Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.Ausstellungen in Wien. Wenn man nur wenigstens den Namen Lessings aus dem Spiele gelassen Wohl hat Herr von Seventornen viele Äußerlichkeiten, manche Neigungen p. Zimmer manu. Ausstellungen in Wien. enden die Schwärmerei für Ausstellungen, die "gern was ans Ausstellungen in Wien. Wenn man nur wenigstens den Namen Lessings aus dem Spiele gelassen Wohl hat Herr von Seventornen viele Äußerlichkeiten, manche Neigungen p. Zimmer manu. Ausstellungen in Wien. enden die Schwärmerei für Ausstellungen, die „gern was ans <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0148" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/152905"/> <fw type="header" place="top"> Ausstellungen in Wien.</fw><lb/> <p xml:id="ID_580"> Wenn man nur wenigstens den Namen Lessings aus dem Spiele gelassen<lb/> hätte! Soll er nur als Lockmittel für das traurige Machwerk dienen? Einem<lb/> aufrichtigen Verehrer Lessings muß diese Hereinziehung seiner Person geradezu<lb/> als eine Entweihung erscheinen. Oder wer fühlte sich nicht beleidigt, wenn er<lb/> den allverehrten Mann wie einen modernen Parteiagitator die billigste Weisheit<lb/> auskramen hört, hier mit dem Bedienten über den Geistlichen spottend (S. 10),<lb/> dort den Bauern gegen die Herrschaft aufreizend (S. 54), dann wieder den<lb/> Kellner nach seinem Schäferstündchen fragend (S. 52). Muß nicht zumal bei<lb/> dem heranwachsenden Geschlechte durch solch ein Buch jedes Gefühl für die<lb/> seltne Hoheit des großen Mannes im Keime erstickt werden? Und dabei sollen<lb/> diese Blätter im „Dienste des Glaubens der Humanität" verfaßt sei»!</p><lb/> <p xml:id="ID_581"> Wohl hat Herr von Seventornen viele Äußerlichkeiten, manche Neigungen<lb/> und Gewohnheiten Lessings mühsam zusammengelesen und in seinem Buche<lb/> verwertet; hätte er seines Geistes einen Hauch gespürt, er würde gewiß sein<lb/> ganzes Buch ungeschrieben gelassen haben.</p><lb/> <note type="byline"> p. Zimmer manu.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Ausstellungen in Wien.</head><lb/> <p xml:id="ID_582" next="#ID_583"> enden die Schwärmerei für Ausstellungen, die „gern was ans<lb/> der Erden und in dem Himmel ist," umfassen wollten, „die Wissen¬<lb/> schaft und die Natur," die Kunst und die Industrie, den Acker¬<lb/> bau und die Viehzucht u. s. w., durch wiederholte kalte Sturzbäder<lb/> ein wenig abgekühlt worden ist, wendet sich die Unternehmungslust<lb/> mit ungeschwächtem Eifer den Spezialausstellungen zu. Die Gegner der über<lb/> jede vernünftige Schranke hinausgewachsenen „Weltausstellungen" sehen sich beim<lb/> Wort genommen. Denn hatten sie nicht insgesamt anerkannt, daß es sich em¬<lb/> pfehle, von Zeit zu Zeit einzelnen Ländergebieten oder einzelnen Gruppen der<lb/> Produktion Gelegenheit zur Überschau und zum Messen der Kräfte zu geben?<lb/> Nun wohl, die „Welt" soll jetzt nicht mehr auf einmal, sondern löffelweise ver¬<lb/> abreicht werden; und wenn man im Aufstöbern von ausstellbareu Besonderheiten<lb/> recht findig ist und die Zeitabschnitte recht kurz mißt, so darf man hoffen, das<lb/> gegenwärtig Verpönte unter anderen Namen doch zu erreichen! So verteilt der<lb/> Reisende, der Cigarren über die Grenze schmuggeln mochte, die einzelnen Päckchen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0148]
Ausstellungen in Wien.
Wenn man nur wenigstens den Namen Lessings aus dem Spiele gelassen
hätte! Soll er nur als Lockmittel für das traurige Machwerk dienen? Einem
aufrichtigen Verehrer Lessings muß diese Hereinziehung seiner Person geradezu
als eine Entweihung erscheinen. Oder wer fühlte sich nicht beleidigt, wenn er
den allverehrten Mann wie einen modernen Parteiagitator die billigste Weisheit
auskramen hört, hier mit dem Bedienten über den Geistlichen spottend (S. 10),
dort den Bauern gegen die Herrschaft aufreizend (S. 54), dann wieder den
Kellner nach seinem Schäferstündchen fragend (S. 52). Muß nicht zumal bei
dem heranwachsenden Geschlechte durch solch ein Buch jedes Gefühl für die
seltne Hoheit des großen Mannes im Keime erstickt werden? Und dabei sollen
diese Blätter im „Dienste des Glaubens der Humanität" verfaßt sei»!
Wohl hat Herr von Seventornen viele Äußerlichkeiten, manche Neigungen
und Gewohnheiten Lessings mühsam zusammengelesen und in seinem Buche
verwertet; hätte er seines Geistes einen Hauch gespürt, er würde gewiß sein
ganzes Buch ungeschrieben gelassen haben.
p. Zimmer manu.
Ausstellungen in Wien.
enden die Schwärmerei für Ausstellungen, die „gern was ans
der Erden und in dem Himmel ist," umfassen wollten, „die Wissen¬
schaft und die Natur," die Kunst und die Industrie, den Acker¬
bau und die Viehzucht u. s. w., durch wiederholte kalte Sturzbäder
ein wenig abgekühlt worden ist, wendet sich die Unternehmungslust
mit ungeschwächtem Eifer den Spezialausstellungen zu. Die Gegner der über
jede vernünftige Schranke hinausgewachsenen „Weltausstellungen" sehen sich beim
Wort genommen. Denn hatten sie nicht insgesamt anerkannt, daß es sich em¬
pfehle, von Zeit zu Zeit einzelnen Ländergebieten oder einzelnen Gruppen der
Produktion Gelegenheit zur Überschau und zum Messen der Kräfte zu geben?
Nun wohl, die „Welt" soll jetzt nicht mehr auf einmal, sondern löffelweise ver¬
abreicht werden; und wenn man im Aufstöbern von ausstellbareu Besonderheiten
recht findig ist und die Zeitabschnitte recht kurz mißt, so darf man hoffen, das
gegenwärtig Verpönte unter anderen Namen doch zu erreichen! So verteilt der
Reisende, der Cigarren über die Grenze schmuggeln mochte, die einzelnen Päckchen
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