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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Die Grafen von Altenschwerdt,

Ich kann es mit wenig Worten sagen, erwiederte Eberhardt mit tiefer,
klangvoller Stimme. Schon durch meinen Diener hatte ich von Ihrer An
Wesenheit in dieser Gegend veriiommen. Es ist ein wunderliches Spiel des Zu¬
falls, wenn es überhaupt erlaubt ist, von Zufall zu reden, daß wir, die soviel
Grund haben, uns zu vermeiden, auf der weite" Erde diesen kleinen Punkt aus¬
suchen mußten, uns zu begegne" --

Ein Zufall! warf die Gräfin ein. So bezeichnen Sie dies Zusammen¬
treffen also als einen Zufall! Ich muß gestehen, daß ich wenig Glauben an
das Zufällige habe, und schon geneigt war, anzunehmen, daß von Ihrer Seite
eine Absicht vorliege.

Und welche Absicht?

Ich habe Sie unterbrochen. Bitte, fahren Sie fort, sagte Gräfin Sibhlle,
welcher mehr daran lag, die Gedanken Ihres Gegners zu erfahren als die
eignen auszusprechen.

Die tragischen Ereignisse der Vergangenheit, sagte Eberhardt, ihrer Auf¬
forderung folgend, werfen ihr trübes Licht bis in die Gegenwart herüber lind
müssen für immer das Hindernis eines unbefangenen und freundschaftlichen Ver¬
hältnisses zwischen uns sein. Aber ich glaube, daß es darum nicht nötig ist,
daß wir einander feindlich sind und uns schaden. Mein Besuch bei Ihnen hat
den Zweck, Ihnen dies vorzustellen und Sie zu bitten, in unser beider Interesse
den Frieden bewahren zu wollen.

Die Gräfin zeigte den Ausdruck des Erstaunens, als begriffe sie nicht,
was er meine, und sah ihn fragend an.

Daß ich den Namen meiner Mutter führe, sagte Eberhardt eindringlich,
beweist Ihnen meine Friedfertigkeit, deshalb darf ich wohl mich auf Friedfertig¬
keit von Ihrer Seite rechnen.

Und haben Sie irgend welche Gründe, das Gegenteil davon annehmen zu
dürfen? fragte sie.

Ein bitteres Lächeln erschien ans Eberhardts Gesicht. Wir wollen ge¬
schehen sein lassen, was geschehen ist, sagte er, und nur von deck reden, was
von nun an geschehen soll. Es ist nicht meine Absicht, mein Recht zur Geltung
zu bringen, so lange Sie mich unangefochten lassen, aber hüten Sie sich, Frau
Gräfin, meinen gerechten Zorn herauszufordern!

Es lag ein Ton von Energie und ruhiger Kraft in seiner Stimme und
Haltung, der seine Wirkung auf sie nicht verfehlte. Sie antwortete mit einem
haßerfüllten Blick, bei dem ihre dunkeln Angen Feuer zu sprühen schienen, und
brach in ein kurzes, scharfes Lachen aus.

Sie spreche" kühn, mein Herr, kühn und drohend. Sie scheinen Ihrer
Sache sehr sicher zu sein. Aber wenn Sie auch nur eine Frau vor sich haben,
welche Sie glauben einschüchtern zu können, so ist es doch eine Frau, die sich


Die Grafen von Altenschwerdt,

Ich kann es mit wenig Worten sagen, erwiederte Eberhardt mit tiefer,
klangvoller Stimme. Schon durch meinen Diener hatte ich von Ihrer An
Wesenheit in dieser Gegend veriiommen. Es ist ein wunderliches Spiel des Zu¬
falls, wenn es überhaupt erlaubt ist, von Zufall zu reden, daß wir, die soviel
Grund haben, uns zu vermeiden, auf der weite» Erde diesen kleinen Punkt aus¬
suchen mußten, uns zu begegne» —

Ein Zufall! warf die Gräfin ein. So bezeichnen Sie dies Zusammen¬
treffen also als einen Zufall! Ich muß gestehen, daß ich wenig Glauben an
das Zufällige habe, und schon geneigt war, anzunehmen, daß von Ihrer Seite
eine Absicht vorliege.

Und welche Absicht?

Ich habe Sie unterbrochen. Bitte, fahren Sie fort, sagte Gräfin Sibhlle,
welcher mehr daran lag, die Gedanken Ihres Gegners zu erfahren als die
eignen auszusprechen.

Die tragischen Ereignisse der Vergangenheit, sagte Eberhardt, ihrer Auf¬
forderung folgend, werfen ihr trübes Licht bis in die Gegenwart herüber lind
müssen für immer das Hindernis eines unbefangenen und freundschaftlichen Ver¬
hältnisses zwischen uns sein. Aber ich glaube, daß es darum nicht nötig ist,
daß wir einander feindlich sind und uns schaden. Mein Besuch bei Ihnen hat
den Zweck, Ihnen dies vorzustellen und Sie zu bitten, in unser beider Interesse
den Frieden bewahren zu wollen.

