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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Die deutsche Flotte.

des Maschinenpersonals und der Schiffsbauhcmdwcrker, aus der seemännischen
Bevölkerung des gesamten Reiches, welche dafür von Dienste im Heere befreit
bleibt. Der Wehrpflicht genügen diese Männer durch dreijährigen aktiven Dienst
auf der Flotte, trete" dann auf fernere vier Jahre zur Marinereserve und end¬
lich für fünf Jahre zur Seewehr erster Klasse über, sodaß die Gesamtdienstzeit
zwölf Jahre beträgt. Die Seewehr zweiter Klasse soll nur bei ausbrechendem
Kriege zur Ergänzung einberufen werden. Sie umfaßt sämtliche Wehrpflichtigen,
welche nicht zum aktiven Dienste herangezogen sind, bis zu ihrem vollendeten
31. Lebensjahre. Den besondern Lebens- und Erwerbsverhältnissen der Küsten-
bevölkcrung entsprechend finden manche Erleichterungen für den Diensteintritt
der auf See befindlichen Wehrpflichtigen statt, auch ist der einjährig-freiwillige
Dienst gestattet. Das Jahreskontingent an Rekruten beträgt 2600 Mann;
außerdem wird aus konfirmirten Knaben, welche sich freiwillig zu einer zwölf¬
jährigen Dienstzeit verpflichten, eine Schiffsjungenabtcilung gebildet, um Unter¬
offiziere und sonstiges Aufsichtspersonal zu gewinnen. Nach dem Etat von
1882/83 umfaßte die Marine an Deckoffizieren, einer eigentümlichen Mittelstufe
zwischen Offizier und Unteroffizier, Unteroffizieren und Mannschaften, mit Ein¬
schluß von 100 Kadetten, 9361 Köpfe an seemännischen, Maschinen- und Hand¬
werkerpersonal und in der Schiffsjungenabteilung 411 Mann. Daneben besteht
ein Secbataillon von 1047 Mann, dessen Leute die vollständige Ausbildung
des Jnfanteristen erhalten. Sie werden nur auf ganz großen Schiffen, zu deren
Besatzung Seesoldaten gehören, eingeschifft.

Das Offizierkorps der Marine ergänzt sich aus eintretenden Kadetten oder
aus Matrosen, welche unter besondern Verhältnissen zur Beförderung zugelassen
werden. Die große Selbständigkeit und die weit reichende Verantwortlichkeit
des Marineoffiziers schon in den niedern Graden erfordert dessen besonders
sorgfältige Vorbildung in wissenschaftlicher Hinsicht wie in Bezug auf die
praktische" Dienstverrichtungen. Die deutschen Seekadetten rücken deshalb erst
nach zweimaligem Besuche der Marineschule in Kiel und nach Ablegung von vier
wissenschaftlichen Prüfungen sowie nach dreijähriger praktischer Seedienstzeit,
während welcher sie ihre Kenntnisse und ihre Erfahrung auf einer größern
Reise mit dem Schulschiffe in außereuropäische Gewässer bereichern, zum Offizier
auf. Der weitern sachlichen Fortbildung von Seeoffizieren dient die Marine¬
akademie in Kiel in ähnlicher Weise, wie die Kriegsakademie strebsame Offiziere
der Armee in militärwisscnschaftlicher Hinsicht fördert. Gleichfalls nach dem
Etat von 1882/83 zählte die Flotte 463 Seeoffiziere, 69 Ärzte, 41 Maschinen-
Ingenieure und 42 Zahlmeister. Unter erstern befanden sich 1 Vizeadmiral,
4 Kontreadmirale, 27 Kapitäne zur See, 53 Korvettenkapitäne, 95 Kapitän¬
leutnants, 155 Leutnants zur See und 128 Unterleutnants zur See.

