenz und Klinger gemeinschaftlich hat uns Erich Schmidt vor¬<lb/> geführt, der auch den Einfluß Richardsons und Rousseaus auf Goethes Werther<lb/> verfolgt und Heinrich Leopold Wagner, den Dichter der „Kindesmördcrin," zum<lb/> Gegenstande einer bereits in zwei Bearbeitungen erschienenen Monographie ge¬<lb/> wacht hat. Endlich hat uns Seuffert eine ausführliche Schilderung des Malers<lb/> Müller gegeben, die in gleicher Weise dem Maler wie dem Dichter gerecht wird.*)</p><lb/> <p xml:id="ID_955" next="#ID_956"> Will man aber so recht einen Einblick in das Getriebe und die Wirrsale<lb/> jener Tage erhalten, sucht man nach einem möglichst vollkommenen Typus der<lb/> Geniezeit, so tritt ein andrer Mann hervor, der, ohne irgend einem der ge¬<lb/> nannten vergleichbar zu sein, doch durch seine Persönlichkeit und die ganze Art<lb/> seines Auftretens als der eigentliche Apostel dieser Epoche erscheint und in ganz<lb/> besonderen Grade bei seinem wechselvollen Leben und dem Wandel seiner Über¬<lb/> zeugungen die Widersprüche und Gegensätze des achtzehnten Jahrhunderts in</p><lb/> <note xml:id="FID_38" place="foot"> Wir benutz«, diese Gelegenheit, um — als eine nicht unwichtige Ergänzung zu der<lb/> im Texte verzeichneten Literatur über die Stürmer und Dränger — noch deu soeben er¬<lb/> schienenen zehnten Band der „Deutschen Nationalliteratur" zu erwähnen: I. M. R. Lenz<lb/> und H. L. Wagner. Herausgegeben von Dr. A. Sauer (Berlin und Stuttgart, W. Spe-<lb/> mann,) Wir haben bisher keine direkte Veranlassung gehabt, des umfänglich angelegten<lb/> Sammelwerks der Spcmannschen Verlngshandlnng zu gedenken, da die bisher erschienenen<lb/> neun Bände desselben (1. »ut 6. Simplicissimus. 2. Faust. 3. Räuber und Fiesco. 4. Jov-<lb/> siade. S, Lessings Gedichte und Jugendtraum. 7. Oberon. 3. Maler Mittlers und Schubarts<lb/> Dichtungen. 9. Simplieicmischc Schriften) nichts enthielten, was nicht auch bereits in andern,<lb/> ähnlichen Sammlungen, wie der von I. I. Weber und den bekannten Brocthansschen Serien,<lb/> in ähnlicher Weise mit Einleitungen und Anmerkungen versehen, vorhanden gewesen wäre.<lb/> Der vorliegende Band beansprucht jedoch ein besonderes Interesse. Er enthält eine Aus¬<lb/> wahl der wichtigsten Schriften von Lenz und Wagner, von ersterem die beiden Komödien<lb/> „Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung" und „Die Soldaten," die Satire<lb/> clÄswoniuiu tZormirnivum, das Romnnfragment „Der Waldbruder" und eine Anzahl Ge¬<lb/> dichte, von Wagner das Trauerspiel „Die Kiudermörderiu" und die Satire „Prometheus,<lb/> Dentalivm und seiue Rezensenten." Alle diese Schriften sind, mit Ausnahme des „Wald¬<lb/> bruders," der kürzlich auch in der Henniugerschcn Sammlung von Nendruckeu wieder er¬<lb/> schienen ist, bisher nicht leicht zugänglich gewesen; ihr Wiederabdruck ist daher sehr dankens¬<lb/> wert. Bis wir einmal eine vollständige Gesamtausgabe der Stürmer und Dränger haben<lb/> werden, die uus über kurz oder laug ja doch werden muß, müssen wir den vorliegenden<lb/> Band als eine willkommene Abschlagszahlung darauf betrachte». Auf die Fortsetzung der<lb/><note type="byline"> D. 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Lin Apostel der Geniezeit.
sehen stellt die Zeit der tollen Genies durchaus nicht, wie so oft behauptet worden
ist, einen Rückgang gegenüber der Aufklärungsperiode dar, sondern erscheint
als ein notwendiger Durchgangspunkt zu der klassischen Vollendung unsrer
großen Dichter und Denker am Ende des Jahrhunderts.
