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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Nochmals die Aohleuverbrauchssteuer.

Einer solchen Verwüstung des Nationalvermögens müßte allerdings mit
allen Mitteln entgegengetreten werden, aber nicht durch eine Kohlenkonsumsteuer,
sondern dadurch, daß das deutsche Reich die gesamten Kohlengruben verstaat¬
lichte und dann die Kohlenablagerungen rationell abbaute. Hierdurch würde
einer vorzeitigen Verwüstung der Kohle thatsächlich Halt geboten, das Aus¬
reichen dieses Nationalvermögens für doppelte und dreifache Zeitdauer garantirt
werden, während andrerseits dadurch das deutsche Reich mit einem Schlage auf
eigene, und zwar recht feste Füße gestellt werden würde und dem Reiche große
Einnahmen erwachsen würden, die manche andre Steuer überflüssig machen
dürften. Freilich würde dann, infolge rationellen Abbaues der Kohlenflötze,
auch der weniger mächtigen, der Wert der Kohle ein größerer werden. Hierdurch
würden aber die Konsumenten am ehesten veranlaßt werden, die Kohle sparsam
zu verheizen, während heute bei dem fast wertlosen Produkt "Kohle" so mancher
Konsument verschwenderisch damit umgeht.

Wenn aber der Vorschlag der Verstaatlichung der deutschen Kohlengruben
den beabsichtigten Zweck des Verfassers der Kohlenverbrauchssteuer durchaus er¬
reichen würd", so würde auch schon dann eine wesentlich bessere Verwertung der
deutschen Kohlenablagcrungen eintreten, wenn die Kohlenwerke in die Lage kämen
ihre Flötze sorgsamer abhauen zu können, und nicht notgedrungen darauf ange¬
wiesen wären, uur möglichst billig Kohlen zu Produziren, um der Konkurrenz
der zollfrei einlaufenden Kohle thunlichst begegnen zu können. Würde durch
einen Kohlenzoll der Eintritt der ausländischen Kohle in das deutsche Reich er¬
schwert oder ganz verhindert, so würde schon durch die vermehrte Produktion
der deutschen Kohlengrube" die Lage derselben wesentlich gebessert werden, und
ich glaube, daß hierdurch allein, und ohne daß eine Verteuerung der Kohle sür
die Konsumenten einzutreten brauchte, eine sorgfältigere Ausnutzung der deut¬
schen Kohlenlagerstätten und eine bessere Verwertung dieses großen deutschen
Nationalvermögens eintreten würde.

Auch hierdurch würde das deutsche Reich direkten Vorteil, teils aus den direkt
zu erhebenden Kohlenzöllen, teils durch Vermehrung der Bergwerkssteuern haben,
während überdies vielleicht 50000 Menschen aus Proletariern zu erwerbenden
Bergarbeiter" umgewandelt werden würden. Aus nachfolgenden Zahlen wolle
sich der Leser die dermaligen Zustände vergegenwärtigen: Im Jahre 1880 pro-
duzirte Deutschland mit über 200000 Bergarbeitern

939471320 Zentner Steinkohlen,
242 889 380 Zentner Braunkohlen.

Eingeführt wurden in demselben Jahre:

61330 916 Zentner Braunkohlen aus Österreich,
26530176 Zentner Steinkohlen aus England,
87 861092 Zentner,

wofür annäherungsweise 40 000 000 Mark deutsches Geld ins Ausland gingen.




Nochmals die Aohleuverbrauchssteuer.

Einer solchen Verwüstung des Nationalvermögens müßte allerdings mit
allen Mitteln entgegengetreten werden, aber nicht durch eine Kohlenkonsumsteuer,
sondern dadurch, daß das deutsche Reich die gesamten Kohlengruben verstaat¬
lichte und dann die Kohlenablagerungen rationell abbaute. Hierdurch würde
einer vorzeitigen Verwüstung der Kohle thatsächlich Halt geboten, das Aus¬
reichen dieses Nationalvermögens für doppelte und dreifache Zeitdauer garantirt
werden, während andrerseits dadurch das deutsche Reich mit einem Schlage auf
eigene, und zwar recht feste Füße gestellt werden würde und dem Reiche große
Einnahmen erwachsen würden, die manche andre Steuer überflüssig machen
dürften. Freilich würde dann, infolge rationellen Abbaues der Kohlenflötze,
auch der weniger mächtigen, der Wert der Kohle ein größerer werden. Hierdurch
würden aber die Konsumenten am ehesten veranlaßt werden, die Kohle sparsam
zu verheizen, während heute bei dem fast wertlosen Produkt „Kohle" so mancher
Konsument verschwenderisch damit umgeht.

