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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Rußland am Balkan.

russische Dampfer Golubtschik entgegengeschickt wurde, auf dem sich der im
russischen Dienste stehende General Lessowvi und der Oberst Stanitzki befanden,
welche für die ganze Zeit seines Aufenthalts in Bulgarien bei dem Könige zur
Dienstleistung befohlen waren. In den an der Donau gelegnen Städten empfingen
ihn seitens der Armee russische Offiziere. In Sistowo rief der höchste Geistliche
der Eparchie dem Könige ziu "Das durch das Blut der russische" Brüder ge¬
schaffne Bulgarien ist glücklich, den Herrscher eines ihm verwandten Landes be
grüßen zu können." Sobald der König in Ruschtschnl bulgarischen Boden
betreten hatte, war der erste, welche" der Fürst Alexander seinem Gaste vorstellte,
der russische General Svbvleff, Ministerpräsident des Fürstentums, der eigens
behufs dieser Begegnung aus Sofia herbeigerufen worden war. Sodann mußte
der König die Bekanntschaft eines andern russischen Generals, des Kriegsministers
Kaulbars mache". Den Generalen folgte der russische diplomatische Agent in
Bulgarien, Herr Arsscnjeff, der ebenfalls für die Zeit, in welcher der König in
Rufchtschuk verweilte, vom Fürsten Alexander dorthin berufen worden war.
Ferner: nach der serbischen Volkshymne erdröhnte sofort die russische, und Fürst
Alexander sowie alle Soldaten salutirtcn, während die Zivilisten die Hüte ab¬
nahmen. Vor dem Palais stellten die kommandirenden Offiziere die Ordonnanzen
in russischer Sprache vor. Der Metropolit von Ruschtschuk sprach in seiner
Begrüßungsrede an den König von der Notwendigkeit eines engen Zusammeu-
schlußes der Slaven behufs der Bekämpfung des Feindes (!) derselbe". Das
erste bulgarische Salz und Brot mußte der König Milan genießen, indem er
neben dem General Svbvleff saß. Die Deputation der Stadt, deren Gast er
war, erklärte dem König ^ natürlich nicht ohne vorhergegangne Verständigung
mit dem Fürsten Alexander -- gerade heraus, daß das Slaventum sich mir um
Rußland gruppiren dürfe, und daß Serbien und Bulgarien nicht mir nach Sprache
und Glauben Schwestern, sondern noch mehr durch das russische Blut verbunden
seien, welches für die Befreiung dieses wie jenes Landes vergossen worden sei.
Während der Parade wandte sich der Fürst Alexander an die Truppen in
russischer Sprache, alles Kommando war russisch, wahrend der Rückkehr von der
Parade sangen die bulgarischen Soldaten russische Lieder, während des Früh¬
stücks, welches die Offiziere dem Könige gaben, hörte man nur russisch. Hier
konnte der König nicht länger an sich halten und gab seiner Verwunderung foule
dem Neid Ausdruck, den er in Bezug auf das bulgarische Heer empfand, indem
er bekannte, daß es bei ihm nichts ähnliches gäbe. Man erwiederte ihm be¬
scheiden, daß Bulgarien alles dieses Rußland verdanke.

Übrigens konnte keine Manifestation zu Gunsten Rußlands dem König
Milan ein Wort oder eine Anspielung auf Rußland und den russischen Zaren
entlocken. Er brachte keinen Toast ans den russische" Kaiser aus. Als Fürst
Alexander ihn während des städtischen Festmahls um die Erlaubnis bat, diese
seine Pflicht (sie) erfülle" zu dürfen, verweigerte sie der König. Das Porträt


Rußland am Balkan.

russische Dampfer Golubtschik entgegengeschickt wurde, auf dem sich der im
russischen Dienste stehende General Lessowvi und der Oberst Stanitzki befanden,
welche für die ganze Zeit seines Aufenthalts in Bulgarien bei dem Könige zur
Dienstleistung befohlen waren. In den an der Donau gelegnen Städten empfingen
ihn seitens der Armee russische Offiziere. In Sistowo rief der höchste Geistliche
der Eparchie dem Könige ziu „Das durch das Blut der russische» Brüder ge¬
schaffne Bulgarien ist glücklich, den Herrscher eines ihm verwandten Landes be
grüßen zu können." Sobald der König in Ruschtschnl bulgarischen Boden
betreten hatte, war der erste, welche» der Fürst Alexander seinem Gaste vorstellte,
der russische General Svbvleff, Ministerpräsident des Fürstentums, der eigens
behufs dieser Begegnung aus Sofia herbeigerufen worden war. Sodann mußte
der König die Bekanntschaft eines andern russischen Generals, des Kriegsministers
Kaulbars mache». Den Generalen folgte der russische diplomatische Agent in
Bulgarien, Herr Arsscnjeff, der ebenfalls für die Zeit, in welcher der König in
Rufchtschuk verweilte, vom Fürsten Alexander dorthin berufen worden war.
Ferner: nach der serbischen Volkshymne erdröhnte sofort die russische, und Fürst
Alexander sowie alle Soldaten salutirtcn, während die Zivilisten die Hüte ab¬
nahmen. Vor dem Palais stellten die kommandirenden Offiziere die Ordonnanzen
in russischer Sprache vor. Der Metropolit von Ruschtschuk sprach in seiner
Begrüßungsrede an den König von der Notwendigkeit eines engen Zusammeu-
schlußes der Slaven behufs der Bekämpfung des Feindes (!) derselbe». Das
erste bulgarische Salz und Brot mußte der König Milan genießen, indem er
neben dem General Svbvleff saß. Die Deputation der Stadt, deren Gast er
war, erklärte dem König ^ natürlich nicht ohne vorhergegangne Verständigung
mit dem Fürsten Alexander — gerade heraus, daß das Slaventum sich mir um
Rußland gruppiren dürfe, und daß Serbien und Bulgarien nicht mir nach Sprache
und Glauben Schwestern, sondern noch mehr durch das russische Blut verbunden
seien, welches für die Befreiung dieses wie jenes Landes vergossen worden sei.
Während der Parade wandte sich der Fürst Alexander an die Truppen in
russischer Sprache, alles Kommando war russisch, wahrend der Rückkehr von der
Parade sangen die bulgarischen Soldaten russische Lieder, während des Früh¬
stücks, welches die Offiziere dem Könige gaben, hörte man nur russisch. Hier
konnte der König nicht länger an sich halten und gab seiner Verwunderung foule
dem Neid Ausdruck, den er in Bezug auf das bulgarische Heer empfand, indem
er bekannte, daß es bei ihm nichts ähnliches gäbe. Man erwiederte ihm be¬
scheiden, daß Bulgarien alles dieses Rußland verdanke.