Seitdem durch Hettner diese Einsicht gewonnen worden ist, hat sich auch
die literarhistorische Forschung mit großem Eifer gerade der Zeit des Sturmes
und Dranges zugewandt. Fast alle in die Bewegung eingreifenden Männer haben
ihren Biographen gefunden. Klinger ist von Rieger in einer trefflichen größern Arbeit
behandelt worden. Lenz und Klinger gemeinschaftlich hat uns Erich Schmidt vor¬
geführt, der auch den Einfluß Richardsons und Rousseaus auf Goethes Werther
verfolgt und Heinrich Leopold Wagner, den Dichter der „Kindesmördcrin," zum
Gegenstande einer bereits in zwei Bearbeitungen erschienenen Monographie ge¬
wacht hat. Endlich hat uns Seuffert eine ausführliche Schilderung des Malers
Müller gegeben, die in gleicher Weise dem Maler wie dem Dichter gerecht wird.*)
Will man aber so recht einen Einblick in das Getriebe und die Wirrsale
jener Tage erhalten, sucht man nach einem möglichst vollkommenen Typus der
Geniezeit, so tritt ein andrer Mann hervor, der, ohne irgend einem der ge¬
nannten vergleichbar zu sein, doch durch seine Persönlichkeit und die ganze Art
seines Auftretens als der eigentliche Apostel dieser Epoche erscheint und in ganz
besonderen Grade bei seinem wechselvollen Leben und dem Wandel seiner Über¬
zeugungen die Widersprüche und Gegensätze des achtzehnten Jahrhunderts in
Wir benutz«, diese Gelegenheit, um — als eine nicht unwichtige Ergänzung zu der
im Texte verzeichneten Literatur über die Stürmer und Dränger — noch deu soeben er¬
schienenen zehnten Band der „Deutschen Nationalliteratur" zu erwähnen: I. M. R. Lenz
und H. L. Wagner. Herausgegeben von Dr. A. Sauer (Berlin und Stuttgart, W. Spe-
mann,) Wir haben bisher keine direkte Veranlassung gehabt, des umfänglich angelegten
Sammelwerks der Spcmannschen Verlngshandlnng zu gedenken, da die bisher erschienenen
neun Bände desselben (1. »ut 6. Simplicissimus. 2. Faust. 3. Räuber und Fiesco. 4. Jov-
siade. S, Lessings Gedichte und Jugendtraum. 7. Oberon. 3. Maler Mittlers und Schubarts
Dichtungen. 9. Simplieicmischc Schriften) nichts enthielten, was nicht auch bereits in andern,
ähnlichen Sammlungen, wie der von I. I. Weber und den bekannten Brocthansschen Serien,
in ähnlicher Weise mit Einleitungen und Anmerkungen versehen, vorhanden gewesen wäre.
Der vorliegende Band beansprucht jedoch ein besonderes Interesse. Er enthält eine Aus¬
wahl der wichtigsten Schriften von Lenz und Wagner, von ersterem die beiden Komödien
„Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung" und „Die Soldaten," die Satire
clÄswoniuiu tZormirnivum, das Romnnfragment „Der Waldbruder" und eine Anzahl Ge¬
dichte, von Wagner das Trauerspiel „Die Kiudermörderiu" und die Satire „Prometheus,
Dentalivm und seiue Rezensenten." Alle diese Schriften sind, mit Ausnahme des „Wald¬
bruders," der kürzlich auch in der Henniugerschcn Sammlung von Nendruckeu wieder er¬
schienen ist, bisher nicht leicht zugänglich gewesen; ihr Wiederabdruck ist daher sehr dankens¬
wert. Bis wir einmal eine vollständige Gesamtausgabe der Stürmer und Dränger haben
werden, die uus über kurz oder laug ja doch werden muß, müssen wir den vorliegenden
Band als eine willkommene Abschlagszahlung darauf betrachte». Auf die Fortsetzung der
D. Red. Spemcmnschen „Nationalliteratur" gedenken wir gelegentlich zurückzukommen.
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Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
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