Wenn aber der Vorschlag der Verstaatlichung der deutschen Kohlengruben
den beabsichtigten Zweck des Verfassers der Kohlenverbrauchssteuer durchaus er¬
reichen würd», so würde auch schon dann eine wesentlich bessere Verwertung der
deutschen Kohlenablagcrungen eintreten, wenn die Kohlenwerke in die Lage kämen
ihre Flötze sorgsamer abhauen zu können, und nicht notgedrungen darauf ange¬
wiesen wären, uur möglichst billig Kohlen zu Produziren, um der Konkurrenz
der zollfrei einlaufenden Kohle thunlichst begegnen zu können. Würde durch
einen Kohlenzoll der Eintritt der ausländischen Kohle in das deutsche Reich er¬
schwert oder ganz verhindert, so würde schon durch die vermehrte Produktion
der deutschen Kohlengrube» die Lage derselben wesentlich gebessert werden, und
ich glaube, daß hierdurch allein, und ohne daß eine Verteuerung der Kohle sür
die Konsumenten einzutreten brauchte, eine sorgfältigere Ausnutzung der deut¬
schen Kohlenlagerstätten und eine bessere Verwertung dieses großen deutschen
Nationalvermögens eintreten würde.

Auch hierdurch würde das deutsche Reich direkten Vorteil, teils aus den direkt
zu erhebenden Kohlenzöllen, teils durch Vermehrung der Bergwerkssteuern haben,
während überdies vielleicht 50000 Menschen aus Proletariern zu erwerbenden
Bergarbeiter» umgewandelt werden würden. Aus nachfolgenden Zahlen wolle
sich der Leser die dermaligen Zustände vergegenwärtigen: Im Jahre 1880 pro-
duzirte Deutschland mit über 200000 Bergarbeitern

939471320 Zentner Steinkohlen,
242 889 380 Zentner Braunkohlen.

Eingeführt wurden in demselben Jahre:

61330 916 Zentner Braunkohlen aus Österreich,
26530176 Zentner Steinkohlen aus England,
87 861092 Zentner,

wofür annäherungsweise 40 000 000 Mark deutsches Geld ins Ausland gingen.




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[0470] Nochmals die Aohleuverbrauchssteuer. Einer solchen Verwüstung des Nationalvermögens müßte allerdings mit allen Mitteln entgegengetreten werden, aber nicht durch eine Kohlenkonsumsteuer, sondern dadurch, daß das deutsche Reich die gesamten Kohlengruben verstaat¬ lichte und dann die Kohlenablagerungen rationell abbaute. Hierdurch würde einer vorzeitigen Verwüstung der Kohle thatsächlich Halt geboten, das Aus¬ reichen dieses Nationalvermögens für doppelte und dreifache Zeitdauer garantirt werden, während andrerseits dadurch das deutsche Reich mit einem Schlage auf eigene, und zwar recht feste Füße gestellt werden würde und dem Reiche große Einnahmen erwachsen würden, die manche andre Steuer überflüssig machen dürften. Freilich würde dann, infolge rationellen Abbaues der Kohlenflötze, auch der weniger mächtigen, der Wert der Kohle ein größerer werden. Hierdurch würden aber die Konsumenten am ehesten veranlaßt werden, die Kohle sparsam zu verheizen, während heute bei dem fast wertlosen Produkt „Kohle" so mancher Konsument verschwenderisch damit umgeht. Wenn aber der Vorschlag der Verstaatlichung der deutschen Kohlengruben den beabsichtigten Zweck des Verfassers der Kohlenverbrauchssteuer durchaus er¬ reichen würd», so würde auch schon dann eine wesentlich bessere Verwertung der deutschen Kohlenablagcrungen eintreten, wenn die Kohlenwerke in die Lage kämen ihre Flötze sorgsamer abhauen zu können, und nicht notgedrungen darauf ange¬ wiesen wären, uur möglichst billig Kohlen zu Produziren, um der Konkurrenz der zollfrei einlaufenden Kohle thunlichst begegnen zu können. Würde durch einen Kohlenzoll der Eintritt der ausländischen Kohle in das deutsche Reich er¬ schwert oder ganz verhindert, so würde schon durch die vermehrte Produktion der deutschen Kohlengrube» die Lage derselben wesentlich gebessert werden, und ich glaube, daß hierdurch allein, und ohne daß eine Verteuerung der Kohle sür die Konsumenten einzutreten brauchte, eine sorgfältigere Ausnutzung der deut¬ schen Kohlenlagerstätten und eine bessere Verwertung dieses großen deutschen Nationalvermögens eintreten würde. Auch hierdurch würde das deutsche Reich direkten Vorteil, teils aus den direkt zu erhebenden Kohlenzöllen, teils durch Vermehrung der Bergwerkssteuern haben, während überdies vielleicht 50000 Menschen aus Proletariern zu erwerbenden Bergarbeiter» umgewandelt werden würden. Aus nachfolgenden Zahlen wolle sich der Leser die dermaligen Zustände vergegenwärtigen: Im Jahre 1880 pro- duzirte Deutschland mit über 200000 Bergarbeitern 939471320 Zentner Steinkohlen, 242 889 380 Zentner Braunkohlen. Eingeführt wurden in demselben Jahre: 61330 916 Zentner Braunkohlen aus Österreich, 26530176 Zentner Steinkohlen aus England, 87 861092 Zentner, wofür annäherungsweise 40 000 000 Mark deutsches Geld ins Ausland gingen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/470>, abgerufen am 23.07.2024.