Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.Die Kehrseite der Madagaskcirfrage. Borneo und Sumatra; denn es erzeugt nicht nur alle Pflanzen und Früchte Die Bewohner von Madagaskar zerfallen nach den Untersuchungen eines Die Kehrseite der Madagaskcirfrage. Borneo und Sumatra; denn es erzeugt nicht nur alle Pflanzen und Früchte Die Bewohner von Madagaskar zerfallen nach den Untersuchungen eines <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0226" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/152975"/> <fw type="header" place="top"> Die Kehrseite der Madagaskcirfrage.</fw><lb/> <p xml:id="ID_928" prev="#ID_927"> Borneo und Sumatra; denn es erzeugt nicht nur alle Pflanzen und Früchte<lb/> der Tropen, sondern auf den Hochebnen des Innern anch diejenigen der ge¬<lb/> mäßigten Zone. Es hat von Norden nach Süden eine Lange von etwa 960<lb/> und an der breitesten Stelle eine Breite von 360 englischen Meilen. Ans<lb/> der Ostseite bildet seine Küste eine selten gebrochne gerade Linie, wogegen sie<lb/> auf der nordwestlichen mit vielen, tief ins Land einschneidenden Buchten gezähnt<lb/> ist, unter denen einige zu den schönsten Häfen der Welt zu zählen sind. Un¬<lb/> gefähr ein Drittel des Innern im Norden und Osten wird von Bergen eingenommen,<lb/> die sich bis zu K000 Fuß über die See erheben und aus Granit, Gneis und<lb/> Basalt bestehen. Rings um die Insel zieht sich ein Gürtel dichter Wälder,<lb/> zwischen zehn und vierzig englische Meilen breit, der treffliches Bauholz<lb/> und wertvolle Harzbäume enthält, ein Paradies für Botaniker, die hier seltene<lb/> Orchideen, prachtvoll blühende Kletterpflanzen und verschiedne anderwärts nicht<lb/> vorkommende Formen des vegetabilischen Lebens antreffen. Während die Flora<lb/> der Insel eine überaus reiche ist, beschränkt sich die Fauna ans wenige Arten.<lb/> Es giebt hier weder die reißenden Tiere noch die Massen von gazellen- und<lb/> antilopenartigen Kindern der Steppe, welche das benachbarte Südafrika be¬<lb/> völkern. Dagegen wiederhallen die Wälder vom Geschrei vieler Affenarten, und<lb/> während giftiges Gewürm ganz fehlt, wimmeln die Flüsse von Myriaden vo>><lb/> Krokodilen. Wie in allen Tropengegenden bringt das Land Baumwolle, Tabak,<lb/> Zucker, Reis, Indigo, Cochenille, Kakao, Manjok, Jute in Fülle hervor. In<lb/> den Wäldern wachsen der Baobab, die Tamariske, die schraubenförmige Fichte,<lb/> baumartige Farren und verschiedne harte Hölzer, die eine vortreffliche Politur<lb/> annehmen. Im Gebirge finden sich Steinkohlen, Kupfer, Eisen von vorzüglicher<lb/> Beschaffenheit, anch Gold, aber diese Schätze sind zum allergrößten Teile noch<lb/> ungehoben, da die Hovaregicruug bis auf die neueste Zeit der Anlegung von<lb/> Bergwerken nicht günstig gestimmt war. Die Bevölkerung verhält sich trug,<lb/> lebt meist von der Hand in den Mund und verläßt sich, wo sie wohlhabend<lb/> ist, auf die Arbeit ihrer Sklaven. „Daraus erklärt sich, sagt unsre Quelle,<lb/> die Leichtigkeit, mit der es noch vor kurzem der Regierung gelang, den Haß<lb/> des Volkes gegen Baudais, den französischen Konsul in Atananarivo, zu ent¬<lb/> flammen, der nach ihrem Vorgeben sofortige und wirkliche Aufhebung der<lb/> Sklaverei verlangt hatte."</p><lb/> <p xml:id="ID_929" next="#ID_930"> Die Bewohner von Madagaskar zerfallen nach den Untersuchungen eines<lb/> Arztes der Königin Ranovalo, die in der Newyorkcr Iridrms erschienen, in<lb/> zwei völlig verschiedne Klassen. Die Hvvas sind malayischen Ursprungs, haben<lb/> eine gelbe Haut, langes, glattes Haar, flache Gesichter und Profile, wie sie die<lb/> Urbevölkerung des malnyischen Archipels cuiszeichnen. Die Hovas nehmen gegen¬<lb/> wärtig ungefähr den vierten Teil der Insel ein und erstrecken ihre Herrschaft<lb/> thatsächlich nicht viel weiter. Sie besitzen kaufmännisches Talent und einen ge¬<lb/> wissen Unternehmungsgeist, sind aber unzuverlässig und wankelmütig. Die übrigen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0226]
Die Kehrseite der Madagaskcirfrage.