Um sich einen Überblick der fortschreitenden Vermehrung und Ergänzung
des schwimmenden Materials zu verschaffen, muß man sich die verschiedenen


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des Maschinenpersonals und der Schiffsbauhcmdwcrker, aus der seemännischen
Bevölkerung des gesamten Reiches, welche dafür von Dienste im Heere befreit
bleibt. Der Wehrpflicht genügen diese Männer durch dreijährigen aktiven Dienst
auf der Flotte, trete» dann auf fernere vier Jahre zur Marinereserve und end¬
lich für fünf Jahre zur Seewehr erster Klasse über, sodaß die Gesamtdienstzeit
zwölf Jahre beträgt. Die Seewehr zweiter Klasse soll nur bei ausbrechendem
Kriege zur Ergänzung einberufen werden. Sie umfaßt sämtliche Wehrpflichtigen,
welche nicht zum aktiven Dienste herangezogen sind, bis zu ihrem vollendeten
31. Lebensjahre. Den besondern Lebens- und Erwerbsverhältnissen der Küsten-
bevölkcrung entsprechend finden manche Erleichterungen für den Diensteintritt
der auf See befindlichen Wehrpflichtigen statt, auch ist der einjährig-freiwillige
Dienst gestattet. Das Jahreskontingent an Rekruten beträgt 2600 Mann;
außerdem wird aus konfirmirten Knaben, welche sich freiwillig zu einer zwölf¬
jährigen Dienstzeit verpflichten, eine Schiffsjungenabtcilung gebildet, um Unter¬
offiziere und sonstiges Aufsichtspersonal zu gewinnen. Nach dem Etat von
1882/83 umfaßte die Marine an Deckoffizieren, einer eigentümlichen Mittelstufe
zwischen Offizier und Unteroffizier, Unteroffizieren und Mannschaften, mit Ein¬
schluß von 100 Kadetten, 9361 Köpfe an seemännischen, Maschinen- und Hand¬
werkerpersonal und in der Schiffsjungenabteilung 411 Mann. Daneben besteht
ein Secbataillon von 1047 Mann, dessen Leute die vollständige Ausbildung
des Jnfanteristen erhalten. Sie werden nur auf ganz großen Schiffen, zu deren
Besatzung Seesoldaten gehören, eingeschifft.

Das Offizierkorps der Marine ergänzt sich aus eintretenden Kadetten oder
aus Matrosen, welche unter besondern Verhältnissen zur Beförderung zugelassen
werden. Die große Selbständigkeit und die weit reichende Verantwortlichkeit
des Marineoffiziers schon in den niedern Graden erfordert dessen besonders
sorgfältige Vorbildung in wissenschaftlicher Hinsicht wie in Bezug auf die
praktische» Dienstverrichtungen. Die deutschen Seekadetten rücken deshalb erst
nach zweimaligem Besuche der Marineschule in Kiel und nach Ablegung von vier
wissenschaftlichen Prüfungen sowie nach dreijähriger praktischer Seedienstzeit,
während welcher sie ihre Kenntnisse und ihre Erfahrung auf einer größern
Reise mit dem Schulschiffe in außereuropäische Gewässer bereichern, zum Offizier
auf. Der weitern sachlichen Fortbildung von Seeoffizieren dient die Marine¬
akademie in Kiel in ähnlicher Weise, wie die Kriegsakademie strebsame Offiziere
der Armee in militärwisscnschaftlicher Hinsicht fördert. Gleichfalls nach dem
Etat von 1882/83 zählte die Flotte 463 Seeoffiziere, 69 Ärzte, 41 Maschinen-
Ingenieure und 42 Zahlmeister. Unter erstern befanden sich 1 Vizeadmiral,
4 Kontreadmirale, 27 Kapitäne zur See, 53 Korvettenkapitäne, 95 Kapitän¬
leutnants, 155 Leutnants zur See und 128 Unterleutnants zur See.