Übrigens konnte keine Manifestation zu Gunsten Rußlands dem König
Milan ein Wort oder eine Anspielung auf Rußland und den russischen Zaren
entlocken. Er brachte keinen Toast ans den russische» Kaiser aus. Als Fürst
Alexander ihn während des städtischen Festmahls um die Erlaubnis bat, diese
seine Pflicht (sie) erfülle» zu dürfen, verweigerte sie der König. Das Porträt


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[0311] Rußland am Balkan. russische Dampfer Golubtschik entgegengeschickt wurde, auf dem sich der im russischen Dienste stehende General Lessowvi und der Oberst Stanitzki befanden, welche für die ganze Zeit seines Aufenthalts in Bulgarien bei dem Könige zur Dienstleistung befohlen waren. In den an der Donau gelegnen Städten empfingen ihn seitens der Armee russische Offiziere. In Sistowo rief der höchste Geistliche der Eparchie dem Könige ziu „Das durch das Blut der russische» Brüder ge¬ schaffne Bulgarien ist glücklich, den Herrscher eines ihm verwandten Landes be grüßen zu können." Sobald der König in Ruschtschnl bulgarischen Boden betreten hatte, war der erste, welche» der Fürst Alexander seinem Gaste vorstellte, der russische General Svbvleff, Ministerpräsident des Fürstentums, der eigens behufs dieser Begegnung aus Sofia herbeigerufen worden war. Sodann mußte der König die Bekanntschaft eines andern russischen Generals, des Kriegsministers Kaulbars mache». Den Generalen folgte der russische diplomatische Agent in Bulgarien, Herr Arsscnjeff, der ebenfalls für die Zeit, in welcher der König in Rufchtschuk verweilte, vom Fürsten Alexander dorthin berufen worden war. Ferner: nach der serbischen Volkshymne erdröhnte sofort die russische, und Fürst Alexander sowie alle Soldaten salutirtcn, während die Zivilisten die Hüte ab¬ nahmen. Vor dem Palais stellten die kommandirenden Offiziere die Ordonnanzen in russischer Sprache vor. Der Metropolit von Ruschtschuk sprach in seiner Begrüßungsrede an den König von der Notwendigkeit eines engen Zusammeu- schlußes der Slaven behufs der Bekämpfung des Feindes (!) derselbe». Das erste bulgarische Salz und Brot mußte der König Milan genießen, indem er neben dem General Svbvleff saß. Die Deputation der Stadt, deren Gast er war, erklärte dem König ^ natürlich nicht ohne vorhergegangne Verständigung mit dem Fürsten Alexander — gerade heraus, daß das Slaventum sich mir um Rußland gruppiren dürfe, und daß Serbien und Bulgarien nicht mir nach Sprache und Glauben Schwestern, sondern noch mehr durch das russische Blut verbunden seien, welches für die Befreiung dieses wie jenes Landes vergossen worden sei. Während der Parade wandte sich der Fürst Alexander an die Truppen in russischer Sprache, alles Kommando war russisch, wahrend der Rückkehr von der Parade sangen die bulgarischen Soldaten russische Lieder, während des Früh¬ stücks, welches die Offiziere dem Könige gaben, hörte man nur russisch. Hier konnte der König nicht länger an sich halten und gab seiner Verwunderung foule dem Neid Ausdruck, den er in Bezug auf das bulgarische Heer empfand, indem er bekannte, daß es bei ihm nichts ähnliches gäbe. Man erwiederte ihm be¬ scheiden, daß Bulgarien alles dieses Rußland verdanke. Übrigens konnte keine Manifestation zu Gunsten Rußlands dem König Milan ein Wort oder eine Anspielung auf Rußland und den russischen Zaren entlocken. Er brachte keinen Toast ans den russische» Kaiser aus. Als Fürst Alexander ihn während des städtischen Festmahls um die Erlaubnis bat, diese seine Pflicht (sie) erfülle» zu dürfen, verweigerte sie der König. Das Porträt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/311>, abgerufen am 23.07.2024.