Borneo und Sumatra; denn es erzeugt nicht nur alle Pflanzen und Früchte
der Tropen, sondern auf den Hochebnen des Innern anch diejenigen der ge¬
mäßigten Zone. Es hat von Norden nach Süden eine Lange von etwa 960
und an der breitesten Stelle eine Breite von 360 englischen Meilen. Ans
der Ostseite bildet seine Küste eine selten gebrochne gerade Linie, wogegen sie
auf der nordwestlichen mit vielen, tief ins Land einschneidenden Buchten gezähnt
ist, unter denen einige zu den schönsten Häfen der Welt zu zählen sind. Un¬
gefähr ein Drittel des Innern im Norden und Osten wird von Bergen eingenommen,
die sich bis zu K000 Fuß über die See erheben und aus Granit, Gneis und
Basalt bestehen. Rings um die Insel zieht sich ein Gürtel dichter Wälder,
zwischen zehn und vierzig englische Meilen breit, der treffliches Bauholz
und wertvolle Harzbäume enthält, ein Paradies für Botaniker, die hier seltene
Orchideen, prachtvoll blühende Kletterpflanzen und verschiedne anderwärts nicht
vorkommende Formen des vegetabilischen Lebens antreffen. Während die Flora
der Insel eine überaus reiche ist, beschränkt sich die Fauna ans wenige Arten.
Es giebt hier weder die reißenden Tiere noch die Massen von gazellen- und
antilopenartigen Kindern der Steppe, welche das benachbarte Südafrika be¬
völkern. Dagegen wiederhallen die Wälder vom Geschrei vieler Affenarten, und
während giftiges Gewürm ganz fehlt, wimmeln die Flüsse von Myriaden vo>>
Krokodilen. Wie in allen Tropengegenden bringt das Land Baumwolle, Tabak,
Zucker, Reis, Indigo, Cochenille, Kakao, Manjok, Jute in Fülle hervor. In
den Wäldern wachsen der Baobab, die Tamariske, die schraubenförmige Fichte,
baumartige Farren und verschiedne harte Hölzer, die eine vortreffliche Politur
annehmen. Im Gebirge finden sich Steinkohlen, Kupfer, Eisen von vorzüglicher
Beschaffenheit, anch Gold, aber diese Schätze sind zum allergrößten Teile noch
ungehoben, da die Hovaregicruug bis auf die neueste Zeit der Anlegung von
Bergwerken nicht günstig gestimmt war. Die Bevölkerung verhält sich trug,
lebt meist von der Hand in den Mund und verläßt sich, wo sie wohlhabend
ist, auf die Arbeit ihrer Sklaven. „Daraus erklärt sich, sagt unsre Quelle,
die Leichtigkeit, mit der es noch vor kurzem der Regierung gelang, den Haß
des Volkes gegen Baudais, den französischen Konsul in Atananarivo, zu ent¬
flammen, der nach ihrem Vorgeben sofortige und wirkliche Aufhebung der
Sklaverei verlangt hatte."
Die Bewohner von Madagaskar zerfallen nach den Untersuchungen eines
Arztes der Königin Ranovalo, die in der Newyorkcr Iridrms erschienen, in
zwei völlig verschiedne Klassen. Die Hvvas sind malayischen Ursprungs, haben
eine gelbe Haut, langes, glattes Haar, flache Gesichter und Profile, wie sie die
Urbevölkerung des malnyischen Archipels cuiszeichnen. Die Hovas nehmen gegen¬
wärtig ungefähr den vierten Teil der Insel ein und erstrecken ihre Herrschaft
thatsächlich nicht viel weiter. Sie besitzen kaufmännisches Talent und einen ge¬
wissen Unternehmungsgeist, sind aber unzuverlässig und wankelmütig. Die übrigen
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