Um sich einen Überblick der fortschreitenden Vermehrung und Ergänzung
des schwimmenden Materials zu verschaffen, muß man sich die verschiedenen


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[0462] Die deutsche Flotte. des Maschinenpersonals und der Schiffsbauhcmdwcrker, aus der seemännischen Bevölkerung des gesamten Reiches, welche dafür von Dienste im Heere befreit bleibt. Der Wehrpflicht genügen diese Männer durch dreijährigen aktiven Dienst auf der Flotte, trete» dann auf fernere vier Jahre zur Marinereserve und end¬ lich für fünf Jahre zur Seewehr erster Klasse über, sodaß die Gesamtdienstzeit zwölf Jahre beträgt. Die Seewehr zweiter Klasse soll nur bei ausbrechendem Kriege zur Ergänzung einberufen werden. Sie umfaßt sämtliche Wehrpflichtigen, welche nicht zum aktiven Dienste herangezogen sind, bis zu ihrem vollendeten 31. Lebensjahre. Den besondern Lebens- und Erwerbsverhältnissen der Küsten- bevölkcrung entsprechend finden manche Erleichterungen für den Diensteintritt der auf See befindlichen Wehrpflichtigen statt, auch ist der einjährig-freiwillige Dienst gestattet. Das Jahreskontingent an Rekruten beträgt 2600 Mann; außerdem wird aus konfirmirten Knaben, welche sich freiwillig zu einer zwölf¬ jährigen Dienstzeit verpflichten, eine Schiffsjungenabtcilung gebildet, um Unter¬ offiziere und sonstiges Aufsichtspersonal zu gewinnen. Nach dem Etat von 1882/83 umfaßte die Marine an Deckoffizieren, einer eigentümlichen Mittelstufe zwischen Offizier und Unteroffizier, Unteroffizieren und Mannschaften, mit Ein¬ schluß von 100 Kadetten, 9361 Köpfe an seemännischen, Maschinen- und Hand¬ werkerpersonal und in der Schiffsjungenabteilung 411 Mann. Daneben besteht ein Secbataillon von 1047 Mann, dessen Leute die vollständige Ausbildung des Jnfanteristen erhalten. Sie werden nur auf ganz großen Schiffen, zu deren Besatzung Seesoldaten gehören, eingeschifft. Das Offizierkorps der Marine ergänzt sich aus eintretenden Kadetten oder aus Matrosen, welche unter besondern Verhältnissen zur Beförderung zugelassen werden. Die große Selbständigkeit und die weit reichende Verantwortlichkeit des Marineoffiziers schon in den niedern Graden erfordert dessen besonders sorgfältige Vorbildung in wissenschaftlicher Hinsicht wie in Bezug auf die praktische» Dienstverrichtungen. Die deutschen Seekadetten rücken deshalb erst nach zweimaligem Besuche der Marineschule in Kiel und nach Ablegung von vier wissenschaftlichen Prüfungen sowie nach dreijähriger praktischer Seedienstzeit, während welcher sie ihre Kenntnisse und ihre Erfahrung auf einer größern Reise mit dem Schulschiffe in außereuropäische Gewässer bereichern, zum Offizier auf. Der weitern sachlichen Fortbildung von Seeoffizieren dient die Marine¬ akademie in Kiel in ähnlicher Weise, wie die Kriegsakademie strebsame Offiziere der Armee in militärwisscnschaftlicher Hinsicht fördert. Gleichfalls nach dem Etat von 1882/83 zählte die Flotte 463 Seeoffiziere, 69 Ärzte, 41 Maschinen- Ingenieure und 42 Zahlmeister. Unter erstern befanden sich 1 Vizeadmiral, 4 Kontreadmirale, 27 Kapitäne zur See, 53 Korvettenkapitäne, 95 Kapitän¬ leutnants, 155 Leutnants zur See und 128 Unterleutnants zur See. Um sich einen Überblick der fortschreitenden Vermehrung und Ergänzung des schwimmenden Materials zu verschaffen, muß man sich die verschiedenen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/462>, abgerufen am 23.07.2024.