Die Gräfin zeigte den Ausdruck des Erstaunens, als begriffe sie nicht,
was er meine, und sah ihn fragend an.

Daß ich den Namen meiner Mutter führe, sagte Eberhardt eindringlich,
beweist Ihnen meine Friedfertigkeit, deshalb darf ich wohl mich auf Friedfertig¬
keit von Ihrer Seite rechnen.

Und haben Sie irgend welche Gründe, das Gegenteil davon annehmen zu
dürfen? fragte sie.

Ein bitteres Lächeln erschien ans Eberhardts Gesicht. Wir wollen ge¬
schehen sein lassen, was geschehen ist, sagte er, und nur von deck reden, was
von nun an geschehen soll. Es ist nicht meine Absicht, mein Recht zur Geltung
zu bringen, so lange Sie mich unangefochten lassen, aber hüten Sie sich, Frau
Gräfin, meinen gerechten Zorn herauszufordern!

Es lag ein Ton von Energie und ruhiger Kraft in seiner Stimme und
Haltung, der seine Wirkung auf sie nicht verfehlte. Sie antwortete mit einem
haßerfüllten Blick, bei dem ihre dunkeln Angen Feuer zu sprühen schienen, und
brach in ein kurzes, scharfes Lachen aus.

Sie spreche» kühn, mein Herr, kühn und drohend. Sie scheinen Ihrer
Sache sehr sicher zu sein. Aber wenn Sie auch nur eine Frau vor sich haben,
welche Sie glauben einschüchtern zu können, so ist es doch eine Frau, die sich


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[0162] Die Grafen von Altenschwerdt, Ich kann es mit wenig Worten sagen, erwiederte Eberhardt mit tiefer, klangvoller Stimme. Schon durch meinen Diener hatte ich von Ihrer An Wesenheit in dieser Gegend veriiommen. Es ist ein wunderliches Spiel des Zu¬ falls, wenn es überhaupt erlaubt ist, von Zufall zu reden, daß wir, die soviel Grund haben, uns zu vermeiden, auf der weite» Erde diesen kleinen Punkt aus¬ suchen mußten, uns zu begegne» — Ein Zufall! warf die Gräfin ein. So bezeichnen Sie dies Zusammen¬ treffen also als einen Zufall! Ich muß gestehen, daß ich wenig Glauben an das Zufällige habe, und schon geneigt war, anzunehmen, daß von Ihrer Seite eine Absicht vorliege. Und welche Absicht? Ich habe Sie unterbrochen. Bitte, fahren Sie fort, sagte Gräfin Sibhlle, welcher mehr daran lag, die Gedanken Ihres Gegners zu erfahren als die eignen auszusprechen. Die tragischen Ereignisse der Vergangenheit, sagte Eberhardt, ihrer Auf¬ forderung folgend, werfen ihr trübes Licht bis in die Gegenwart herüber lind müssen für immer das Hindernis eines unbefangenen und freundschaftlichen Ver¬ hältnisses zwischen uns sein. Aber ich glaube, daß es darum nicht nötig ist, daß wir einander feindlich sind und uns schaden. Mein Besuch bei Ihnen hat den Zweck, Ihnen dies vorzustellen und Sie zu bitten, in unser beider Interesse den Frieden bewahren zu wollen. Die Gräfin zeigte den Ausdruck des Erstaunens, als begriffe sie nicht, was er meine, und sah ihn fragend an. Daß ich den Namen meiner Mutter führe, sagte Eberhardt eindringlich, beweist Ihnen meine Friedfertigkeit, deshalb darf ich wohl mich auf Friedfertig¬ keit von Ihrer Seite rechnen. Und haben Sie irgend welche Gründe, das Gegenteil davon annehmen zu dürfen? fragte sie. Ein bitteres Lächeln erschien ans Eberhardts Gesicht. Wir wollen ge¬ schehen sein lassen, was geschehen ist, sagte er, und nur von deck reden, was von nun an geschehen soll. Es ist nicht meine Absicht, mein Recht zur Geltung zu bringen, so lange Sie mich unangefochten lassen, aber hüten Sie sich, Frau Gräfin, meinen gerechten Zorn herauszufordern! Es lag ein Ton von Energie und ruhiger Kraft in seiner Stimme und Haltung, der seine Wirkung auf sie nicht verfehlte. Sie antwortete mit einem haßerfüllten Blick, bei dem ihre dunkeln Angen Feuer zu sprühen schienen, und brach in ein kurzes, scharfes Lachen aus. Sie spreche» kühn, mein Herr, kühn und drohend. Sie scheinen Ihrer Sache sehr sicher zu sein. Aber wenn Sie auch nur eine Frau vor sich haben, welche Sie glauben einschüchtern zu können, so ist es doch eine Frau, die sich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/162>, abgerufen am 03.07.2024.